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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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der Hand halten willst, solltest du mir alles sagen, was ich wissen will…«
    »Lagerhaus!«, stieß der Mann hervor. »Nebenan!«
    »Gut. Danke. Du hast mir sehr geholfen.« Mumm senkte die Hand,
    sodass die Füße des kleinen Mannes wieder den Boden berührten. »So,
    mein Lieber, und jetzt lege ich dir Handschellen an und fessle dich an
    den Schreibtisch, zu deinem eigenen Schutz…«
    »Vor… vor wem willst du mich schützen?«
    »Vor mir. Ich töte dich, wenn du zu fliehen versuchst, Freundchen.«
    Mumm eilte in den Hauptraum zurück. Der Folterer war noch immer
    bewusstlos. Nicht ohne Mühe zog er ihn auf den Stuhl, nahm ihm die
    Kapuze ab und erkannte das Gesicht. Das Gesicht, aber nicht die
    Person. Solche Gesichter sah man oft in Ankh-Morpork: groß und mit
    blauen Flecken, das Gesicht eines Mannes, der nie gelernt hat, dass es
    grausam ist, Leute selbst dann noch zu schlagen, wenn sie das
    Bewusstsein verloren haben. Mumm fragte sich, ob es ihm gefiel,
    Menschen zu Tode zu prügeln. Oft dachten solche Burschen überhaupt
    nicht darüber nach und hielten es einfach für einen Job.
    Mumm schnallte ihn auf dem Stuhl fest mit allen Lederriemen, auch
    dem für die Stirn. Als er den letzten festzog, kam der Mann wieder zu
    Bewusstsein. Sein Mund klappte auf, und Mumm schob die Kapuze
    hinein.
    Dann nahm er den Schlüsselring und schloss die Haupttür ab, was
    ihnen ein wenig mehr Privatsphäre sichern sol te.
    Auf dem Weg zu den Zellen kam ihm Sam entgegen. Sein jüngeres
    Selbst wirkte sehr blass.
    »Jemanden gefunden?«, fragte Mumm.
    »Oh, Oberfeldwebel…«
    »Ja?«
    »Oberfeldwebel…« Tränen rannen über die Wangen des Gefreiten
    Mumm.
    Mumm streckte die Hand aus und stützte sein jüngeres Selbst. Sam
    fühlte sich an, als hätte er überhaupt keinen Knochen mehr im Leib. Er
    zitterte.
    »In der letzten Zelle ist eine Frau, und sie… oh, Oberfeldwebel…«
    »Atme tief durch«, sagte Mumm. »Obgleich sich diese Luft kaum zum
    Atmen eignet.«
    »Und am Ende gibt es einen Raum, Oberfeldwebel, und Nimmernich
    ist in Ohnmacht gefallen…«
    »Aber du nicht«, sagte Mumm und klopfte ihm auf den Rücken. »Und
    in dem Raum…«
    »Retten wir, was noch zu retten ist, Junge.«
    »Aber wir waren mit dem Gefangenenwagen unterwegs,
    Oberfeldwebel!«
    »Was?«, erwiderte Mumm. Und dann verstand er.
    »Aber wir haben niemanden übergeben, Junge«, sagte er. »Erinnerst
    du dich?«
    »Aber ich war auch vorher mit dem Wagen unterwegs,
    Oberfeldwebel! Das gilt für uns alle! Wir haben den Unaussprechlichen
    einfach die Leute überlassen und sind dann zum Wachhaus
    zurückgefahren, um Kakao zu trinken, Oberfeldwebel!«
    »Ihr hattet eure Befehle…«, meinte Mumm, obwohl diese Bemerkung
    kaum etwas nützte.
    »Wir hatten keine Ahnung !«
    Nein, das stimmt nicht ganz, dachte Mumm. Wir haben nicht gefragt.
    Und wir haben vermieden, daran zu denken. Menschen erreichten das
    Gebäude durch den Vordereingang, und einige der armen Teufel
    verließen es durch die geheime Tür, nicht immer in einem Stück.
    Sie hatten den Ansprüchen nicht genügt.
    Ebenso wenig wie wir.
    Mumm hörte ein kehliges Knurren, das von dem Jungen kam – Sam
    hatte den festgeschnal ten Folterer entdeckt. Er schüttelte Mumms
    Hand ab, eilte zu dem Gestel und nahm einen Knüppel.
    Mumm war bereit. Er hielt den Jungen fest, drehte ihn und nahm ihm
    das Ding aus der Hand, bevor er einen Mord beging.
    »Nein! Das ist der leichte Weg! Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt!
    Halte es zurück! Zähme es! Vergeude es nicht! Schick es zurück! Es
    wird kommen, wenn du es rufst!«
    »Du weißt, was er angestellt hat!«, rief Sam und trat nach seinen
    Beinen. »Du hast gesagt, wir müssten das Gesetz selbst in die Hand
    nehmen!«
    Ah, dachte Mumm. Dies ist genau der richtige Zeitpunkt für eine
    Debatte über Theorie und Praxis der Justiz. Hier kommt die gekürzte
    Version.
    »Du schlägst einem Mann nicht den Schädel ein, während er an einen
    Stuhl gefesselt ist!«
    » Er hat das gemacht!«
    »Und du machst so etwas nicht. Weil du nicht er bist!«
    »Aber diese verdammten Bastarde…«
    »Stillgestanden, Gefreiter!«, rief Mumm, und das Stroh an der Decke
    sog das Geräusch seiner Stimme auf. Sam blinzelte mit geröteten
    Augen.
    »Na schön, Oberfeldwebel, aber…«
    »Willst du den ganzen Tag greinen? Vergiss diesen Burschen. Bringen wir die Lebenden hinaus…«
    »In einigen Fäl en lässt sich kaum feststel en, wer…«, begann Sam und
    putzte sich die

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