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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Man brauchte Lektionen
    über Pflicht, die Rechte von Gefangenen und den »Dienst für die
    Öffentlichkeit«. Und danach konnte man sie den Straßenungeheuern
    übergeben, die ihnen den anderen Kram beibrachten, ihnen zum Beispiel zeigten, wo es zuzuschlagen galt, wenn keine Spuren zurückbleiben
    sol ten. Von diesen Leuten hörten die Rekruten auch, dass es eine gute
    Idee war, sich vorne einen Suppenteller aus Metal in die Hose zu
    schieben, bevor man sich um die Schlägerei in einer Taverne kümmerte.
    Und wenn man Glück hatte und die Rekruten vernünftig waren…
    dann fanden sie eine Stel e zwischen unmöglicher Perfektion und dem
    Abgrund, wo sie echte Polizisten sein konnten – ein wenig befleckt, das
    brachte der Job eben mit sich, aber nicht verdorben.
    Mumm teilte die Wächter in Paare ein und wies sie an, Angriff und
    Verteidigung zu üben. Sie boten einen schrecklichen Anblick, den er
    fünf Minuten lang ertrug.
    »Na schön«, sagte er und klatschte in die Hände. »Ausgezeichnet.
    Wenn der Zirkus in die Stadt kommt, empfehle ich euch.« Die Männer
    ließen die Schultern hängen und lächelten verlegen, als Mumm fortfuhr:
    »Kennt ihr überhaupt irgendeine der Bewegungen? Den Kehlenstoß? Den Rot Glühenden Schürhaken? Den Ribrattler? Angenommen, ich greife
    mit einem großen Knüppel an… Was macht ihr?«
    »Wir laufen weg, Oberfeldwebel«, sagte Wiggel. Gelächter erklang.
    »Wie weit könnt ihr laufen?«, fragte Mumm. »Irgendwann müsst ihr
    kämpfen. Obergefreiter Coates?«
    Ned Coates hatte nicht an den Übungen teilgenommen, sondern mit
    einer Art stationärem Stolzieren an der Mauer gelehnt und das traurige
    Spektakel vol er Verachtung beobachtet.
    »Oberfeldwebel?«, erwiderte er und richtete sich mit einem Minimum
    an Mühe auf.
    »Zeig Wiggel, wie es gemacht wird!«
    Coates holte seinen Schlagstock hervor, und Mumm stel te fest, dass
    er ein wenig länger war als die normale Ausführung. Er trat vor Wiggel
    und kehrte Mumm demonstrativ den Rücken zu.
    »Und jetzt, Oberfeldwebel?«, fragte Coates über die Schulter hinweg.
    »Zeig ihm, wie man damit zuschlägt! Überrasch ihn!«
    »In Ordnung, Oberfeldwebel.«
    Mumm beobachtete das sporadische Klappern der Schlagstöcke.
    Eins, zwei, drei…
    … und Ned wirbelte herum. Sein Stock zischte durch die Luft.
    Mumm duckte sich unter dem Hieb weg, griff mit beiden Händen
    nach dem Arm des Mannes, drehte ihn auf dessen Rücken, beugte sich
    vor und brachte seinen Mund in unmittelbare Nähe von Neds Ohr.
    »Das kam nicht völlig unerwartet, mein Lieber«, flüsterte er. »Jetzt
    lächeln wir beide, denn die Jungs lachen über unseren Ned. Ein echter
    Witzbold, hat noch einmal versucht, dem Oberfeldwebel eins zu
    verpassen. Und wir wol en ihnen doch nicht den Spaß verderben. Ich
    lasse dich jetzt los, aber ein weiterer Angriff und du brauchst beide
    Hände, um einen Löffel zu heben, und du brauchst einen Löffel, Ned,
    weil du keine verdammten Zähne mehr hast und dich von Suppe
    ernähren musst!« Mumm lockerte seinen Griff. »Von wem hast du das
    alles gelernt?«
    »Von Feldwebel Keel«, erwiderte Ned.
    »Gute Arbeit, Oberfeldwebel Keel!«
    Mumm drehte sich um und sah Hauptmann Schwung über den Hof
    kommen.
    Im Tageslicht schien er kleiner und dünner zu sein, sah aus wie ein
    Sekretär, der nicht richtig auf sein Erscheinungsbild achtete. Sein Haar
    war glatt, und einige dicke schwarze Strähnen klebten auf der kahlen
    Stel e ganz oben am Kopf – sie deuteten an, dass der Mann entweder
    keinen Spiegel oder nicht den geringsten Sinn für Humor hatte.
    Er trug eine altmodische, aber gut erhaltene Jacke. Seine
    Schnal enschuhe waren zerkratzt und abgenutzt – Mumms Mutter hätte
    sich dazu einen Kommentar nicht verkniffen. Ein Mann sol te sich um
    seine Stiefel kümmern, sagte sie immer. Man konnte jemanden nach
    dem Glanz seiner Schuhe beurteilen.
    Schwung hatte auch einen Spazierstock beziehungsweise einen
    Opernstock. Vielleicht glaubte er, damit kultiviert zu wirken und nicht
    wie ein Mann, der ein überflüssiges Stück Holz mit sich herumtrug. Es
    schien sich um einen Stockdegen zu handeln, denn das Ding klapperte,
    wenn es das Pflaster berührte, so wie jetzt, als Schwung an den alten
    Zielscheiben und den Strohpuppen vorbeiging.
    »Du hältst die Männer auf Zack, wie ich sehe«, sagte er.
    »Ausgezeichnet. Ist euer Hauptmann da?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Mumm und ließ Coates los. »Herr.«
    »Ach? Nun, viel eicht kannst du

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