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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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bei Boussens . . . Ich könnte noch mehr Beispiele nennen.
    Die
     Lage ist klar. In den besetzten Gebieten häufen sich Sabotage und Verrat. An allen unseren
     Fronten, überall, trifft der Feind Vorbereitungen, durchzustoßen. Keiner von uns
     bezweifelt, daß in diesem Sommer eine große alliierte Offensive stattfindenwird, und wir können sicher sein, daß all diese Scharmützel uns
     davon ablenken sollen, herauszufinden, wo genau der Feind zuschlagen wird.«
    Der
     Generalinspekteur machte eine Pause. Der oberlehrerhafte Vortrag reizte Rommel. Er nutzte
     die Gelegenheit, um einzuwerfen: »Dafür haben wir einen Generalstab, um solche Meldungen
     ins militärische Gesamtbild einzuordnen, die Bewegungen des Feindes einzuschätzen und
     frühzeitig zu erkennen.«
    Guderian lächelte nachsichtig. »Auch Hellseherei dieser
     Art hat ihre Grenzen. Ich bin sicher, daß Sie Ihre eigenen Vorstellungen davon haben, wo
     der Angriff stattfinden wird. Solche Vorstellungen haben wir alle. Unsere Strategie muß
     die Möglichkeit mit einbeziehen, daß unsere Vermutungen falsch sind.«
    Rommel
     verstand jetzt, worauf der umständliche Vortrag des Generals abzielte. Er mußte sich
     beherrschen, um nicht lauthals Widerspruch zu äußern, bevor Guderian zum Ende seiner
     Ausführungen gekommen war.
    »Sie befehligen vier Panzerdivisionen«, fuhr Guderian
     fort. »Die 2. Panzerdivision in Amiens, die 116. in Rouen, die 21. in Caen und die 2. SS-
     Division in Toulouse. General von Schweppenburg hat Ihnen schon vorgeschlagen, daß all
     diese Verbände weit von der Küste entfernt massiert werden sollten, um an jeder Stelle
     sofort zurückschlagen zu können. Diese strategische Variante spielt in den Planungen des
     OKW eine entscheidende Rolle. Trotzdem haben Sie sich nicht nur von Schweppenburgs
     Vorschlag widersetzt, sondern die 21. sogar bis ganz an die Atlantikküste
     vorgezogen.«
    »Und die drei anderen müssen so schnell wie möglich nachrücken«,
     sagte Rommel zornig. »Wann wird man im Generalstab endlich begreifen? Die Alliierten
     haben die Luftherrschaft. Wenn die Invasion erst einmal angelaufen ist, liegen die
     Panzerverbände – von wenigen, unbedeutenden Ausnahmen abgesehen – fest. Eine
     bewegliche Truppenführung ist dann nicht mehr möglich. Wenn Ihre kostbaren Panzer bei der
     Landung der Alliierten in Paris stehen, werden sie auch in Paris bleiben – fest-genagelt von der RAF –, bis die Alliierten über den Boulevard
     St. Michel marschieren. Ich kenne das – denn mir ist es schon passiert. Zweimal!« Er
     schöpfte Atem. »Wenn wir unsere Panzerdivisionen als Einsatzreserve zurückziehen, werden
     sie nutzlos. Wir können keine Gegenangriffe unternehmen. Wir müssen die Invasionstruppen
     an der Küste bekämpfen, wo sie am verwundbarsten sind, und sie ins Meer
     zurückwerfen.«
    Die Röte wich aus seinem Gesicht, während er seine eigenen
     Vorstellungen darlegte. »Ich habe Unterwasserhindernisse bauen, den Atlantikwall
     verstärken, Minenfelder legen und Pfähle in jede Wiese treiben lassen, die im Hinterland
     als Flugplatz benutzt werden könnte. Alle meine Truppen heben Verteidigungsstellungen aus,
     wenn sie nicht gerade exerzieren.
    Meine Panzerdivisionen müssen an die Küste
     vorrücken. Die Reserve des OKW sollte nach Frankreich verlegt werden. Man muß die 9. und
     10. SS-Division von der Ostfront abziehen. Unsere ganze Strategie muß darauf abzielen,
     die Alliierten an der Errichtung eines Brückenkopfes zu hindern. Denn wenn ihnen das
     gelingt, ist die Schlacht verloren . . . vielleicht sogar der Krieg.«
    Guderian
     beugte sich vor; seine Augen waren zu diesem aufreizenden, ironischen Lächeln
     zusammengekniffen.
    »Sie wollen also, daß wir die ganze europäische Küstenlinie
     von Tromsö in Norwegen um die Iberische Halbinsel herum bis nach Rom verteidigen. Und
     woher sollen wir die Armeen dafür nehmen?«
    »Diese Frage hätte man sich 1938
     stellen sollen«, knurrte Rommel.
    Ein verlegenes Schweigen entstand nach dieser
     Bemerkung, die um so bestürzender war, als sie von Rommel stammte, der an sich an Politik
     völlig desinteressiert war.
    Von Schweppenburg überspielte die peinliche Situation,
     indem er fragte: »Herr Feldmarschall, wo findet denn der Angriff Ihrer Meinung nach
     statt?«
    Rommel dachte nach. »Bis vor kurzem war ich davon über-
    zeugt, daß die Pas-de-Calais-Theorie zutrifft. Als ich jedoch das letzte
     Mal beim Führer war, haben mich seine

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