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Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Titel: Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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Vieri die Fallschirme vorgestellt. Und wenn sein Onkel von den lang angekündigten alliierten Versorgungsflügen sprach, leuchteten seine Augen. In dieser Nacht suchte er unentwegt den wolkenverhangenen Himmel ab, horchte er so angestrengt in die Dunkelheit hinaus, bis ihm der Kopf schmerzte.
    Als dann die Maschine kam und eine erste Runde über dem Tal drehte, liefen alle aufgeregt durcheinander. Sie gab ein Zeichen, ein flackerndes Licht, das aus dem Cockpit zu kommen schien und flog noch einmal tief über sie hinweg.
    „Wer hat die Lampe?“ schrie der englische Offizier.
    Niemand schien eine Taschenlampe zu haben, um das vereinbarte Signal zu geben. Die Lunense   hatte sich auf den Engländer verlassen und der englische Offizier auf Conti. Dessen Männer hatten in Pontremoli vergeblich nach Batterien gesucht.
    „Was ist mit unserer Lampe?“ Stefano sah Roberto an. Dieser schüttelte den Kopf. Seit Tagen waren die Batterien leer. Um neue zu bekommen, hätte man sie schon in Gold aufwiegen müssen.
    Schweigend sahen sie den Männern zu, die verzweifelt ihre Rucksäcke und Bündel durchwühlten, von der aberwitzigen Hoffnung getrieben, irgendwo zwischen der schmutzigen Wäsche und einer trockenen Brotrinde fände sich eine lang vergessene, aber wie durch ein Wunder noch betriebsbereite Taschenlampe.
    Als dann das Transportflugzeug ein letztes Mal über sie hinwegflog, sprangen sie winkend auf der Stelle und brüllten sich die Kehlen heiser. In einer lang gezogenen Schleife drehte die Maschine ab und flog aufs Meer hinaus.
    Irgendwann waren die Feuer heruntergebrannt. Gegen vier Uhr morgens hatten sie die Hoffnung aufgegeben, das Flugzeug könnte zurückkommen. Müde machten sie sich auf den Rückweg. Bald trennten sich ihre Wege. Jede Brigade stieg auf eine andere Seite des Berges hinab.
    Leone führte sie wieder zu dem verlassenen Hof, in dem sie sich seit einiger Zeit versteckt hielten. Den alten Standort oberhalb des Dorfes hatten sie nach der letzten Razzia aufgegeben. Sie gingen schweigend. Selbst der Sohn des Müllers, der stets einen Scherz auf den Lippen hatte und gerne sang oder vor sich hinpfiff, schien ernst und bedrückt. Langsam und mit schwerem Schritt folgten ihm die Männer.
    Der Morgen graute, ohne dass eine Sonne aufgegangen wäre. Langsam wurde es hell, ein fahles Licht, das durch die Berge hindurchzudringen schien, und die Hänge hinab zu Tal kroch. Bläulich schimmerte der Dunst. Wie kalter Rauch hingen dünne Nebelschwaden in der Luft.
    Sie waren in Gedanken schon bei ihren unbequemen Lagern aus trockenem Laub, schliefen schon halb im Gehen, als die Welt um sie herum explodierte. Am Anfang war das grelle Licht der Handgranaten. Erst dann schlug das Dröhnen der Detonationen wie eine Welle über ihren Köpfen zusammen. Viel später, erst als der beißende Pulverdampf auf sie herabzusinken begann, hörten sie auch das Singen der Maschinengewehre, das dumpfe Krachen der moschetti , einzelne Pistolenschüsse. Überall wurde geschossen, und es war nicht auszumachen, wo der Feind stand, wer von den Kameraden in Deckung gegangen war und blind in die Macchia feuerte.
    Wie angewurzelt stand Stefano noch immer mitten auf dem Weg. Irgendwo bellte ein Hund, und er wunderte sich, dass er die Zeit hatte, auf ein solches Geräusch zu hören. Seine Hand suchte die Pistole. Erde und kleine Steine prasselten auf ihn nieder, im Gebüsch um ihn herum blitzten die Mündungsfeuer auf. Er wunderte sich, dass er keine Angst hatte. Er hatte gerade den kalten Griff seiner Waffe umfasst, als ihn etwas ansprang. Er taumelte zurück und fiel. Noch im Fallen spürte er einen stechenden Schmerz in der Schulter, wie ein Biss, dachte er verblüfft, bevor er mit dem Kopf auf einen Stein schlug.

7. Kapitel
     
    Gerhard Seewald fuhr schnell. Ab und zu überholten sie einen Karren. Manchmal ging eine alte Frau an der Böschung entlang, hatte ein Bündel auf dem Rücken, trug etwas auf dem Kopf. Sonst war die Straße leer. Obwohl schon später Vormittag, hatte die Sonne erst vor kurzem die grauen Bergwände im Osten überwunden. Nur langsam wurde es wärmer, und die Luft, die pfeifend an Maximilian von Kampens Stahlhelm vorbeistrich, war immer noch frisch und feucht. Es roch nach den blauen Blüten des Rosmarins, die die Hänge wie einen dichten Flaum überzogen.
    Sie waren auf dem Weg von Pontremoli zurück an die Küste, und zum ersten Mal seit langer Zeit dachte Maximilian an den Tag seiner Ankunft zurück, an jenen

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