Die Nachtwächter
sagte er.
»Und ich bin Oberfeldwebel, und ich habe gesagt, dass wir ihn zur Wache bringen, Feldwebel Carcer. Ganz offiziell.«
Carcer nickte in Richtung des jungen Gefreiten, so unmerklich, dass
nur Mumm es sah. Und er senkte die Stimme.
»Aber jetzt halte ich alle Trümpfe in der Hand, Herzog«, sagte er.
»Aber jetzt spiele ich keine Karten mehr, Carcer. Wir könnten es hier
zum Krach kommen lassen, und wer weiß, wie er ausginge? Aber eins
steht fest: Morgen wärst du kein Feldwebel mehr. Und wenn du
glaubst, al e Trümpfe in der Hand zu haben, dann kannst du es dir
leisten, den Einsatz zu erhöhen.«
Ein oder zwei Sekunden starrte Carcer ihn groß an. Dann zwinkerte
er und drehte sich halb um.
»Ich habe ja gesagt, dass man sich vor ihm in Acht nehmen muss«,
wandte er sich ans Publikum. Er gab Mumm einen verschwörerischen
Rippenstoß. »Musst immer ausprobieren, wie weit du gehen kannst! Na
schön, Oberfeldwebel. Du sol st deinen Willen haben. Wäre schade,
wenn ihr Nachtnarren ganz mit leeren Händen dasteht. Haha. In einer
Stunde oder so lasse ich ihn abholen.«
Ja, richtig, gib mir Zeit, zu schwitzen und mich zu fragen, ob ich
einfach aufhöre zu existieren, wenn du dem Jungen die Kehle
durchschneidest, dachte Mumm. Das Dumme ist, ich schwitze
tatsächlich.
Er straffte sich und deutete zum Gefangenenwagen. »Ich bringe ihn
zusammen mit meinen Jungs zurück«, sagte er. »Es ist Zeit für unsere Kakaopause, verstehst du? Hilf mir, Keule! Hast du noch andere
Passagiere, Fred?«
»Nur einen Betrunkenen, Oberfeldwebel. Hat dauernd gekotzt.«
»Na schön. Wir legen den Gefangenen hinten rein und halten uns
außen fest.« Mumm nickte Carcer zu. »Ich bin sicher, dass wir uns bald
wiederbegegnen, Feldwebel.«
»Ja«, sagte Carcer, und das schelmische Lächeln kehrte auf seine
Lippen zurück. »Pass gut auf dich auf!«
Mumm sprang auf die Seite des Wagens, als dieser vorbeirumpelte,
und er sah nicht einmal zurück. Das musste man Carcer lassen: Er
schoss einem nicht in den Rücken, wenn er sich bald die Chance
erhoffte, einem die Kehle durchzuschneiden.
Nach einer Weile fragte Obergefreiter Wiggel, der sich neben Mumm
am wackelnden Wagen festhielt: »Was ist dort drüben passiert,
Oberfeldwebel? Kennst du den Burschen?«
»Ja. Er hat zwei Polizisten umgebracht. Einer versuchte ihn zu
verhaften, und der andere war nicht im Dienst und aß eine Pastete.
Außerdem hat er noch andere Leute auf dem Gewissen.«
»Aber er ist Polizist!«
»Schwung hat ihm einen Job gegeben, Wiggel.«
Plötzlich schien das Rasseln der Räder viel lauter zu werden. Die
anderen Wächter lauschten aufmerksam.
»Bist du schon lange in der Wache, Obergefreiter?«, fragte Mumm.
»Seit zwei Jahren, Oberfeldwebel«, antwortete Wiggel. »Hab früher
beim Markt Obst geschleppt, aber ich bekam Rückenschmerzen,
außerdem schlug mir die Kälte des Morgens auf die Brust.«
»Ich habe gar nichts von umgebrachten Polizisten gehört«, sagte
Gefreiter Mumm.
»Es geschah nicht hier, Junge. Es passierte an einem weit entfernten
Ort.«
»Und du warst da?«
»Ich kannte die Polizisten, ja.«
Wieder änderte sich die Stimmung auf dem Wagen. Die Wächter
gaben keinen Ton von sich, aber über ihnen hing ein »Ah-ha« in der
Luft.
»Bist du ihm hierher gefolgt, um ihm das Handwerk zu legen?«, fragte
Wiggel.
»So in der Art.«
» Wir hörten, dass du aus Pseudopolis kommst, Oberfeldwebel«, sagte Sam.
»Ich komme von vielen Orten.«
»Donnerwetter!«, sagte Sam.
»Er hat einen Polizisten getötet, der eine Pastete aß?«, fragte Fred
Colon vom Kutschbock.
»Ja.«
»So ein Mistkerl! Was war das für eine Pastete?«
»Darüber gaben die Zeugen keine Auskunft«, log Mumm. Dies war
das alte Ankh-Morpork. Die hiesigen Zwerge stellten eine Minderheit dar und hielten den Kopf unten… noch weiter unten als sonst. Es gab
noch keine Imbissbuden, die die ganze Nacht geöffnet hatten und
Rattenpastete anboten.
Wiggel wirkte nachdenklich. »Es werden Unaussprechliche kommen,
um den von dir verhafteten Burschen abzuholen, Oberfeldwebel«, sagte
er.
»Möchtest du den Rest der Nacht frei haben, Obergefreiter?«, fragte
Mumm. Die anderen Wächter lachten nervös. Arme Teufel, dachte
Mumm. Man wurde zu einem Wächter, weil die Bezahlung gut war und
man keine schweren Dinge heben musste. Und plötzlich zeichneten
sich Probleme ab.
»Was willst du dem Mann zur Last legen, Oberfeldwebel?«,
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