Die Nachtwächter
und dort war Carcer. Er steckte
zwischen zwei anderen Schornsteinen, für al e verborgen – nur Mumm
und Knuddel auf dem Kunstturm konnten ihn sehen.
Carcer zielte.
Mumm drehte den Kopf und hielt nach dem Ziel Ausschau.
Etwa fünfzig Meter entfernt kletterte Karotte übers Dach des
Forschungstrakts für hochenergetische Magie.
Der verdammte Narr hatte es noch nie gut verstanden, sich zu
verstecken. Oh, er duckte sich und kroch, aber dadurch wirkte er
irgendwie noch auffälliger. Er beherrschte nicht die Kunst, sich
unsichtbar zu denken. Dort war er nun und stapfte durch das Chaos auf dem Dach, ebenso deutlich zu sehen wie eine große Ente in einer
kleinen Badewanne. Und er hatte sich ohne Unterstützung aufs Dach
begeben.
Narr…
Carcer zielte sorgfältig. Auf dem Dach des Forschungstrakts lagen alte
Ausrüstungsgegenstände al er Art durcheinander, und Karotte befand
sich nun hinter der erhöhten Plattform mit den so genannten
»Zaubererkugeln« – sie leiteten überschüssige Magie ab, wenn bei
Experimenten weiter unten etwas schief ging, was recht häufig geschah.
Hinter der Plattform bot Karotte kein besonders gutes Ziel.
Mumm hob seine Armbrust.
Donner… rol te. Es klang nach einem gewaltigen Eisenwürfel, der
über die Treppe der Götter rol te, ein knisterndes, grol endes Krachen,
das den Himmel zerriss und die Gebäude der Stadt erzittern ließ.
Carcer sah auf und bemerkte Mumm.
»Was machsn da, Kumpel?«
Knuddel wich nicht von dem Fernrohr zurück. Selbst eine
Brechstange hätte ihn jetzt nicht davon trennen können.
»Haltet die Klappe, ihr blöden Raben!«, brummte er.
Beide Männer hatten geschossen und das Ziel verfehlt, weil sie
bestrebt gewesen waren, gleichzeitig zu schießen und in Deckung zu
gehen.
Etwas Hartes klopfte an Knuddels Schulter.
»Was isn los da unten, Kumpel?«, erklang eine beharrliche Stimme.
Knuddel drehte den Kopf. Mehr als zehn verwahrloste Raben
standen hinter ihm und sahen aus wie alte Männer in schlecht sitzenden
schwarzen Mänteln. Sie waren die besonderen Vögel des Kunstturms.
Über Hunderte von Generationen hatten sie in einer Umgebung mit
hoher magischer Strahlung gelebt, was die schon von Natur aus recht
intelligenten Tiere noch intelligenter werden ließ. Allerdings wurden sie
nie in dem Sinne gescheit. Die Intelligenz dieser Raben war eher eine
beharrliche Dummheit, durchaus angemessen für Geschöpfe, für die
das aufregende Panorama der Stadt tief unten eine Art Fernsehen
darstellte.
»Haut ab !«, rief Knuddel und wandte sich wieder dem Fernrohr zu. Er sah Carcer laufen, und Mumm folgte ihm, und dann kam der Hagel…
Er machte die Welt weiß. Er hämmerte auf das Dach des Kunstturms
und ließ Knuddels Helm dröhnen. Hagelkörner so groß wie sein Kopf
pral ten vom Gestein ab und trafen ihn von unten. Er fluchte, schirmte
sich das Gesicht mit den Armen ab und wurde andauernd von Splittern
getroffen – jeder von ihnen stel te eine Zukunft vol er Schmerzen in
Aussicht –, als er über das rol ende Eis glitt. Er gelangte zu einem
efeuverhangenen Bogen zwischen zwei Türmchen, wo der Reiher
Zuflucht gesucht hatte, und dort ging er in Deckung. Zwar trafen ihn
auch hier umherfliegende Bruchstücke von Hagelkörnern, aber
wenigstens konnte er sehen und atmen.
Ein Schnabel stieß hart gegen seinen Rücken.
»Was passiert’n jetzt, Kumpel?«
Carcer landete schwer auf dem Bogen zwischen dem Studentenhaus
und den Hauptgebäuden, verlor auf den Ziegeln fast das Gleichgewicht
und zögerte. Der Armbrustbolzen eines Wächters weiter unten streifte
sein Bein.
Mumm ließ sich hinter Carcer auf den Bogen fal en, als der Hagel
begann.
Die beiden Männer fluchten und rutschten, als einer dem anderen
über den Bogen folgte. Carcer erreichte eine Efeuranke, die zum Dach
der Bibliothek führte, und sofort kletterte er daran empor. Eis brach
unter ihm.
Mumm griff nach dem Efeu, als Carcer auf dem flachen Dach
verschwand. Er drehte den Kopf, als er ein Krachen hinter sich hörte,
und sah Karotte, der versuchte, sich über die Mauer des
Forschungstrakts zu nähern. Der Hagel umgab ihn mit einem Schein
aus Eissplittern.
»Bleib dort!«, rief Mumm.
Karottes Antwort verlor sich im Prasseln.
Mumm winkte und griff nach dem Efeu, als sein Fuß rutschte. »Bleib
da!«, schrie er. »Das ist ein Befehl ! Komm nicht näher!« Dann zog er sich am nassen, kalten Efeu hoch.
Der Wind ließ nach, und letzte Hagelkörner pral
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