Die Nachtmahr Wunschträume
erfunden. Mindestens.
»Ich denke, das wird ihnen beiden helfen.«
Beiden? Ich gab mir Mühe, mir nichts anmerken zu lassen und hoffte, dass mein Pokerface wirklich so gut war, wie ich dachte. Wieso sollte es uns beiden helfen? Ich war doch die Patientin und nicht Klaus. Mir ging es schlecht genug für einen Psycho-Dok. Und Klaus ... das er einen benötigte, war klar ... oder hatte er längst einen?
»Und was ist mit Ihrem Stiefbruder?«, erkundigte sich Slater und lenkte mich von meinem Verdacht ab. Aber ich würde nachforschen!
»Was soll mit ihm sein?«, fragte ich und konzentrierte mich darauf, mir zu merken, dass ich Daria auf Slater und Klaus, bzw. Klaus’ Akte ansetzen musste.
Slater seufzte, wie er es immer tat, wenn er bemerkte, dass ich mauerte. Dann sah er mich wieder über den Rand seiner Brille hinweg an. »Wie ist Ihr Verhältnis zueinander?«
Jetzt sah ich doch zu dem Foto von Jessica und suchte nach Worten, die etwas erklären konnten, was nicht erklärbar war – zumindest nicht, wenn man fast jeden Fakt und jede Grund weglassen musste.
Schließlich zuckte ich mit den Schultern. »Angespannt.«
Slater nickte, obwohl meine Erklärung alles und nichts bedeuten konnte. Aber zum Glück konnte er nicht weiter nachfragen, denn unsere Sitzung war vorbei. Unsere vorletzte, wenn sich die
Anspannung
bis zu Davids Geburtstag nicht noch ändern würde.
Ich war viel zu früh dran. Trotzdem hetzte ich den dunklen Flur entlang, um unangenehmen Überraschungen aus dem Weg zu gehen. Außerdem hielt ich mich lieber im Freien auf, wo man sich bewegen konnte und einem viele verschiedene Fluchtwege zur Verfügung standen. Es mochte an meiner allgegenwärtigen Paranoia liegen, aber ein Gang in dem man nur nach vorne oder hinten laufen konnte, war mir nicht geheuer.
Wie um meine Gedanken zu bestätigen, begann das Licht zu flackern, wurde heller, dann dunkler und ging schließlich ganz aus. Sekunden später trat ein Schatten aus einem noch tieferen Pool aus Dunkelheit und hatte wirklich Glück, dass ich ihn auf der Stelle an seiner Haltung und seinen Schritten erkannte.
»Du bist ein blöder Idiot!«
»Was für eine freundliche Begrüßung«, meinte Jonah und schloss zu mir auf, da ich ungerührt weitergegangen war.
»Wenn du eine freundliche Begrüßung willst, wäre es hilfreich, nicht im Dunkeln zu kommen und auf meine Angst zu spekulieren.«
»Eigentlich hatte ich auf deine Wut spekuliert«, entgegnete er so trocken, dass sich mir gegen meinen Willen ein Lachen entrang.
»Leute auf Adrenalin kann man so gut manipulieren ...« Sein Blick war eindeutig. Sexistisch.
»Ist dir gelungen«, gab ich zu. »Zumindest der erste Teil.«
»Was ist mit uns – mit Elijah und mir und dir und mit den Nachtmahren der Kategorie 2?«
Unwillkürlich ballten sich meine Hände zu Fäuste. So fest, dass die Abdrücke meiner Fingernägel wahrscheinlich noch Stunden später zu sehen sein würden.
»Ist es so schwer zu verstehen? Ich will jemanden, der
midi
liebt und nicht mein Amt«, fauchte ich, obwohl ich Sekunden vorher noch gedacht hatte, mich unter Kontrolle zu haben.
»Das tue ich«, behauptete Jonah.
»Ich habe nicht darum gebeten, die Königin der Albträume zu werden ...« Welches Mädchen träumte schon davon? Prinzessin ja, Königin meinetwegen ... aber dann doch nicht ... meine Gedanken hielten inne. Immerhin war die Berufsbekleidung für mich besser. Sie war nicht rosa und schwarz stand mir eigentlich ganz gut. »... ich hatte zwar wenig, aber ich hatte ein Leben, eine Zukunft. In acht Tagen ...«
Jonah zog mich ohne Vorwarnung in seine Arme. »... in acht Tagen hast du uns. Egal was David sagen oder tun wird, du kannst bei uns wohnen. Wir werden dafür Sorgen, dass dir nichts geschieht und dir quasi ein Mahr-Zeugenschutzprogramm verschaffen – mit einem neuen Leben.«
Herablassendes Klatschen, eine Parodie auf Applaus, ließ mich zurücktreten aus Jonahs Umarmung.
»Eine ganz großartige Vorstellung«, behauptete David, der langsam näher kam und mit einer Handbewegung dafür sorgte, dass das Licht langsam aufglimmte. Irgendwann musste ich unbedingt herausfinden, wie die beiden das machten. War sicher so ein Mahr-Ding. Leider sah ich Dank dieses Mahr-Dings auch den Gesichtsausdruck meines Stiefbruders. Er war sauer. Sehr.
Die Wut, die Jonah vorhin geschürt hatte, kam mir jetzt zu Gute und verbündete sich nun mit der Wut darüber, dass David mich scheinheilig abserviert hatte und mich seit über
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