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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fragte
    Sam.
    »Versuchten tätlichen Angriff auf einen Wächter. Du hast die Messer
    gesehen.«
    »Aber du hast ihn getreten.«
    »Stimmt, das habe ich ganz vergessen. Also werfen wir ihm auch
    Widerstand gegen die Verhaftung vor.«
    Erneut lachten die Wächter. Wir, die wir uns dem Tode nahe fühlen,
    lachen über alles.
    Was für ein Haufen. Ich kenne euch, meine Herren. Ihr gehört zur
    Nachtwache, weil ihr ein ruhiges Leben liebt, und wegen der Pension.
    Ihr lauft nicht zu schnell, um das Risiko zu umgehen, dass die Gefahr
    noch da ist, wenn ihr den Ort des Geschehens erreicht. Und das
    Schlimmste, das ihr erwartet, ist ein widerspenstiger Betrunkener oder
    eine besonders sture Kuh. Die meisten von euch sind nicht einmal
    Polizisten, nicht im Kopf. Im Meer des Abenteuers schwimmt ihr ganz
    unten.
    Und jetzt herrscht plötzlich Krieg, und ihr steckt in der Mitte, weder
    auf der einen noch auf der anderen Seite. Ihr seid eine kleine Gruppe
    dummer Nachtnarren und nicht einmal Verachtung wert. Aber glaubt
    mir, Jungs – ihr werdet aufsteigen.

    Nachdem es in der Morphischen Straße still geworden war, regte sich
    ein oder zwei Minuten lang nichts.
    Dann kam eine Kutsche um die Ecke. Sie wirkte sehr vornehm, und
    wo bei anderen Kutschen Laternen hingen, brannten Fackeln. Als sie
    auf dem Kopfsteinpflaster hin und her schlingerte, schienen sich die
    Flammen zickzackförmig in die Länge zu ziehen und rauchiger zu
    werden.
    Wenn ihr Licht überhaupt etwas verriet, so dies: Die Kutsche schien
    mit violettem Livree herausgeputzt zu sein. Und sie lastete recht schwer
    auf den Rädern.
    Sie hielt in der Nähe der Stelle an, wo Mumm den Wächter verhaftet
    hatte. Mumm glaubte, viel über verdächtige Schatten in der Dunkelheit
    zu wissen, aber die beiden dunklen Gestalten, die aus der Finsternis
    eines Türeingangs ins Licht der Fackeln traten, hätten ihn überrascht.
    Die Kutschentür schwang auf.
    »Seltsame Neuigkeiten, verehrte Dame«, sagte einer der Schatten.
    »Sehr seltsame Neuigkeiten, Schätzchen«, sagte der andere Schatten.
    Sie stiegen ein, und die Kutsche rollte davon.

    Mumm war beeindruckt von der Art, wie die Männer beim Wachhaus
    reagierten, ohne dass er Anweisungen erteilte. Wiggel und Skutts
    sprangen sofort zu Boden, als der Wagen den Hof erreichte, und zogen
    das Tor zu.
    Im Innern des Gebäudes schlossen Colon und Keule die
    Fensterläden. Keule eilte zur Waffenkammer und kehrte mit
    Armbrüsten zurück. Alles geschah recht schnell und mit einem für die
    beteiligten Männer erstaunlich hohen Maß an Präzision.
    Mumm wandte sich an sein jüngeres Selbst. »Bitte kümmere dich um
    den Kakao, Junge«, sagte er. »Ich möchte nichts versäumen.«
    Er setzte sich und legte die Füße auf den Schreibtisch, als Colon die
    Tür abschloss und Keule den Riegel vorschob.
    Dies passiert, dachte Mumm. Obgleich es vorher nicht geschehen
    war. Zumindest nicht genau auf diese Weise. Diesmal gelang den
    Verschwörern der Morphischen Straße die Flucht. Sie wurden nicht
    von den Unaussprechlichen überrascht. Es gab keinen Kampf. Der
    Anblick so vieler Polizisten muss ihnen einen enormen Schrecken
    eingejagt haben. Es waren ohnehin nur wenige, Sprücheklopfer und
    Drückeberger und Mitläufer, Leute, die sich hinter dem armen Irren
    zusammendrängen, der das Wort führt, »Ja, genau!« rufen und sofort
    wegrennen, wenn’s ernst wird. Bei der Razzia waren einige Personen
    gestorben und andere entkommen, und eins hatte wie üblich zum
    anderen geführt. Aber diesmal gab es keine Razzia, weil ein dämlicher
    Oberfeldwebel zu viel Lärm gemacht hatte…
    Zwei verschiedene Gegenwarten. Die eine Vergangenheit, die andere
    Zukunft…
    Ich weiß nicht, was als Nächstes geschehen wird.
    Al erdings kann ich mir das eine oder andere denken.
    »Gut gemacht, Jungs«, sagte Mumm und stand auf. »Ihr sorgt weiter
    dafür, dass wir hier drin in der Fal e sitzen, und ich gebe dem Alten
    Bescheid…«
    Er hörte das verwirrte Murmeln hinter sich, als er die Treppe
    hinaufging.
    Hauptmann Tilden saß an seinem Schreibtisch und starrte an die
    Wand. Mumm hustete laut und salutierte.
    »Wir hatten da eine kleine…«, begann er und unterbrach sich, als
    Tilden ihm ein aschfahles Gesicht zuwandte. Er schien ein Gespenst
    gesehen zu haben, und zwar im Spiegel.
    »Hast du die Neuigkeiten gehört?«
    »Herr?«
    »Der Tumult bei den Tollen Schwestern«, sagte Tilden. »Vor nur zwei
    Stunden.«
    Es ist alles zu nahe, dachte Mumm, als er

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