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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nach.«
    »Richtest du einen durchdringenden Blick auf mich, Keel?«
    »Nein, Herr. Mein Gesichtsausdruck bringt ehrlichen Zweifel zum Ausdruck, Herr. Der ›durchdringende Blick‹ kommt vier Stufen darüber, gleich nach ›Ich sehe dich komisch an‹, Herr. Der militärische Brauch gestattet Feldwebeln die Mimik bis hin zu…«
    »Was bedeutet die kleine Krone über den Streifen, Mann?«
    »Sie zeigt, dass ich kein gewöhnlicher Feldwebel bin, sondern Oberfeldwebel, Herr.«
    Der Hauptmann brummte und blickte auf die Papiere, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. »Lord Winder hat das außerordentliche Gesuch erhalten, dich zum Leutnant zu befördern, Oberfeldwebel. Es geht auf Hauptmann Schwung von der Sondergruppe Ankertaugasse zurück. Und Seine Lordschaft hört auf Hauptmann Schwung. Und er möchte, dass du zur Sondergruppe versetzt wirst. Ich persönlich halte den Mann für verrückt.«
    »Da stehe ich hundertprozentig hinter dir, Herr.«
    »Du möchtest nicht Leutnant werden?«
    »Nein, Herr. Nichts Halbes und nichts Ganzes, Herr«, sagte Mumm und blickte dabei auf eine Stelle einige Zentimeter über Rusts Stirn.
    »Was soll das heißen?«
    »Weder das eine noch das andere, Herr.«
    »Ach, du möchtest wohl
Hauptmann
sein, wie?«, fragte Rust und lächelte böse.
    »Neinherr. Ich möchte kein Offizier sein, Herr. Ich komme durcheinander, wenn ich mehr als ein Messer und eine Gabel auf dem Tisch sehe, Herr.«
    »Nun, für
mich
hat es gewiss nicht den Anschein, dass du dich zum Offizier eignest, Oberfeldwebel.«
    »Neinherr, danke, Herr.« Guter alter Rust. Guter
junger
Rust.
    Die gleiche gedankenlose Unhöflichkeit, als offene Ausdrucksweise getarnt, die gleiche Halsstarrigkeit, die gleiche kleinliche Bosheit. Jeder Feldwebel, der etwas taugte, konnte das ausnutzen.
    »Hätte allerdings nichts dagegen, zur Sondergruppe versetzt zu werden, Herr«, sagte Mumm. Damit ging er ein Risiko ein, wenn auch kein großes. Auf jemanden wie Rust war Verlass.
    »Kann ich mir denken, Keel«, erwiderte Rust. »Vermutlich hast du dir den alten Narr Tilden in die Tasche gesteckt und hältst nichts von einem Hauptmann, der den Leuten hier auf den Zahn fühlt. Nein, Freundchen, du bleibst hier, klar?«
    Wundervoll, dachte Mumm. Manchmal ist es, als könnte man beobachten, wie eine Wespe auf einer Brennnessel landet: Jemand wird gestochen, und es spielt keine Rolle, wen es trifft.
    »Jaherr«, sagte er und blickte weiter starr geradeaus.
    »Hast du dich heute
rasiert,
Mann?«
    »Bin von der Pflicht zur Rasur befreit, Herr«, log Mumm. »Ärztliche Anweisung. Wegen der Nähte im Gesicht, Herr. Könnte nur die eine Seite rasieren, Herr.«
    Er ließ sich nichts anmerken, als Rust ihn widerstrebend musterte. Die Schnittwunde war noch immer sehr deutlich zu sehen, und Mumm hatte es noch nicht gewagt, einen Blick unter die Augenklappe zu werfen.
    »Hast dir mit deiner eigenen Glocke ins Gesicht geschlagen, wie?«, brummte der Hauptmann.
    Mumms Finger zuckten. »Sehr komisch, Herr«, sagte er.
    »Geh jetzt und lass die Männer antreten! Und zwar schnell. Ich werde die Truppe gleich inspizieren. Und sag dem Idioten mit der flachen Nase, er soll den Stall ausräumen.«
    »Herr?«
    »Mein Pferd wird bald gebracht. Ich will den grässlichen Klepper dort drin nicht mehr sehen.«
    »Was, wir sollen Marlene wegschaffen, Herr?«, brachte Mumm ehrlich schockiert hervor.

»Ich habe gerade einen Befehl erteilt. Der Bursche soll sich beeilen.«
    »Was sollen wir denn mit ihr
machen,
Herr?«
    »Das ist mir gleich! Du bist ein Feldwebel – meinetwegen auch ein Oberfeldwebel –, und du hast einen Befehl erhalten. Es gibt hier sicher Abdecker. Die Leute müssen doch etwas
essen,
habe ich Recht?«
    Mumm zögerte kurz, bevor er salutierte. »Wie du meinst, Herr«, sagte er.
    »Weißt du, was ich auf dem Weg hierher gesehen habe, Oberfeldwebel?«
    »Keine Ahnung, Herr.« Mumm blickte erneut geradeaus.
    »Die Leute errichten
Barrikaden,
Oberfeldwebel.«
    »Herr?«
    »Ich
weiß,
dass du mich verstanden hast, Mann!«
    »Das war zu erwarten, Herr. Es ist schon einmal passiert. Die Leute sind nervös. Sie haben Gerüchte über Pöbel und randalierende Soldaten gehört. Sie wollen ihre Straßen schützen…«
    »Das ist eine eklatante Herausforderung der Regierungsautorität! Die Leute dürfen das Gesetz nicht in die eigenen Hände nehmen!«
    »Sicher. Aber so, wie sich die Dinge entwickeln…«
    »Bei den Göttern, Mann, wie hast du es bloß fertig

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