Die Nachtwächter
hat dich bis auf die Unterhose ausgezogen und dich
auf der Straße liegen gelassen«, sagte sie. »Ich habe einige passende
Sachen bei mir gefunden. Es ist erstaunlich, was die Leute al es
zurücklassen.«
»Wer hat meine Rüstung genommen?«
»Namen kenne ich nicht«, sagte die Frau. »Ich sah einige Männer, die
mit irgendwelchen Dingen davonliefen.«
»Gewöhnliche Diebe? Haben sie keine Quittung hinterlassen?«
»Nein!« Die Frau lachte. »Warum sollten sie?«
»Dürfen wir irgendwelche Fragen stellen?«, ließ sich der Doktor
vernehmen, während er seine Instrumente reinigte.
Dies war nicht richtig…
»Nun, ich meine… danke, ja«, sagte Mumm.
»Wie heißt du?«
Mumms Hand verharrte auf halbem Weg zum Gesicht. »Soll das
heißen, du kennst mich nicht?«
»Sol ten wir dich kennen?«, fragte der Doktor.
Dies war nicht richtig…
»Wir sind hier doch in Ankh-Morpork, oder?«, vergewisserte sich
Mumm.
»Äh, ja.« Der Doktor wandte sich an die Frau. »Er hat einen Schlag an
den Kopf bekommen, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm
ist.«
»Ich vergeude meine Zeit«, sagte die Frau. »Wer bist du?«
Alle in der Stadt kannten Mumm. Bei der Gilde der Näherinnen war
das zweifellos der Fal . Und der Doktor schien nicht dumm zu sein.
Vielleicht war dies nicht der geeignete Zeitpunkt, um die Wahrheit zu
sagen. Möglicherweise befand er sich hier an einem Ort, der für einen
Polizisten ungesund sein konnte. Es mochte Gefahren mit sich bringen,
Mumm zu sein.
»Keel«, sagte er. Der Name fiel ihm einfach so ein. Den ganzen Tag
über, seit der Fliederblüte, hatte er dicht unter der Oberfläche seines
Denkens gewartet.
»Ja, gut«, sagte die Frau und lächelte. »Möchtest du dir auch einen
Vornamen einfallen lassen?«
»John«, sagte Mumm.
»Sehr originell. Nun… John, es ist keine Seltenheit, dass hier
halbnackte Männer in den Straßen liegen. Und komischerweise
möchten sie nicht ihren wahren Namen oder ihren Wohnort nennen.
Du bist nicht der Erste, den Dr. Rasen hier zusammengeflickt hat. Ich
bin Rosie. Und jetzt ist eine kleine Gebühr fäl ig, verstehst du? Für uns
beide.«
»Schon gut, ich weiß, wie das läuft«, sagte Mumm und hob die Hände.
»Dies sind die Schatten, stimmt’s?« Beide nickten. »Na gut. Danke. Ich
habe natürlich kein Geld dabei, aber wenn ich nach Hause komme…«
»Ich begleite dich.« Die Frau reichte ihm einen längst aus der Mode
geratenen Mantel und ein Paar uralte Stiefel. »Ich möchte nicht, dass du
unterwegs Probleme bekommst, zum Beispiel durch einen plötzlichen
Gedächtnisschwund.«
Mumm nickte, aber vorsichtig. Sein Gesicht schmerzte, und er fühlte
sich überal wund, und er trug Sachen, die nach einem Abort stanken.
Er wol te zum Wachhaus zurück, sich dort waschen, umziehen und
einen kurzen Bericht schreiben, bevor er heimkehrte. Diese junge
Dame konnte eine Nacht in der Zelle verbringen und am nächsten Tag
der Näherinnengilde übergeben werden. Dort hielt man nichts von
Geldschneiderei dieser Art. So etwas war schlecht fürs Geschäft.
»Na schön«, sagte er und zog die Stiefel an. Sie waren zu eng, und die
Sohlen bestanden aus dünner, feuchter Pappe.
Dr. Rasen winkte vage und schien seinen Patienten damit zu
entlassen. »Er gehört dir, Rosie. Trag die Klappe einige Tage, Herr
Keel. Mit ein wenig Glück ist das Auge danach in Ordnung. Jemand hat
mit einem sehr scharfen Messer zugestoßen. Ich habe mir al e Mühe
gegeben, und die Naht ist gut, aber es wird eine scheußliche Narbe
zurückbleiben.«
Erneut hob Mumm die Hand und tastete nach der Augenklappe.
»Und rühr das Ding nicht an!«, sagte Rasen scharf.
»Komm jetzt… John«, sagte Rosie. »Bringen wir dich nach Hause.«
Sie trat nach draußen. Wasser tropfte von den Dachvorsprüngen, aber
der Regen hatte nachgelassen.
»Ich wohne auf der anderen Seite des Pseudopolisplatzes«, sagte
Mumm.
»Geh voraus«, sagte Rosie.
Sie hatten noch nicht das Ende der Straße erreicht, als Mumm zwei
dunkle Gestalten bemerkte, die ihnen folgten. Er wol te sich umdrehen,
aber Rosie schloss die Hand um seinen Arm und hinderte ihn daran.
»Lass sie in Frieden, und sie lassen dich in Frieden«, sagte sie. »Sie
begleiten uns nur zum Schutz.«
»Zu meinem oder deinem Schutz?«
Rosie lachte. »Zu unser beider.«
»Ja, geh nur weiter, werter Herr, und wir sind so leise wie kleine
Mäuse«, ertönte eine schrille Stimme hinter ihnen. Eine etwas
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