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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Ob Polizist oder nicht: Sie würde dir das Fell über die Ohren ziehen, wenn sie wüsste, dass es ein schmutziger Dollar ist.
    »Nein, Herr. Aber sie machen es alle, Herr. Unsere Jungs meine ich nicht, aber man braucht sich nur mal in der Stadt umzusehen. Die Mieten steigen, die Steuern ebenfalls, und es gibt immer neue Steuern, und es ist alles schrecklich, Oberfeldwebel, einfach schrecklich. Winder hat uns an seine Schergen verkauft, das ist die reine Wahrheit, Herr.«
    »Hm«, erwiderte Mumm. O ja. Verkauf von Steuern. Eine tolle Erfindung. Guter alter Winder. Er hatte das Recht, Steuern zu erheben, an die Meistbietenden verschachert. Wirklich eine großartige Idee, fast so gut wie das Verbot, nach Einbruch der Dunkelheit Waffen zu tragen. Man sparte a) die Kosten, die Steuereintreiber und Finanzverwaltung verursachten, und bekam b) gleich jede Menge Bargeld im Voraus. Und die Aufgabe der Besteuerung kam c) Leuten zu, die einerseits sehr einflussreich waren und sich andererseits nicht gern in der Öffentlichkeit zeigten. Allerdings beauftragten diese Leute wiederum Leute, die nicht nur ins Licht traten, sondern es sogar verdunkelten, und es war
erstaunlich,
was diese Burschen alles besteuerten. Sie erhoben sogar Abgaben auf Was-starrst-du-mich-so-an-Kumpel. Wie hatte es Vetinari einmal ausgedrückt? »Die Besteuerung ist nur eine raffinierte Methode, mit Drohungen Geld zu verlangen.« Die neuen Steuereintreiber zeigten große Entschlossenheit, ihre Investitionen wieder hereinzubekommen.
    Mumm erinnerte sich an jene… an
diese
Tage. Die Stadt hatte nie ärmer gewirkt, aber bei den Göttern: Es wurden jede Menge Steuern gezahlt.
    Unter solchen Umständen fiel es schwer, einem Jungen wie Sam zu erklären, warum es falsch war, einen zusätzlichen Dollar einzustecken, wenn man Gelegenheit dazu bekam.
    »Sieh es einmal so…«, sagte Mumm, als sie um eine Ecke schritten. »Würdest du einen Mörder für tausend Dollar laufen lassen?«
    »Nein, Herr!«
    »Tausend Dollar gäben deiner Mutter die Möglichkeit, sich an einem hübschen Ort in einem guten Teil der Stadt niederzulassen.«
    »Ausgeschlossen, Oberfeldwebel. Ich gehöre nicht zu dieser Sorte.«
    »Du warst einer von dieser Sorte, als du den Dollar genommen hast.«
    Sie gingen weiter, begleitet von verdrossenem Schweigen. »Schmeißt du mich raus, Oberfeldwebel?«, fragte Sam schließlich.
    »Für einen Dollar? Nein.«
    »Aber vielleicht wäre es
besser,
wenn du mich rausschmeißt«, sagte der junge Sam trotzig. »Letzten Freitag mussten wir los und eine Versammlung drüben bei der Universität auflösen. Die Leute sprachen nur miteinander! Und wir mussten Befehle von einem
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entgegennehmen, und die Jungs von der Ankertaugasse waren ein wenig grob, und… die Leute hatten gar keine Waffen oder so. Ich finde das nicht
richtig,
Herr. Und dann brachten wir einige Leute in den Wagen, nur weil sie
redeten.
Und Frau Aulichs Sohn Emil kam vorletzte Nacht nicht nach Hause – angeblich hat man ihn zum Palast gebracht, weil er Seine Lordschaft ›verrückt‹ nannte. Jetzt sehen mich die Leute in unserer Straße komisch an.«
    Bei den Göttern, ich erinnere mich daran, dachte Mumm. Ich habe mir damals vorgestellt, es ginge nur darum, Schurken zu verfolgen, die nach einigen Dutzend Metern aufgeben und »Bist ein guter Polizist, Chef« sagen. Ich war sicher, am Ende der ersten Woche eine Medaille zu bekommen.
    »Du solltest vorsichtig sein mit dem, was du sagst, Junge«, sagte Mumm.
    »Ja, aber meine Mutter meint, es gäbe nichts dagegen einzuwenden, wenn sie die Unruhestifter und Irren fortbringen, aber es sei nicht richtig, wenn sie ganz normale Leute wegschaffen.«
    Bin das
wirklich
ich?, dachte Mumm. Hatte ich tatsächlich das politische Bewusstsein einer Kopflaus?
    »Und außerdem
ist
er verrückt. Schnappüber sollte ihn ersetzen.«
    … und den Selbsterhaltungstrieb eines Lemmings?
    »Ich gebe dir einen guten Rat, Junge. Wenn du derzeit in dieser Stadt nicht weißt, mit dem du redest, so halte besser den Mund.«
    »Ja, aber Schnappüber meint…«
    »Jetzt
hör
mal. Ein Polizist plappert nicht andauernd. Er verrät nicht allen Leuten, was er weiß. Er sagt nicht, was er denkt. Er beobachtet und lauscht und lernt und wartet auf den rechten Augenblick. Sein Gehirn arbeitet die ganze Zeit über, aber sein Gesicht bleibt ausdruckslos. Bis er bereit ist. Verstanden?«
    »Ja, Oberfeldwebel.«
    »Gut. Kannst du mit deinem Schwert umgehen, Junge?«
    »Ich habe

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