Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
wirklich aus Pseudopolis?« Madame lächelte. »Ich
    persönlich finde, dass es sich immer auszahlt, nicht von einem nahen
    Ort zu kommen. Das macht das Leben viel einfacher. Aber ich bin
    lange in Gennua gewesen, denn dort habe ich… geschäftliche
    Interessen.« Sie lächelte erneut. »Und jetzt denkst du vermutlich ›alte
    Näherin‹.«
    »Eigentlich habe ich ›Maßschneiderei‹ gedacht«, erwiderte Mumm,
    und die Frau lachte. »Aber mein wichtigster Gedanke war
    ›revolutionär‹.«
    »Sprich nur weiter, Oberfeldwebel.« Madame stand auf. »Hast du was
    dagegen, wenn ich mir ein wenig Sekt genehmige? Ich würde dir gern
    ein Glas anbieten, aber du trinkst nicht, soweit ich weiß.«
    Mumm blickte auf das bis zum Rand gefül te Whiskyglas. »Nur ein
    kleiner Test«, sagte Madame und zog eine große Flasche aus einem
    Eiskübel mit industrieller Kapazität.
    »Du bist kein Feldwebel. Auch kein Oberfeldwebel – Rosie hat Recht.
    Du bist Offizier gewesen. Und mehr als nur ein alter Offizier. Du
    wirkst sehr gefasst, Oberfeldwebel Keel. Hier sitzt du, in einem großen Haus, im Boudoir einer Dame, in Gesel schaft einer Frau mit
    fragwürdiger Tugend.« Madame leerte die Flasche in einen großen,
    blauen Becher mit einem Teddybär. »Und du scheinst die Gelassenheit
    selbst zu sein. Woher kommst du? Übrigens darfst du rauchen.«
    »Ich komme von einem weit entfernten Ort.«
    »Überwald?«
    »Nein.«
    »Ich habe… geschäftliche Interessen in Überwald«, sagte Madame.
    »Leider wird die Situation dort instabil.«
    »Oh, ich verstehe«, erwiderte Mumm. »Du möchtest deine
    geschäftlichen Interessen, die eine bedeutungsvol e Pause verdienen,
    auf Ankh-Morpork ausweiten, falls die hiesige Situation stabilisiert
    werden kann.«
    » Sehr gut. Sagen wir: Ich glaube, dass diese Stadt eine wundervol e Zukunft hat, und ich würde gern daran teilhaben. Und du bist
    erstaunlich scharfsinnig.«
    »Nein«, sagte Mumm. »Ich bin ganz simpel. Ich weiß nur, wie die
    Dinge funktionieren. Ich folge nur dem Geld. Winder ist ein Irrer, und
    so was ist nicht gut fürs Geschäft. Seine Spezis sind Verbrecher, und so
    was ist auch nicht gut fürs Geschäft. Ein neuer Patrizier braucht neue
    Freunde, Personen mit Weitblick, die an einer wundervol en Zukunft
    teilhaben möchten. An einer, die gut fürs Geschäft ist. So läuft das.
    Treffen in Zimmern. Ein wenig Diplomatie, einige Kompromisse, ein
    Versprechen hier, eine Vereinbarung dort. So laufen echte
    Revolutionen. Der Kram in den Straßen ist nur Schaum…« Mumm
    nickte in Richtung der Doppeltür. »Gäste zum späten Abendessen? Das
    war Doktor Fol etts Stimme. Ein kluger Mann, so hieß es – so heißt es
    von ihm. Er wird sich für die richtige Seite entscheiden. Wenn du die
    Unterstützung der großen Gilden hast, ist Winder bereits so gut wie tot.
    Aber Schnappüber nützt euch kaum was.«
    »Viele Leute setzen große Hoffnungen in ihn.«
    »Was glaubst du?«
    »Ich halte ihn für einen intriganten, selbstsüchtigen Narren. Aber
    derzeit gibt es keinen besseren Mann. Und wo kommst du ins Spiel,
    Oberfeldwebel?«
    »Ich? Ich halte mich raus. Du hast nichts, das für mich von Interesse
    wäre.«
    »Du willst nichts ?«
    »Oh, ich wünsche mir viele Dinge, Teuerste. Aber du kannst sie mir
    nicht geben.«
    »Wie wäre es, wieder das Kommando zu führen?«
    Die Frage traf ihn wie ein Hammer. Dies war Geschichte. Die Frau
    konnte unmöglich Bescheid wissen.
    »Ah«, sagte Madame, die Mumms Gesichtsausdruck beobachtet hatte.
    »Rosemarie meinte, Diebe hätten dir eine sehr teure Rüstung
    abgenommen. Einem General angemessen, wie ich hörte.«
    Sie hielt den Blick auf Mumm gerichtet, als sie eine zweite Flasche
    öffnete. Und zwar auf korrekte Weise, wie Mumm trotz des Schocks
    feststellte. Nicht das dilettantische Theater mit fliegenden Korken und
    vergeudeten Bläschen.
    »Wäre das nicht seltsam, wenn es der Wahrheit entspräche?«,
    überlegte Madame. »Ein Straßenkämpfer mit dem Gebaren eines
    Kommandeurs und dem Brustharnisch eines Anführers.«

Mumm blickte starr geradeaus.
    »Und wer muss wissen, wie er hierher gekommen ist?«, fragte
    Madame die leere Luft. »Wir könnten der Ansicht sein, dass du dich
    dafür eignest, das Kommando über die Stadtwache zu führen.«
    Der erste Gedanke, der wie Sekt in Mumms Kopf sprudelte, lautete:
    Meine Güte, ich könnte es schaffen! Ich könnte Schwung
    rausschmeißen, einige anständige Feldwebel befördern…
    Der zweite

Weitere Kostenlose Bücher