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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sehe«,
    sagte Schnappüber.
    »Freut mich, Herr«, kam es glatt über die Lippen des Sekretärs.
    »So manch grober Stein kann zu einem Edelstein geschliffen werden.«
    »In der Tat, Exzel enz«, sagte der Sekretär. Und er dachte auch In der
    Tat, Exzellenz, denn er wusste, dass es Dinge gab, die man besser nicht dachte, wie zum Beispiel Was für ein Idiot.
    »Wo ist der neue Hauptmann der Wache?«
    »Ich glaube, Hauptmann Carcer weilt auf dem Hinterhof und ermahnt
    die Männer, wobei er sich sehr klar ausdrückt.«
    »Richte ihm aus, dass ich ihn unverzüglich sprechen möchte«, sagte Schnappüber.
    »Gewiss, Herr.«

    Es dauerte eine Weile, die Barrikade zu beseitigen. Stuhlbeine, Bretter,
    Bettgestelle, Türen und Balken bildeten eine dichte, miteinander
    verwobene Masse. Da jedes Stück jemandem gehörte und die
    Bewohner von Ankh-Morpork sehr auf ihr Eigentum achteten, ging die
    Demontage mit einem kol ektiven Streit einher. Wer dem gemeinsamen
    Anliegen einen dreibeinigen Stuhl gestiftet hatte, versuchte nun,
    mehrere Esszimmerstühle fortzutragen.
    Und dann der Verkehr. Wagen, die außerhalb der Stadt angehalten
    worden waren, brachen jetzt auf, um ihren Bestimmungsort zu
    erreichen, bevor Küken aus Eiern schlüpften oder Milch so verdorben
    war, dass sie aufstehen und den Rest des Wegs al ein gehen konnte.
    Man konnte es folgendermaßen beschreiben: Wenn der Verkehr in
    Ankh-Morpork ein Körper gewesen wäre, hätte er einen Infarkt erlitten.
    Feldwebel Colon drückte es so aus: »Man kommt nicht mehr voran,
    weil alle anderen vorankommen wol en.« Was durchaus den Kern der
    Sache traf.
    Einige Wächter halfen beim Abbau der Barrikade, hauptsächlich
    deshalb, um bei den vielen Streitereien über Eigentumsrechte
    einzugreifen. Doch eine Gruppe von ihnen hatte sich am Ende der
    Heldenstraße eingefunden, wo Schnauzi Kakao ausschenkte. Eigentlich
    gab es nicht viel zu tun. Vor einigen Stunden hatten sie gekämpft, und
    jetzt herrschte auf den Straßen solches Gedränge, dass nicht einmal
    Streifengänge möglich waren. Jeder gute Polizist wusste, dass es
    manchmal besser war, niemandem im Weg zu sein, und die
    Konversation drehte sich um die üblichen Fragen, die auf einen Sieg
    folgen: 1) Gibt es mehr Geld? 2) Bekommen wir Medaillen? 3) Geraten
    wir deswegen in Schwierigkeiten? Diese letzte Frage lag in den
    Überlegungen eines Wächters stets auf der Lauer.
    »Eine Amnestie bedeutet, dass wir nichts zu befürchten haben«, sagte
    Dickins. »Sie bedeutet, alle tun so, als wäre gar nichts geschehen.«
    »Na schön«, brummte Wiggel. »Bekommen wir Medaillen? Ich meine,
    wenn wir…« Er konzentrierte sich. »… cou-ra-schierte Verteidiger der
    Freiheit gewesen sind – das klingt ganz nach Medaillen, wenn ihr mich
    fragt.«
    »Ich schätze, wir hätten einfach die ganze Stadt verbarrikadieren
    sollen«, sagte Colon.
    »Ja, Fred«, erwiderte Schnauzi. »Aber dann wären die bösen Buben,
    hnah, bei uns gewesen.«
    »Mag sein«, räumte Fred ein. »Aber wir hätten das Sagen gehabt.«
    Feldwebel Dickins paffte seine Pfeife. »Ihr quasselt nur, Jungs. Es war
    Krieg, und hier sitzt ihr, mit allen euren Armen und Beinen, im
    Sonnenschein der Götter. Das bedeutet es zu siegen. Ihr habt gesiegt,
    kapiert? Der Rest ist nur Zugabe.«
    Eine Zeit lang schwiegen die Wächter, und dann sagte der junge Sam:
    »Aber Nimmernich hat nicht gesiegt.«
    »Wir haben insgesamt fünf Männer verloren«, sagte Dickins. »Zwei
    wurden von Pfeilen getroffen. Einer ist von der Barrikade gefal en, und
    ein anderer hat sich versehentlich selbst die Kehle durchgeschnitten. So
    was passiert.«
    Die anderen starrten ihn groß an.
    »Oh, das überrascht euch?«, fragte Dickins. »Viele aufgebrachte Leute
    an einem Ort, scharfkantige Waffen, Gedränge – unter solchen
    Voraussetzungen muss es zu Zwischenfäl en kommen. Ihr würdet euch
    über die Verluste wundern, zu denen es selbst fünfzig Meilen vom
    Feind entfernt kommen kann. Menschen sterben.«
    »Hatte Nimmernich eine Mutter?«, fragte Sam.
    »Er wuchs bei seiner Oma auf, aber die ist tot«, sagte Wiggel.
    »Gibt es keine Verwandten?«
    »Weiß nicht«, erwiderte Wiggel. »Er hat nie darüber geredet. War
    ohnehin recht schweigsam.«
    »Macht eine Sammlung!«, sagte Dickins mit fester Stimme. »Für
    Kranz, Sarg und so weiter. Überlasst das niemand anderem! Und noch
    etwas…«
    Mumm saß ein wenig abseits und beobachtete die Straße. Überal
    standen Gruppen aus früheren

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