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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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Gedanke, einen Korb zu bekommen, hatte ihr die ganze Lust verdorben. Sie
     stand langsam auf. Es war Zeit, ins Bett zu gehen. Wenn sie im Bett noch einen Gin trank,
     würde sie schlafen können. Sie nahm die Flasche mit nach oben.
    Ihr Schlafzimmer lag
     unter dem von Mr. Faber. Während sie sich auszog, konnte sie Geigenmusik aus seinem Radio
     hören. Sie zog ein neues Nachthemd an – rosa, mit besticktem Ausschnitt, und niemand würde
     es bewundern! Wie Mr. Faber wohl nackt aussehen würde? Wahrscheinlich hatte er keinen Bauch,
     aber Haare auf der Brust und hervorstehende Rippen. Er war ja schlank. Vieleicht war sein
     Hintern auch nicht sehr groß? Sie kicherte wieder und dachte: »Ich bin unmöglich.«
    Dann goß sie sich ihren letzten Drink ein. Sie nahm denDrink mit ins
     Bett und holte ihr Buch; aber es war ihr zu anstrengend, sich auf die Buchstaben zu
     konzentrieren. Außerdem war sie der Abenteuer aus zweiter Hand überdrüssig. Geschichten
     über gefährliche Liebschaften sind angenehm zu lesen, wenn einem der eigene Ehemann treu und
     sicher ist, aber eine Frau braucht mehr als die Romane von Barbara Cartland. Sie nippte an
     ihrem Gin und wünschte sich, daß Mr. Faber das Radio abstellen würde. Es war, als versuche
     man, bei einem Tanztee zu schlafen!
    Natürlich könnte sie ihn bitten, es
     abzuschalten. Sie schaute auf die Uhr neben ihrem Bett: Es war nach zehn. Sie könnte ihren
     Morgenrock anziehen, der zu ihrem Nachthemd paßte, ihr Haar ein wenig durchkämmen, dann in
     ihre Hausschuhe schlüpfen – ganz hübsche, mit einem Rosenmuster –, hinauf zum nächsten
     Treppenabsatz huschen, ja – und einfach leise an seine Tür klopfen. Er würde aufmachen,
     vielleicht mit Hose und Unterhemd bekleidet, und sie dann so ansehen, wie er sie angesehen
     hatte, als sie im Nachthemd auf dem Weg ins Badezimmer gewesen war . . .
    »Du dumme
     alte Kuh«, sagte sie laut zu sich selbst. »Du suchst doch nur nach einer Ausrede, um
     hinaufgehen zu können.«
    Warum brauchte sie überhaupt einen Vorwand? Sie war
     erwachsen, es war ihr Haus, und in zehn Jahren hatte sie keinen Mann kennengelernt, der genau
     der Richtige gewesen wäre. Und, zum Teufel, sie brauchte einen starken, harten, behaarten
     Mann über sich, der auf ihren Brüsten liegen, ihr in die Ohren keuchen und ihr mit seinen
     breiten, flachen Händen zwischen die Schenkel fahren würde. Denn schon morgen könnten die
     Deutschen Gasbomben abwerfen, und alle würden sie röchelnd an dem Gift sterben. Und sie
     hätte ihre letzte Chance verspielt.
    Sie leerte ihr Glas, stand auf, zog ihren
     Morgenrock an, schlüpfte in ihre Hausschuhe und holte ihren Schlüsselbund, falls er die Tür
     abgeschlossen hatte und ihr Klopfen wegen des Radios nicht hören konnte.
    Niemand war auf dem Treppenabsatz. Sie fand die Treppe in der
     Dunkelheit. Zwar hatte sie vor, die knarrende Stufe auszulassen, doch sie stolperte auf dem
     losen Teppich und machte dadurch besonders viel Lärm. Aber niemand schien sie zu hören,
     deshalb ging sie weiter und pochte ganz oben an die Tür. Vorsichtig drückte sie den Griff
     hinunter. Die Tür war abgeschlossen.
    Das Radio wurde leiser gestellt, und Mr. Faber
     rief: »Ja, bitte?«
    Er hatte eine gute Aussprache: Seine Stimme war weder die eines
     Cockneys noch die eines Ausländers, sie war ganz einfach angenehm akzentfrei.
    Sie
     fragte: »Dürfte ich mit Ihnen sprechen?«
    Er schien zu zögern, dann antwortete
     er: »Ich bin schon ausgezogen.«
    »Ich auch«, sagte sie kichernd und öffnete die
     Tür mit ihrem Zweitschlüssel. Er stand mit einer Art Schraubenzieher in der Hand vor dem
     Radio. Er trug eine Hose, aber kein Unterhemd. Sein Gesicht war weiß, er schien zu Tode
     erschrocken.
    Sie trat ein und schloß die Tür hinter sich. Was sollte sie sagen?
     Plötzlich erinnerte sie sich an einen Satz aus einem amerikanischen Film und fragte:
     »Würden Sie ein einsames Mädchen zu einem Gläschen einladen?« Es war eigentlich
     albern, da sie wußte, daß er keinen Alkohol auf dem Zimmer hatte, und ihr Aufzug zum
     Ausgehen bestimmt nicht geeignet war. Aber es klang verführerisch.
    Es schien die
     gewünschte Wirkung zu haben. Ohne ein Wort zu sagen, kam er langsam auf sie zu. Sie machte
     einen Schritt nach vorne, seine Arme umfingen sie, sie schloß die Augen und hob das
     Gesicht. Er küßte sie, und sie bewegte sich ein wenig in seinen Armen. Dann spürte sie
     einen entsetzlichen, unerträglich

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