Die Nachtwächter
klar sein muss, dass es dich gleich
in die Nieren trifft. Wir fühlen deinen Schmerz, und er gefäl t uns…
Er blieb stehen, sonst wäre er gegen jemanden gestoßen. Auf beiden
Straßenseiten wurden Türen und Fenster geöffnet – die läutende
Glocke hatte al e geweckt.
»‘nabend«, sagte Mumm.
* Wie eine Patsche, nur noch schmerzhafter.
»Guten Abend, Euer Gnaden«, erklang eine Stimme aus der
Geschichte. »Wie schön, einen alten Freund wiederzusehen.«
Mumm stöhnte innerlich. Das Schlimmste, was passieren konnte, war
gerade passiert. »Carcer?«
»Es heißt Feldwebel Carcer, besten Dank. Komisch, wie sich die Dinge manchmal entwickeln. Wie sich herausstel te, bin ich bestens zum
Polizisten geeignet. Man gab mir einen neuen Anzug und ein Schwert,
und ich bekomme fünfundzwanzig Dollar im Monat. Jungs, das ist der
Mann, von dem ich euch erzählt habe.«
»Warum nennst du ihn ›Euer Gnaden‹, Chef?«, fragte einer der
schattenhaften Männer.
Carcers Blick blieb auf Mumms Gesicht gerichtet. »Es ist ein kleiner
Scherz. Dort, woher wir kommen, nannten ihn al e Herzog«, erklärte er.
Mumm beobachtete, wie er in die Tasche griff und seine Hand kurz
darauf mit einem Gegenstand zum Vorschein kam, der messingfarben
glänzte. »Es war eine Art Spitzname, nicht wahr… Herzog? Der Junge
soll endlich aufhören, die Glocke zu läuten.«
»Hör auf damit, Gefreiter«, brummte Mumm. Das Gebimmel hatte
ohnehin seinen Zweck erfüllt und der Szene ein stilles Publikum
gegeben. Was allerdings nicht bedeutete, dass es für Carcer einen
Unterschied machte. Er hätte jemanden voller Genuss mitten in einer
vol en Arena erstochen, um sich anschließend umzusehen und zu
sagen: »Wer, ich?« Doch die Männer hinter ihm waren so nervös wie
Kakerlaken, die sich fragten, wann es hel wurde.
»Keine Sorge, Herzog«, sagte Carcer und schob die Finger in den
Schlagring aus Messing. »Ich habe den Jungs von dir und mir erzählt.
Von unserer langen, ha, Bekanntschaft und dem ganzen Kram, haha.«
»Ach?«, erwiderte Mumm. Es war wohl kaum eine preisverdächtige
schlagfertige Antwort, aber Carcer wol te offenbar reden. »Und wie bist
du zum Feldwebel geworden, Carcer?«
»Wie ich hörte, suchte man Polizisten mit neuen Ideen«, sagte Carcer.
»Und der nette Hauptmann Schwung sprach mit mir und meinte, ich sei
zweifellos ein ehrlicher Mann, der Pech gehabt hatte. Er maß mich mit
seinem Greifzirkel und dem Lineal und der ganzen Geometrie, und das
Ergebnis, so sagte er, sei der Beweis dafür, dass ich kein krimineller Typ bin. Er ist davon überzeugt, dass meine Umgebung Schuld hat.«
»Meinst du die vielen Leichen, die überal dort herumliegen, wo du
gewesen bist?«, fragte Mumm.
»Guter Witz, Herzog, haha.«
»Und du hattest neue Ideen?«
»Nun, er mochte eine von ihnen«, sagte Carcer und kniff die Augen
zusammen. »Wie sich herausstel te, hatte er keine Ahnung vom
Ingwerbier-Trick.«
Der Ingwerbier-Trick. Das setzte der Sache die Krone auf.
Jahrhundertelang hatten es Folterer versäumt, den Ingwerbier-Trick zu
erfinden, und Carcer hatte ihn einem skrupel osen Wahnsinnigen wie
Hauptmann Schwung verraten.
»Der Ingwerbier-Trick«, sagte Mumm. »Bravo, Carcer. Du bist genau
das, wonach Schwung gesucht hat. Ein absoluter Mistkerl.«
Carcer grinste, als hätte ihm Mumm ein Kompliment gemacht. »Ja,
ich habe die Jungs bereits darauf hingewiesen, dass du sauer auf mich
bist, weil ich einen Laib Brot gestohlen habe.«
»Ich bitte dich, Carcer«, sagte Mumm. »Das passt nicht zu dir. Du
hast nie in deinem Leben einen Laib Brot gestohlen. Den Bäcker
ermorden und die ganze Bäckerei klauen – das ist eher dein Stil.«
»Ein echter Spaßvogel?« Carcer zwinkerte seinen Männern zu und
deutete auf Mumm. Dann holte er plötzlich aus und hieb dem Mann an
seiner Seite in die Magengrube.
»Du hast mich nicht ›Chef‹ zu nennen, sondern ›Feldwebel‹«, zischte
er. »Ist das klar?«
Der Mann auf dem Boden stöhnte.
»Ich nehme das als ein ›ja‹, haha«, sagte Carcer, streifte den Schlagring
ab und ließ ihn in der Tasche verschwinden. »Nun, die Sache ist die,
Herzog… Du hast da einen meiner Männer. Wie wär’s, wenn du ihn
mir überlässt, und Schwamm drüber?«
»Was ist los, Oberfeldwebel?«
Die Stimme ertönte hinter Mumm. Er drehte sich um und erkannte
Wiggel und Skutts. Sie sahen aus wie Männer, die einen weiten Weg
gelaufen waren und jetzt versuchten, lässig und
Weitere Kostenlose Bücher