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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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herausreden können wie sie. Und Orphanville von oben zu sehen, war tatsächlich hilfreich.
    Wildgirl geht links herum; sie lässt die Finger als Orientierungshilfe an der Wand entlanggleiten. Es muss schwierig für sie sein in dieser Dunkelheit. Ich mache die Augen halb zu, um mir vorzustellen, wie das ist.
    Wir nehmen eine kleine Treppe nach unten, wo es noch dunkler ist, und gelangen in einen betonierten Flur, in dem es nach Pisse riecht. Kälte strömt von den Wänden. Auf Fußhöhe scheint an der einen Wand ein schwaches blaues Licht durch ein Metallgitter. An der anderen Wand stehen vier rostige Waschmaschinen, eine davon mit abgebrochenem Deckel. Einen kurzen Augenblick lang halte ich den schwarzen zusammengerollten Schlauch auf dem Boden für eine Schlange. Ich schaue lieber nicht mehr hin, sonst kriege ich nochKopfschmerzen oder einen Herzinfarkt. Wildgirl inspiziert eine der kaputten Waschmaschinen.
    »Fakt eins. Kidds halten nichts vom Wäschewaschen. Noch ein Grund, heute Abend einen großen Bogen um sie zu machen.«
    Der einzige Weg aus dieser Sackgasse führt wieder zurück.
    »Ich geb’s auf. Wie kommen wir zu sechs?«
    Wildgirl zeigt auf das Gitter. Die dicken Metallstäbe sind an einem Holzrahmen befestigt.
    »Soll ich die auseinanderbiegen?«
    , frage ich. »Es schmeichelt mir ja, dass du mir das zutraust, aber …«
    Wildgirl seufzt melodramatisch, tritt links und rechts fest gegen das Gitter, dann kniet sie sich davor und nimmt es heraus. Es geht ganz leicht ab, in einem Stück. Grinsend hält sie es hoch und lehnt es dann an die Wand. »Mein Herr, für Ihre sichere Reise nach Nummer sechs ist gesorgt.«
    Ich spähe in das dunkle Rechteck hinein. »Was ist da unten?«
    »Hast du Angst?«
    »Ehrlich gesagt, ja. Ich wüsste schon ganz gern, ob wir gleich in … keine Ahnung, ein Zuckerlabor oder ein Säurefass fallen.«
    »Das ist ein Service-Tunnel. Alle Gebäude sind durch ein Netz von unterirdischen Tunneln miteinander verbunden. Jedenfalls die älteren. Darauf verwette ich meine Lieblingshandtasche.« Sie schlägt sich an die Stirn. »Ach, Moment mal, die haben wir ja schon weggegeben, oder?«
    Ich gehe nicht darauf ein. Ich werde ihr die Handtascheirgendwann ersetzen, wenn ich kann. Vielleicht kann Sebastien mir helfen.
    »Also kommen wir von hier aus in den Keller von Nummer sechs?«
    »So ist es gedacht. Ninjamäßig.« Sie kniet sich vor die Öffnung und steckt den Kopf hinein. Ich wende den Blick ab. Spannen ist jetzt nicht angesagt.
    »Die Luft ist rein. Kann’s losgehen?«
    Ich geh mal davon aus.
    »Ich zuerst. Es ist nicht sehr tief.«
    Sie steigt mit den Füßen zuerst hinein und schiebt sich hinunter, bis sie auf dem Bauch liegt.
    »Und los.« Sie lässt sich fallen. Ich höre ihre Stiefel über den Boden scharren und einen dissonanten Klang der Ukulele.
    »Alles okay?«
    , rufe ich. Das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist ein verstauchter Knöchel oder ein gebrochenes Bein.
    »Ja.« Ihre Stimme hat einen fernen Hall, obwohl sie nur wenige Meter entfernt sein kann.
    Ich schicke zuerst meinen Rucksack durch die Öffnung. Zwei Hände kommen aus dem Nichts und ziehen ihn hinein. Ich warte einige Sekunden, dann schiebe ich mich hindurch. Für mich ist es viel enger.
    Mit den Händen halte ich mich noch an der Kante fest, als ich schon festen Boden unter den Füßen spüre. Der Service-Tunnel ist nur ein paar Meter breit, die Wände sind rau und die Decke ist niedrig. Dicke Metallrohre verlaufen an der rechten Seite des Tunnels. Über uns sind dünnere Rohre und Bündel von Kabeln. Alle fünf Meter wird die Dunkelheit von einer Lichtleistedurchbrochen. Die Luft ist abgestanden, aber überraschend warm.
    »Und das macht ihr in Plexus zum Spaß? Durch die Kanalisation krabbeln?«
    Wildgirl gibt mir den Rucksack zurück. »Hier unten gibt es kein Abwasser. Es sind vor allem Heizrohre und Stromkabel. Ich war zu Hause nur ein paar Mal in den Tunneln, aber mein Freund ist andauernd da durch. Er konnte sich von einer Seite von Plexus zur anderen bewegen, ohne Tageslicht zu sehen.«
    Sie nennt keinen Namen, aber ich weiß, dass sie den Freund meint, den sie vorhin schon mal erwähnt hat, Mike.
    Der Tunnel gabelt sich in zwei identische Tunnel.
    »Wir verlaufen uns doch nicht hier unten?«
    Ich drehe mich zu der Öffnung um. Zur Not könnte ich Wildgirl hochheben und mich dann hindurchziehen.
    »Nee.« Das klingt entschlossen. »Sechs ist hundertprozentig da drüben. Der andere Tunnel

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