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Die Nachtmahr Wunschträume

Die Nachtmahr Wunschträume

Titel: Die Nachtmahr Wunschträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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hast du in der ersten Stunde?«, riss mich David aus meinen Gedanken.
    Erstaunt sah ich ihn an. Das war so ziemlich der normalste Gesprächsanfang, den er seit sechs Monaten hinbekommen hatte. Seitdem er mit mir Schluss gemacht hatte. Eine offene Frage.
    »Ich habe eine Sitzung bei Doktor Slater.«
    »Ah, dem Psychodok.«
    »Ja, genau. Dem Psychodok«, stimmte ich zu. Wohlweislich behielt ich für mich, dass David ja einen erheblichen Anteil an meiner Benötigung eben dieses Doks hatte. Hätte er mir damals geglaubt und mich vor seinem Freund Jonah gerettet, hätte der mich nicht in diese unterirdische Abwasseranlage gesperrt und ich wäre nicht beinahe ertrunken. Hölle, wahrscheinlich wäre ich dann auch nie in »Saint Blocks« gelandet.
    »Na dann ... viel Spaß«, meinte er und berührte kurz mit der Hand meine Schulter. Eine Geste, die vermutlich aufbauend sein sollte.
    Ich nickte, weil ich nicht wusste, was ich sagen, oder wie ich reagieren sollte. Die Vergangenheit hatte mich gelehrt, dass ich immer alles falsch machte, sobald es David betraf. Warum sollte heute eine Ausnahme sein?
    Er verzog die Lippen noch einmal zu einem kurzen Grinsen, dann drehte er sich abrupt um und ging den Flur entlang, während ich in die andere Richtung abbiegen musste. Trotzdem blieb ich stehen, bis er um die Ecke bog. Zu was auch immer er in der ersten Stunde hatte.
    Erst dann machte ich mich auf den Weg.
    Wie immer stand die Tür einladend offen, aber anders als sonst winkte mich die Schulsekretärin einfach durch, da sie gerade ein Telefongespräch führte und Forman bei ihr wartete. Ich nickte dem Feuerwehrmann kurz zu, klopfte trotzdem und horchte einen Moment. Statt eines
Hereins
hörte ich, wie die Sekretärin sich von Rektor Talbot verabschiedete. Kurz wurde mir heiß, dann kalt, dann zuckte ich zusammen, weil die Tür vor mir aufgerissen wurde.
    »Sie können ruhig reinkommen, wenn ich
Herein
sage«, meinte Doktor Slater und reichte mir zur Begrüßung die Hand.
    »Entschuldigung, ich habe Sie nicht gehört.« Ich folgte dem langen, dürren Arzt in seine Praxis und setzte mich auf die bequeme Couch. Nichts, aber auch wirklich gar nichts hatte sich hier in der Zeit geändert, in der ich Slater kannte. Und trotz der Unterbrechung wegen der Ferien stand sogar seine Kaffeethermoskanne haargenau an derselben Stelle wie immer.
    »Wie geht es Ihnen, Miss
de Temples
?« Slater setzte sich in den Sessel auf der anderen Seite des niedrigen Tisches.
    »Ganz gut.« Ich zuckte mit den Schultern und bemühte mich darum, nicht zu dem Foto zu schauen, das Slaters Tochter Jessica zeigte. Er war so ein netter Kerl. Wie konnte so ein netter Kerl so eine furchtbare Tochter haben?
    Er lächelte mich über den Rand seiner rahmenlosen Brille hinweg an.
»Ganz gut
? Klingt aus ihren Mund wie
ganz schlecht
. Aber wenn Sie schon
ganz gut
sagen, muss es Ihnen super geht?!«
    »Meine Tante geht jetzt acht Stunden am Tag arbeiten, das bedeutet, sie ist fast zehn Stunden weg. Was bedeutet, dass es bei uns zu Hause kaum noch Streit gibt«, gab ich eine kurze Zusammenfassung meiner bisherigen Woche.
    »Was arbeitet sie?«
    »Keine Ahnung.« Ich runzelte die Stirn und überlegte, ob es mir irgendjemand verraten hatte. Dann kam ich zu dem Schluss, dass es keine Rolle spielte. »Ich bekomme jetzt Taschengeld dafür, dass ich das Haus in Schuss halte und für das Essen sorge.«
    Slater machte sich einige Notizen in seine Akte. Seit ich wusste, dass ich tatsächlich jederzeit Einblick in sie gewährt bekam, ging es mir mit diesem Gekritzel wesentlich besser.
    »Das gefällt Ihnen?«, erkundigte er sich.
    »Es ist prima!« Ich bemerkte, wie ich strahlte, bekam das Strahlen aber nicht unter Kontrolle. Kurz spielte ich sogar mit dem Gedanken, Slater zu erzählen, warum ich in Wirklichkeit in »Saint Blocks« gelandet war und warum und wie Klaus und ich das Kriegsbeil begraben hatten. Dann fiel mir ein, dass Slater ein Tagmahr war – und als solchen ging ihn der Seelenzustand von Klaus einen feuchten Kehricht an. Arztgeheimnis hin oder her.
    Aber da der Doktor natürlich gemerkt hatte, dass ich etwas hatte erzählen wollen„ improvisierte ich: »Klaus ist sehr nett und ich habe beschlossen, ihm mehr zu vertrauen.«
    »Bedeutet?«, hakte er interessiert nach.
    »Dass ich ihm heute morgen einige Seiten aus meinem Traumtagebuch vorgelesen habe.«
    »Das ist großartig!« So wie er mich ansah, hätte man meinen können, ich hätte ein Heilmittel gegen Krebs

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