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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erhoffte. Mumm hatte so etwas
    erwartet. Nach einem komplizierten Moment lag Carcer auf dem
    eisernen Gerüst, den einen Arm unter sich, den anderen ausgestreckt –
    Mumm schlug ihn immer wieder gegen das Metall, bis sich das Messer
    aus der Hand löste und wegrutschte.
    »Bei den Göttern, für wie blöd hältst du mich?«, knurrte Mumm. »Du
    wirfst nur dann ein Messer weg, wenn du noch eins hast, Carcer.«
    Mumms Gesicht war ihm jetzt nahe genug, um in die Augen über
    dem munteren Grinsen zu blicken und zu sehen, wie die Dämonen
    winkten.
    »Du tust mir weh, und das ist nicht erlaubt!«
    »Oh, ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt, Carcer«, sagte Mumm.
    »Ich möchte dich vor dem Patrizier sehen und hören, wie du einmal
    etwas zugibst. Ich möchte sehen, wie das verdammte Grinsen aus
    deinem Gesicht verschwindet. Feldwebel Detritus!«
    »Härr!«, rief der Troll vom anderen Dach.
    »Gib ein Signal. Weitere Wächter sol en hierher kommen. Ich bleibe
    mit Carcer hier oben und sorge dafür, dass er keine Zicken macht.«
    »In Ordnung, Herr.« Wieder klapperten bedauernswerte Dachziegel,
    und der Trol verschwand.
    »Du hättest Hauptmann Karotte nicht fortschicken sol en«, brummte
    Carcer. »Es gefällt ihm nicht, Wächter zu sehen, die unschuldige
    Zivilisten schikanieren…«
    »Es stimmt schon, dass er die Feinheiten des tatsächlichen
    Polizeiwesens noch lernen muss«, sagte Mumm und hielt Carcer weiter
    fest. »Außerdem tue ich dir nicht weh, sondern beschütze dich. Ich
    bewahre dich davor, in die Tiefe zu stürzen.«
    Erneut donnerte es. Der Himmel war nicht einfach nur schwarz,
    sondern auch mit rosaroten und purpurnen Flecken gesprenkelt, die wie
    Quetschungen aussahen. Mumm sah, dass sich die Wolken wie
    Schlangen in einem Sack bewegten, während es unentwegt grol te. Er
    fragte sich, ob die Zauberer mit dem Wetter herumgespielt hatten.
    Plötzlich geschah etwas mit der Luft. Sie roch nach verbranntem
    Metal und Feuerstein. Der Wetterhahn am höchsten Punkt der Kuppel
    begann sich zu drehen.
    »Ich halte dich nicht für blöd, Herr Mumm…«
    »Was?«, fragte Mumm und sah nach unten. Carcer lächelte fröhlich.
    »Ich sagte, ich halte dich nicht für dumm, Herr Mumm. Ich wusste,
    dass ein schlauer Polizist wie du damit rechnet, dass ich zwei Messer
    habe.«
    »Ja, genau«, sagte Mumm. Er spürte, wie sich seine Haare aufrichteten
    und versuchten, auf ihrer Spitze zu stehen. Kleine blaue Raupen aus
    Licht knisterten über das eiserne Gerüst der Kuppel und über seine
    Rüstung.
    »Herr Mumm?«
    »Was ist?«, fragte er scharf. Rauch stieg vom Lager des Wetterhahns auf.
    »Ich habe drei Messer, Herr Mumm«, sagte Carcer und hob den Arm.
    Dann kam der Blitz.

    Fenster explodierten, und eiserne Regenrinnen schmolzen. Dächer
    sprangen nach oben und krachten zurück. Gebäude erbebten.
    Dieses Gewitter war über die Ebene gekommen und hatte die
    natürliche Hintergrundmagie vor sich her geschoben. Jetzt lud es sie auf
    einmal ab.
    Nachher hieß es, dass der Blitz den Laden eines Uhrmachers in der
    Straße Schlauer Kunsthandwerker traf, so dass alle Uhren stehen
    blieben. Das war noch gar nichts. In der Bäckerstraße wurden ein Mann
    und eine Frau, die sich überhaupt nicht kannten, elektrisch angezogen
    und mussten nach zwei Tagen anstandshalber heiraten. In der
    Assassinengilde entwickelte der Waffenmeister plötzlich eine
    Anziehungskraft für Metal , mit fatalen Folgen, da er sich zum
    betreffenden Zeitpunkt in der Rüstkammer aufhielt. Eier brieten in
    ihren Körben, Apfel rösteten in den Regalen der Obsthändler. Kerzen
    entzündeten sich selbst. Wagenräder barsten auseinander. Die aus Zinn
    bestehende Badewanne des Erzkanzlers der Unsichtbaren Universität
    löste sich vom Boden, zischte durchs Arbeitszimmer, flog vom Balkon
    und landete einige Stockwerke tiefer auf dem achteckigen Rasen, ohne
    mehr als eine Tasse voll Seifenwasser zu verschütten.
    Erzkanzler Mustrum Ridcul y erstarrte mit der Scheuerbürste auf
    seinem Rücken und blickte sich um.
    Dachziegel fielen zu Boden. Das Wasser im nahen Zierteich kochte.
    Ridcully duckte sich, als ein ausgestopfter Dachs, dessen Herkunft nie
    festgestel t werden konnte, über den Rasen flog und eine
    Fensterscheibe zertrümmerte.
    Er zuckte zusammen, als ihn ein kurzer, unerklärlicher Schauer aus
    Zahnrädern traf, die um ihn herum zu Boden prasselten.
    Er hob die Brauen, als sechs Wächter über den achteckigen Platz
    stürmten und die Treppe

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