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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Außen glatt, innen faul.
    Meine Haut kribbelt am ganzen Körper. Doktor Gregory. Dass er mit den Kidds und Orphanville verwobenist, passt wie die Faust aufs Auge. Erst ein Problem schaffen, dann allen die Lösung verkaufen.
    Doktor Gregory tritt einen Schritt vor, als wüsste er, dass wir ihn beobachten. Als wäre er auf dem Set eines seiner Motivationsvideos.
    »Sucht ihr das hier?«
    Obwohl wir draußen sind und der Wind pfeift, ist seine Stimme deutlich zu hören. Er hält einen kleinen silbernen Gegenstand zwischen Daumen und Zeigefinger. Es sieht aus wie mein Feuerzeug, aber ich traue ihm nicht. Er dreht sich herum und hält das Feuerzeug über den Kopf, damit wir es auf jeden Fall sehen, ganz gleich, wo wir sind.
    »Na, hättet ihr das gern?«
    Doktor Gregorys Stimme ist stahlhart; er klingt ganz und gar nicht wie auf seinen Videos. »Es muss euch ja wirklich wichtig sein, wenn ihr dafür solche Mühen in Kauf nehmt. Ich bewundere das. Ich finde, junge Leute sollten nicht dafür bestraft werden, dass sie sich derart engagieren.«
    Ich lasse das Feuerzeug nicht aus den Augen. Es glänzt nicht so wie die protzige Uhr an Doktor Gregorys Handgelenk. Ich hocke mich so hin, dass ich Wildgirl anschauen kann. »Wir müssen hier weg, jetzt gleich.«
    »Warum reden wir nicht einfach mit ihm?«
    »Der Gnom klaut mir mein Feuerzeug und macht was? Er ruft Doktor G an, der so schnell wie möglich vorbeikommt. Findest du das nicht komisch?«
    Wildgirl denkt darüber nach. Eigentlich will ich nicht flüstern, während die Männer in der Nähe sind, aber ich muss sie überzeugen. »Wir müssen hier weg.«
    »Wie?«
    »Und so läuft das jetzt, Kinder«, ertönt Doktor Gregorys Stimme jetzt wieder. Es klingt so, als wäre er näher gekommen. »Ihr habt etwas von mir und ich habe etwas von euch.«
    Etwas von ihm?
    »Eine meiner Mitarbeiterinnen ist anscheinend nachlässig mit Firmeneigentum umgegangen. Und einer von euch hatte keine Skrupel, ihn sich anzueignen. Ihr gebt mir die Kreditkarte, ich gebe euch das Feuerzeug, dann vergessen wir die ganze Sache. Ich werde sogar über alle Ausgaben des heutigen Abends hinwegsehen.«
    Ein Schatten fällt auf Wildgirls Gesicht. Sie wird ihm die Karte nicht kampflos überlassen.
    Doktor Gregory redet weiter. Nie kann der Mann mal die Klappe halten! »Auf dem Feuerzeug ist eine sehr hübsche Gravur. Was ist das? Ein G und ein O. Was mag das bedeuten?«
    Ich bin so sehr damit beschäftigt, auf meine zitternden Hände zu schauen, dass ich Wildgirl nicht aufhalte, als sie aus dem Versteck heraustritt.
    »Wie wollen Sie es machen?«
    »Nein!«, flüstere ich, doch sie ist bereits aus meinem Blickfeld verschwunden.
    »Machen wir es ohne große Umstände. Du gibst mir die Karte und ich gebe dir das Feuerzeug.«
    »Nein.« Wildgirl gibt sich Mühe, selbstsicher zu klingen, doch ihre Stimme wackelt. »Sie legen das Feuerzeug auf das Benzinfass da drüben, auf das blaue. Ich lege die Karte auf die Dosen da. Und dann holen wir unsere Sachen. Aber ich will nicht, dass Sie oder sonst wer in meine Nähe kommt, klar?«
    Doktor Gregory lacht ein kaltes Lachen. Ich muss Wildgirl vom Dach bringen. Die Sache hat nichts mit ihr zu tun. Keine Sekunde glaube ich, dass es Doktor Gregory um die Karte geht.
    »Also gut, junge Dame. Spielen wir dein lustiges Spielchen, wenn es dir gefällt. Halt die Karte hoch, damit ich sie kurz sehen kann. Ich will sichergehen, dass es meine ist.«
    Mit erhobener Hand geht Wildgirl ein Stück zurück, jetzt ist sie wieder in meinem Blickfeld. Hart und klar sind Doktor Gregorys Schritte zu hören. Jetzt legt er wohl das Feuerzeug auf das Fass. Es ist extrem schwierig, sich einen Plan zu überlegen, wenn man nicht sehen kann, was vor sich geht. Wildgirl sieht mich nicht an, als ich flüstere: »Ist der Gnom noch da?«
    »Nein.« Sie antwortet, ohne die Lippen zu bewegen oder den Kopf zu drehen.
    »Leg die Karte dahin, wo du gesagt hast. Dann rennst du zur Tür. Ich lenke sie ab.«
    »Und das Feuerzeug?«
    »Das hol ich schon«, wispere ich. »Wir treffen uns im Tunnel.«
    Ich stehe auf und spähe erneut durch den Riss im Laken. In dem Moment, als Wildgirl die Karte ablegt, trete ich in Aktion. Ich hebe die Leiter hoch wie einen Rammbock und stürme mit Gebrüll auf den erstbesten Anzugmann los. Wildgirl sprintet zum Ausgang.
    Doktor Gregory lässt sie einfach laufen.
    Ich versuche den Mann mit der Leiter zu treffen, aber er duckt sich und ist im Nu hinter mir. Ich schwinge die

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