Die Nacht von Shyness
waren nämlich verrückt, alle miteinander.«
Inklusive Peter. Der einer der normalsten Menschen war, die ich kannte. Vielleicht hätte ich ihn nicht dalassen sollen. Möglicherweise bin ich der Einzige aus seinem früheren Leben, der weiß, wo er steckt. Ich schaue den Abhang hinunter, aber jetzt ist das Flussufer schon verlassen.
»Diese Verrückten haben uns aber eine wichtige Information gegeben, die wir ohne sie nicht hätten. Ich weiß gar nicht, wieso du so mies drauf bist.« Wildgirl konzentriert sich darauf, ihr Rad den Hügel hochzuschieben und mich zu ignorieren.
Ich weiß nicht, ob ich noch mal nachhaken, Peter hinterherlaufen oder wenigstens Paul eine Nachricht schicken sollte, dass ich Peter gesehen habe. Schließlich gehe ich einfach weiter.
Oben auf dem Hügel ist eine Fläche mit einer dünnen Schicht trockenem, plattem Gras. Der Maschendrahtzaun ist hoch – über drei Meter –, aber es ist kein Stacheldraht darüber. Es müsste machbar sein hinüberzuklettern. Ich lehne mein Rad an den Zaun und spähe hindurch.
Wir befinden uns an der Rückseite von Orphanville. Hier sind weniger Lichter, als wenn wir von vorn kämen.So nah war ich noch nie am Hauptsitz der Kidds. Er sieht erstaunlich normal aus. Die ersten Gebäude sind hundert Meter entfernt. Davor erkenne ich noch etwas anderes, etwas, das den Blick auf das Gelände verschleiert.
»Da ist noch ein Zaun«, sage ich überrascht. »Den hat Blake nicht in die Karte eingezeichnet.«
Blake hat auch nichts von einem Schutzraum gesagt, und so etwas Wichtiges kann sie kaum vergessen haben zu erwähnen. Nach einem Jahr bei den Kidds müsste sie davon wissen. Ich denke daran, dass sie allein in meinem Haus ist. Mit Mühe schlucke ich mein Misstrauen herunter. Es bringt nichts, paranoid zu werden. Blake ist in Ordnung.
Ich lasse meinen Rucksack fallen und hole die Karte aus der Hosentasche, während Wildgirl sich mit ausgestreckten Armen auf den Rücken legt, als wollte sie Engel ins Gras machen. Die Ukulele schmiegt sich an ihre Seite.
So ist das also. Ihre offizielle Aufgabe besteht darin, Fremde zu küssen und rumzuliegen. Und mir fällt die Aufgabe zu, alles auseinanderzudröseln und den nächsten Schritt zu überlegen. Obwohl das Ganze auf ihrem Mist gewachsen ist.
Ich setze mich und falte das Papier auseinander. Auf der Karte ist wirklich nur ein Zaun verzeichnet. Hoffentlich bedeutet das nicht, dass sie noch mehr Fehler hat.
Wildgirl erhebt die Stimme aus ihrem Lager. »Guck mal. Wir haben den Mond vergessen.«
Ich folge ihrem ausgestreckten Finger. Der Mond stehthoch über uns, kleiner jetzt und weiter entfernt. Nur ein Wolkenfetzen ist noch übrig. Ich habe den Mond keinen Augenblick vergessen.
»Es wäre besser für uns, wenn er nicht da wäre. Je weniger Licht, desto besser sind wir geschützt.« Mit einiger Anstrengung wende ich mich wieder der Karte zu, aber Wildgirl zupft an meinem T-Shirt. Sie zieht sich hoch und streckt die Hand aus.
»Was ist?« Ich versuche mich hier zu konzentrieren! Dafür, dass sie mich zu dieser Aktion überredet hat, zeigt sie ein beachtliches Desinteresse an den Einzelheiten unserer tödlichen Mission. Sie hält mir immer noch die Hand hin, bis ich begreife, dass ich sie schütteln soll.
»Nett, dich kennenzulernen, Jethro«, sagt sie und hält meine Hand mit beiden Händen fest. »Ich heiße Nia.«
Ich starre sie an, ich verstehe nicht richtig.
»Nia«, wiederholt sie. »Nicht Wildgirl. Nia. Das ist mein richtiger Name. N-I-A. Das ist Gälisch. Oder Suaheli. Anscheinend bin ich entweder halb irisch oder halb afrikanisch. Vielleicht auch beides. Sag mir bald mal, dass ich still sein soll, ja?«
»Warum erzählst du mir das jetzt ?« Ich starre sie immer noch an. Was ist das für ein Spiel? »Das hier ist kein Spaß. Wenn du das nur machst, damit du deinen Freunden zu Hause was erzählen kannst, lass es lieber bleiben. Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich komme auch ohne das dämliche Feuerzeug klar.«
»Nein, du irrst dich. Du brauchst meine Hilfe sehr wohl, du merkst es nur nicht.« Wildgirls Augen blitzen vor Ärger. »Ich hab mir gedacht, bevor wir da zusammenreingehen, sage ich dir lieber, wie ich heiße, weil wir zusammen da durch müssen. Als Team. Keine Geheimnisse und kein Scheiß.«
Ich müsste mich freuen, weil sie mir ihren Namen verraten hat. Das bedeutet, dass sie mir vertraut, wenigstens ein bisschen. Aber ich würde schon ganz gern wissen, was das mit dem Team bedeuten soll. Soll ich
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