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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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er das Schreckliche überlebt hat, das ihm passiert ist.
    Er schaut zurück und jetzt sehen wir einander wirklich. Wolfboy berührt mit einem Finger meine Nasenspitze und ich muss lächeln. Ganz langsam komme ich näher. Sein Atem geht schnell und ist heiß an meiner Wange. Im letzten Moment schließe ich die Augen. Dann spüre ich seine Lippen auf meinen. Weich. Ich lasse die Lippen eine Weile auf seinen ruhen, dann löse ich mich. Sanft zieht er mich wieder an sich.

28
    Die Decke ist immer noch hoch genug, um aufrecht zu gehen, aber der Tunnel ist beträchtlich schmaler geworden. Die Wände sind teilweise mit orangefarbenem Styropor verkleidet.
    »Kann der Gnom irgendwoher wissen, dass wir die Tunnel benutzen?«
    , fragt Wildgirl.
    »Ich glaube nicht.«
    Während wir auf dem Dach waren, könnte er unsere Spur bis hierher verfolgt haben, aber das kommt mir unwahrscheinlich vor.
    »Blake hat gesagt, er kann gut klettern.« Wildgirl klingt besorgt. »Ich stell mir die ganze Zeit vor, wie ich mich umdrehe und er plötzlich an der Decke krabbelt wie eine Spinne.«
    Das ist ja ein beruhigendes Bild. Ich bleibe stehen und schaue sie prüfend an. In der Dunkelheit kann man so leicht in Panik geraten. Es ist wichtig, dass man die paranoiden Gedanken im Griff hat. »Bestimmt hat er sich auf die Suche nach den übrigen Sechs-Siebenern gemacht«, sage ich. »Der hat bei Doktor Gregory ordentlich gepunktet, indem er uns nach Orphanville gelockt hat. Das dürfte reichen. Jetzt lässt er uns in Frieden.«
    Jedenfalls für heute Nacht , denke ich, aber ich spreche es nicht aus.
    Wir haben das Gitter wieder über die Öffnung geschoben und es mit dem Seil, das ich im Rucksack hatte, an einigen Rohren festgebunden. Es gibt natürlich noch den Eingang im Keller von Nummer Sieben und weitere Eingänge in den anderen Häusern, aber die Akustik hier unten ist so gut, dass wir rechtzeitig gewarnt würden. Bisher gab es keine Hindernisse und wir sind gut vorangekommen.
    »War das der Sinn der Sache? Uns nach Orphanville zu locken?«
    Ich halte den Arm an einer niedrigen Stelle unter die Decke, während Wildgirl vorbeigeht. Sie hat etwas Blaues, Glitzerndes wie einen Turban um den Kopf gewickelt. Keine andere könnte so rumlaufen. Sie sieht wunderschön aus.
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll.«
    Doktor Gregory hat seine Forschungen betrieben. Ich war seine Zielscheibe und er dachte, er wüsste, wie er mich kriegt.
    »Wir sind ihnen direkt in die Falle gegangen.«
    »Ja. Sie wussten, dass ich das Feuerzeug nicht kampflos aufgebe.« Dabei hätte ich es fast getan. Ohne Wildgirl hätte ich es vielleicht aufgegeben. Ich bin ein größerer Feigling, als sie dachten. »Vielleicht haben sie nicht geglaubt, dass ich heute Nacht was unternehme, sondern …«
    »Warum haben sie nicht einfach die Karte verlangt? Dann hätte ich sie ihnen gegeben. Wozu das ganze Theater?«
    »Ich glaube, die Karte hat damit gar nichts zu tun. Die Kidds haben dich nur im Little Death damit gesehen –nachdem sie mir das Feuerzeug geklaut hatten. Als sie uns abgezogen haben, wussten sie ja noch nichts davon.«
    »Wieso dann?«
    Ich seufze. Doktor Gregory weiß zu viel über mich. Wie er dastand und sich die Haare zurückstrich, während ich abgehauen bin … Anscheinend hat es ihm nicht so viel ausgemacht, mich laufen zu lassen. Er sah aus wie ein Mann, der weiß, dass seine Zeit kommen wird.
    »Ich glaube, er will mich einsammeln wie ein Präparat in einem Glas«, sage ich schließlich, obwohl es bestimmt komplizierter ist. Irgendwie hat Doktor Gregory das bekommen, was er wollte, obwohl ich mit dem Feuerzeug abhauen konnte.
    »Wenn es ihnen sowieso scheißegal ist, hätten sie mir die Karte doch auch lassen können.«
    »Damit du rumläufst und ihr Geld ausgibst? Wohl kaum.«
    Der Tunnel wird wieder breiter und führt nach rechts. Bis jetzt gab es noch keine Kreuzung. Erst dann wird es schwierig.
    »Wart mal, Wolfie!« Wildgirl bleibt stehen und schaut direkt nach oben. »Hast du das gesehen?«
    Ich gehe zu ihr und folge ihrem Blick. Da ist eine verriegelte Öffnung, durch die frische Luft hereinströmt. Der Nachthimmel ist zu sehen. Ich stütze mich mit den Armen an den Wänden ab, dann steige ich auf zwei Rohre, sodass ich der Decke näher komme. Mehr erkennen kann ich so auch nicht, aber ich rieche die frische Luft. Über der Erde ist es still.
    »Meinst du, wir kriegen das Gitter ab?«
    , fragt Wildgirl. Ich fahre mit den Fingern um die Ränder des Lochs.

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