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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hat dich bis auf die Unterhose ausgezogen und dich
    auf der Straße liegen gelassen«, sagte sie. »Ich habe einige passende
    Sachen bei mir gefunden. Es ist erstaunlich, was die Leute al es
    zurücklassen.«
    »Wer hat meine Rüstung genommen?«
    »Namen kenne ich nicht«, sagte die Frau. »Ich sah einige Männer, die
    mit irgendwelchen Dingen davonliefen.«
    »Gewöhnliche Diebe? Haben sie keine Quittung hinterlassen?«
    »Nein!« Die Frau lachte. »Warum sollten sie?«
    »Dürfen wir irgendwelche Fragen stellen?«, ließ sich der Doktor
    vernehmen, während er seine Instrumente reinigte.
    Dies war nicht richtig…
    »Nun, ich meine… danke, ja«, sagte Mumm.
    »Wie heißt du?«
    Mumms Hand verharrte auf halbem Weg zum Gesicht. »Soll das
    heißen, du kennst mich nicht?«
    »Sol ten wir dich kennen?«, fragte der Doktor.
    Dies war nicht richtig…
    »Wir sind hier doch in Ankh-Morpork, oder?«, vergewisserte sich
    Mumm.
    »Äh, ja.« Der Doktor wandte sich an die Frau. »Er hat einen Schlag an
    den Kopf bekommen, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm
    ist.«
    »Ich vergeude meine Zeit«, sagte die Frau. »Wer bist du?«
    Alle in der Stadt kannten Mumm. Bei der Gilde der Näherinnen war
    das zweifellos der Fal . Und der Doktor schien nicht dumm zu sein.
    Vielleicht war dies nicht der geeignete Zeitpunkt, um die Wahrheit zu
    sagen. Möglicherweise befand er sich hier an einem Ort, der für einen
    Polizisten ungesund sein konnte. Es mochte Gefahren mit sich bringen,
    Mumm zu sein.
    »Keel«, sagte er. Der Name fiel ihm einfach so ein. Den ganzen Tag
    über, seit der Fliederblüte, hatte er dicht unter der Oberfläche seines
    Denkens gewartet.
    »Ja, gut«, sagte die Frau und lächelte. »Möchtest du dir auch einen
    Vornamen einfallen lassen?«
    »John«, sagte Mumm.
    »Sehr originell. Nun… John, es ist keine Seltenheit, dass hier
    halbnackte Männer in den Straßen liegen. Und komischerweise
    möchten sie nicht ihren wahren Namen oder ihren Wohnort nennen.
    Du bist nicht der Erste, den Dr. Rasen hier zusammengeflickt hat. Ich
    bin Rosie. Und jetzt ist eine kleine Gebühr fäl ig, verstehst du? Für uns
    beide.«
    »Schon gut, ich weiß, wie das läuft«, sagte Mumm und hob die Hände.
    »Dies sind die Schatten, stimmt’s?« Beide nickten. »Na gut. Danke. Ich
    habe natürlich kein Geld dabei, aber wenn ich nach Hause komme…«
    »Ich begleite dich.« Die Frau reichte ihm einen längst aus der Mode
    geratenen Mantel und ein Paar uralte Stiefel. »Ich möchte nicht, dass du
    unterwegs Probleme bekommst, zum Beispiel durch einen plötzlichen
    Gedächtnisschwund.«
    Mumm nickte, aber vorsichtig. Sein Gesicht schmerzte, und er fühlte
    sich überal wund, und er trug Sachen, die nach einem Abort stanken.
    Er wol te zum Wachhaus zurück, sich dort waschen, umziehen und
    einen kurzen Bericht schreiben, bevor er heimkehrte. Diese junge
    Dame konnte eine Nacht in der Zelle verbringen und am nächsten Tag
    der Näherinnengilde übergeben werden. Dort hielt man nichts von
    Geldschneiderei dieser Art. So etwas war schlecht fürs Geschäft.
    »Na schön«, sagte er und zog die Stiefel an. Sie waren zu eng, und die
    Sohlen bestanden aus dünner, feuchter Pappe.
    Dr. Rasen winkte vage und schien seinen Patienten damit zu
    entlassen. »Er gehört dir, Rosie. Trag die Klappe einige Tage, Herr
    Keel. Mit ein wenig Glück ist das Auge danach in Ordnung. Jemand hat
    mit einem sehr scharfen Messer zugestoßen. Ich habe mir al e Mühe
    gegeben, und die Naht ist gut, aber es wird eine scheußliche Narbe
    zurückbleiben.«
    Erneut hob Mumm die Hand und tastete nach der Augenklappe.
    »Und rühr das Ding nicht an!«, sagte Rasen scharf.
    »Komm jetzt… John«, sagte Rosie. »Bringen wir dich nach Hause.«
    Sie trat nach draußen. Wasser tropfte von den Dachvorsprüngen, aber
    der Regen hatte nachgelassen.
    »Ich wohne auf der anderen Seite des Pseudopolisplatzes«, sagte
    Mumm.
    »Geh voraus«, sagte Rosie.
    Sie hatten noch nicht das Ende der Straße erreicht, als Mumm zwei
    dunkle Gestalten bemerkte, die ihnen folgten. Er wol te sich umdrehen,
    aber Rosie schloss die Hand um seinen Arm und hinderte ihn daran.
    »Lass sie in Frieden, und sie lassen dich in Frieden«, sagte sie. »Sie
    begleiten uns nur zum Schutz.«
    »Zu meinem oder deinem Schutz?«
    Rosie lachte. »Zu unser beider.«
    »Ja, geh nur weiter, werter Herr, und wir sind so leise wie kleine
    Mäuse«, ertönte eine schrille Stimme hinter ihnen. Eine etwas

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