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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die
    gerechte Verteilung…«
    »Herr Schuh«, sagte Dickins, »hinter mir kommt ein Wagen mit
    fünfhundert Hähnchen, und der nächste hat Eier geladen. Wir können
    sie nirgends hinbringen, verstehst du? Die Schlachter haben die
    Kühlhäuser und Räucherkammern gefül t. Der einzige Ort, wo wir
    diese Sachen unterbringen können, ist unser Bauch. Und deine
    Funktionäre sind mir wurscht.«
    »Im Namen der Republik befehle ich dir…«, begann Reg, und Mumm
    legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Verteil den Kram, Feldwebel«, sagte er und nickte Dickins zu.
    »Wenn ich dich kurz sprechen könnte, Reg…«
    »Ist dies ein Militärputsch?«, fragte Reg Schuh und hielt sein
    Klemmbrett fast wie einen Schild.
    »Nein, es ist nur so, dass wir hier belagert werden, Reg. Für solche
    Sachen haben wir keine Zeit. Soll sich Dickins darum kümmern. Er ist
    ein gerechter Mann und mag nur keine Klemmbretter.«
    »Aber angenommen, jemand geht leer aus«, sagte Reg.
    »Wir haben so viel, dass sich alle voll stopfen können, Reg.«
    Reg Schuh wirkte unsicher und enttäuscht. Die Vorstellung, dass
    ungeplant mehr als genug da war, schien ihm weniger zu gefallen als die
    Idee von sorgfältig rationiertem Mangel.
    »Aber ich sag dir was«, sagte Mumm. »Wenn diese Sache weitergeht,
    wird die Stadt den Nachschub durch andere Tore empfangen. In dem
    Fal müssen wir wahrscheinlich hungern. Und dann brauchen wir dein Organisationstalent.«
    »Du meinst, dann entsteht eine Notsituation?«, fragte Reg mit dem
    Licht der Hoffnung in den Augen.
    »Wenn nicht, könntest du bestimmt eine organisieren, Reg«, sagte
    Mumm und begriff, dass er ein wenig zu weit gegangen war. Regs
    Dummheit beschränkte sich auf bestimmte Bereiche, und jetzt schien er
    den Tränen nahe zu sein.
    »Ich finde es nur wichtig, gerecht zu sein…«
    »Ja, Reg, ich weiß. Aber es gibt für alles die richtige Zeit und den
    richtigen Ort. Viel eicht kann man derzeit am meisten zu einer schönen
    neuen Welt beitragen, indem man Kartoffeln schält. Geh jetzt!
    Gefreiter Mumm, du hilfst ihm…«
    Mumm kletterte noch einmal auf die Barrikade. Die Stadt jenseits
    davon war wieder dunkel. Nur hinter wenigen Fenstern sah er Licht. Im
    Vergleich dazu war es in den Straßen der Republik taghell.
    In einigen Stunden würden die Läden dort draußen Lieferungen
    erwarten, die nicht eintrafen. Die Zeit arbeitete gegen die Regierung.
    Eine Stadt wie Ankh-Morpork war selbst unter den besten Umständen
    nur zwei Mahlzeiten vom Chaos entfernt.
    Jeden Tag starben etwa hundert Kühe für Ankh-Morpork. Dazu
    zahllose Schafe, Schweine, Enten, Gänse und Hühner. Mehl? Mumm
    hatte gehört, dass achtzig Tonnen täglich gebraucht wurden, und
    ebenso viele Kartoffeln und etwa zwanzig Tonnen Heringe. Eigentlich
    wollte er gar nicht über diese Dinge Bescheid wissen, aber wenn man versuchte, das Dauerproblem des Verkehrs zu lösen, stieß man auf
    solche Fakten.
    Jeden Tag wurden vierzigtausend Eier für die Stadt gelegt. Jeden Tag
    kamen Hunderte, Tausende von Wagen, Booten und Kähnen zur Stadt,
    um sie mit Fisch, Honig, Austern, Oliven, Aalen und Hummern zu
    versorgen. Und dann die Pferde, die die Wagen zogen, und die
    Windmühlen… und auch Wol e wurde jeden Tag gebracht, Tücher,
    Tabak, Gewürze, Erz, Holz, Käse, Kohle, Fett, Talg, Heu, JEDEN
    VERDAMMTEN TAG…
    Und das galt für das Jetzt. Daheim in der Zukunft war die Stadt
    doppelt so groß…
    Vor der dunklen Leinwand der Nacht hatte Mumm eine Vision von
    Ankh-Morpork. Es war keine Stadt, sondern ein Apparat, ein Gewicht
    auf der Welt, das das Land im Umkreis Hunderter von Meilen
    verzerrte. Menschen, die Ankh-Morpork nie in ihrem Leben zu sehen
    bekamen, arbeiteten doch dafür. Endlose Grünflächen gehörten ebenso
    dazu wie weite Wälder. Die Stadt zog al es an und fraß…
    … und gab Dung aus den Stäl en zurück und Ruß aus den
    Schornsteinen und Stahl und Kochtöpfe und all die Werkzeuge, mit
    denen ihre Nahrung produziert wurde. Und auch Kleidung und Mode,
    Ideen, interessante Laster, Lieder, Wissen und etwas, das man
    Zivilisation nannte, wenn man es im richtigen Licht betrachtete. Die
    Stadt war das, was die Zivilisation bedeutete.
    Gab es dort draußen sonst noch jemanden, der darüber nachdachte?
    Viele Lieferungen kamen durch das Zwiebeltor und das Latschende
    Tor – beide waren nun republikanisch und fest verschlossen. Bestimmt
    gab es militärische Vorposten in ihrer Nähe. Derzeit waren Wagen
    unterwegs, die die

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