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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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diesem Raum stand ein großer Holzstuhl und neben dem Stuhl ein
    Gestel . Der Stuhl war an den Boden genietet und mit breiten
    Lederriemen versehen. In dem Gestell lagen Knüppel und Hämmer.
    Das war die ganze Einrichtung in diesem Raum.
    Der Boden war dunkel und klebrig. Eine Ablaufrinne führte durch
    das ganze Zimmer zu einem Abfluss.
    Bretter waren vor das kleine Fenster auf Straßenhöhe genagelt, denn
    an einem solchen Ort war Licht nicht willkommen. Die Wände und
    auch die Decke waren mit strohgefül ten Säcken gepolstert. Diese Säcke
    hatte man sogar an die Tür genagelt. Es war eine gründliche Zelle. Nicht einmal Geräusche sol ten aus ihr entkommen.
    Zwei Fackeln machten die Dunkelheit nur noch schmutziger. Mumm
    hörte, wie sich Nimmernich hinter ihm übergab.
    In einer sonderbaren Art von Traum schritt er über den Boden und
    bückte sich, um etwas aufzuheben, das im Fackelschein glänzte. Ein
    Zahn.
    Er richtete sich wieder auf.
    Auf der einen Seite bemerkte er eine geschlossene Holztür, auf der
    anderen einen Durchgang, der mit ziemlicher Sicherheit zu den Zel en
    führte. Mumm nahm eine Fackel aus der Halterung, reichte sie Sam und
    deutete in den Durchgang…
    Das Geräusch von Schritten, begleitet vom Klirren eines
    Schlüsselbunds, näherte sich der Holztür, und darunter wurde Licht
    heller.
    Das Tier spannte die Muskeln.
    Mumm zog den größten Knüppel aus dem Gestel und machte einen
    Schritt zur Wand neben der Tür. Jemand kam, jemand, der diesen
    Raum kannte, jemand, der sich für einen Polizisten hielt…
    Er schloss beide Hände um den Griff des Knüppels, hob ihn…
    Er blickte durch den Raum und stellte fest, dass der junge Sam ihn
    beobachtete, der junge Sam mit seiner glänzenden Dienstmarke und
    einem… seltsamen Gesichtsausdruck.
    Mumm ließ den Knüppel sinken, lehnte ihn behutsam an die Wand
    und holte seinen ledernen Totschläger hervor.
    Das Tier verstand nicht ganz, als es gefesselt in die Nacht zurückgezerrt wurde…
    Ein Mann trat durch die Tür, pfiff leise vor sich hin, kam einige
    Schritte weit in den Raum, sah den jungen Sam, öffnete den Mund und
    verlor das Bewusstsein. Der Bursche war recht kräftig gebaut und fiel
    schwer auf den Boden. Er trug eine lederne Kapuze über dem Kopf
    und war bis zur Taille nackt. Ein großer Ring mit Schlüsseln hing an
    seinem Gürtel.
    Mumm huschte durch den Korridor hinter der Tür und um eine
    Ecke, erreichte ein kleines, hel erleuchtetes Zimmer und packte den
    Mann, den er dort vorfand.
    Er war wesentlich kleiner als der andere und unterdrückte einen
    Schrei, als Mumm ihn vom Stuhl zerrte.
    »Und was macht Papi den ganzen Tag bei der Arbeit, Freundchen?«, donnerte Mumm.
    Der Mann schien ein Hellseher zu sein. Ein Blick in Mumms Augen
    ließ ihn erkennen, wie kurz seine Zukunft sein konnte. »Ich bin nur der
    Sekretär! Der Sekretär! Ich schreibe al es auf!«, protestierte der Mann
    und hob einen Stift in dem verzweifelten Versuch, seine berufliche
    Identität zu beweisen.
    Mumm sah auf den Schreibtisch. Zirkel und andere Werkzeuge eines
    Geometers lagen dort, Symbole für Schwungs wahnsinnige Vernunft,
    außerdem Bücher und Mappen, vol gestopft mit Unterlagen. Und ein
    Lineal aus Metal , einen Meter, lag an. Mumm griff danach und schlug
    es auf den Tisch. Der schwere Stahl erzeugte ein sehr
    zufriedenstellendes Geräusch.
    »Und?«, fragte Mumm, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von dem
    des zappelnden Mannes entfernt.
    »Und ich messe die Leute! So will es der Hauptmann! Ich messe nur!
    Ich habe nichts Unrechtes getan! Ich bin kein schlechter Mensch!«
    Wieder schlug das Lineal auf den Schreibtisch. Diesmal hatte Mumm
    es gedreht, und die stählerne Kante bohrte sich ins Holz.
    »Möchtest du, dass ich dich verdresche?«, knurrte er.
    Der kleine Mann rol te mit den Augen. »Bitte nicht!«
    »Gibt es noch einen anderen Ausgang?« Mumm ließ das Lineal noch
    einmal auf den Schreibtisch klatschen.
    Ein kurzer Blick, Hinweis genug. Mumm bemerkte eine Tür, fast
    verborgen in der Holzvertäfelung.
    »Gut. Wo kommt man da heraus?«
    »Äh…«
    Mumm war jetzt Nase an Nase mit dem Mann, der ihm, im
    Sprachgebrauch der Polizei, bei den Ermittlungen half.
    »Du bist hier ganz allein«, sagte Mumm. »Du hast hier keine Freunde.
    Du hast hier gesessen und Dinge für einen Folterer aufgeschrieben, für
    einen verdammten Folterer! Und ich sehe hier einen Schreibtisch, und
    er hat eine Schublade, und wenn du jemals wieder einen Stift in

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