Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)
ich wollte ihn für dich wieder lebendig machen. Es ist seltsam, es ist so, als hätte ich nur gemeinsam mit dir die Kraft gehabt, ihn wieder auferstehen zu lassen.“ Ihr Körper hatte sich entspannt, und Maximilian zog sie enger an sich. „Wenn es anders gewesen wäre... Wer weiß, ob ich sonst schwach geworden wäre...“ Sie lächelte.
Maximilian versuchte sich zu erinnern, „Ich weiß noch, wie ich das erste Mal in deinem Mansardenzimmer stand und in diese Augen gesehen habe. Da wusste ich gar nichts über ihn. Ich wusste noch nicht einmal, dass er dein Bruder war. Später...“
„Ja, ich habe Dir alles erzählt, was ich wusste – und das war nicht viel.“
„Ich habe mir oft gewünscht, ich hätte ihn kennen gelernt, hätte ihn wirklich gekannt.“
Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Sie seufzte. „Wie unser Sohn und wie Gianluca.“ Sie machte sich los und nahm das Bild in die Hand. „Auch sie wollten alles ganz genau wissen. Wie war er? Was hat er getan, was hat er nicht getan? Warum ist er gestorben? War er ein Held, war er ein Verräter?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich will das gar nicht wissen. Es genügt mir, sein Bild zu haben, ihn anschauen, mich erinnern zu können.“ Sie stellte das Foto zurück. „Weißt du, ich war damals ein junges Mädchen. Ich habe von Politik und all diesen Dingen nichts verstanden, und im Grunde verstehe ich auch heute nichts davon.“ Sie drehte sich zu ihm um. Zum ersten Mal sahen sie sich in die Augen. „Mein Bruder ist ein Gefühl, tief in mir drin, nur ein Gefühl.“ Sie faltete die Hände über ihren Bauch. „Wenn ich ihn denken muss, dann denke ich ihn so, wie ich will.“ Sie trat einen Schritt näher und legte ihm eine Hand auf die Brust.
Später zog sie ihn aufs Bett. Mit ihrem lang fallenden Haar, dem halb offenen Mund, aus dem stoßweise der Atmen drang, den unruhigen Augen, die nicht zu wissen schienen, wohin sie zuerst schauen sollten, erinnerte sie ihn für einen Moment an die Laura, die er über fünfzig Jahre zuvor kennen gelernt hatte. Ein ihr eigener, fast kindlicher Eifer. Eine Eile, die keinen Aufschub duldete, die ihn stets mitriss. Eine Eile, die die Angst vor dem unvermeidlichen Ende zu verraten schien.
Er wollte sie umarmen, doch sie drückte ihn in die Kissen zurück. Langsam, fast umständlich entkleidete sie ihn, legte seine blasse Haut frei, betastete sie mit den Fingerspitzen, strich darüber und befühlte sie wie etwas Fremdes oder etwas, was sie sich genau einzuprägen versuchte.
Maximilian schloss die Augen und spürte diesen Händen nach, der Wärme ihrer Flächen und dem Druck ihrer Ballen, Händen, die langsam über sein Körper wanderten, als wollten sie sich jedes einzelnen Zentimeters versichern.
Als sie sich auf ihn setzte, öffnete er die Augen wieder. Laura hatte Rock und Slip ausgezogen und nur eine weite weiße Bluse anbehalten. Jetzt sah sie ihn an, forschend, aufmerksam, ernst. Er war so verblüfft, dass sie zusammen schliefen, es bereits taten oder es gleich tun würden, dass er sich einen Moment lang fragte, ob es tatsächlich geschah. Wie unwirklich, dachte er, wir sind zwei Gespenster aus der Vergangenheit. Doch dann spürte er, wie sein Geschlecht sich verhärtete, sich zögernd erhob, um in die warme Feuchtigkeit einzutauchen, die ihn umfangen hatte. Erleichtert ließ er seinen Kopf in das Kissen sinken.
Wie oft haben wir miteinander geschlafen?, dachte er. So oder anders, sanft oder zärtlich oder leidenschaftlich, so heftig, als seien sie ineinander verkrallt, als müssten sie sich gegenseitig bis zur letzten Faser besitzen. Und für einen Augenblick meinte er, sie hätten ihr ganzes Leben nichts anderes getan, seien immer verbunden gewesen, der Entfernung, der langen Jahre der Trennung zum Trotz, seien sich immer so nah gewesen, wie er sich ihr jetzt fühlte. Er dachte an ihren mädchenhaften Busen zurück, ihre milchfarbene Haut, an die erwachsene Frau, die er an einem Tag am Ende des Krieges wiedergefunden hatte, an die dunklen Jahre in Deutschland, als sie sich aneinander nur über ihre Körper zu nähern vermochten, und an die heitere Zeit in Italien, die das lange Sterben ihres Sohn nun beendet hatte.
Laura kniete jetzt aufrecht, den Oberkörper ein wenig nach hinten gebeugt, und Maximilian hob ihre Bluse an, um den Flaum zwischen ihren Beinen zu sehen, die Lücke, die sich im Rhythmus ihrer Bewegung öffnete und schloss, seinen Penis, der die einzige Verbindung zwischen
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