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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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stechenden Schmerz im Rücken und öffnete den Mund, um
     zu schreien.
    Er hatte sie auf der Treppe stolpern hören. Wenn sie noch eine Minute
     länger gewartet hätte, wären der Sender wieder in seinem Koffer und die Codebücher in
     der Schublade gewesen, und sie hätte nicht zu sterben brauchen. Bevor er das
     Beweismaterial jedoch hatte verstecken können, war der Schlüssel im Schloß zu hören
     gewesen. Als sie die Tür öffnete, hatte das Stilett schon in seiner Hand gelegen.
    Da sie sich in seinen Armen wand, verfehlte Faber ihr Herz mit dem ersten Stich der
     Waffe. Er mußte ihr die Finger in den Rachen stecken, um sie am Schreien zu hindern. Noch
     einmal stieß er zu, doch sie bewegte sich wieder, so daß die Klinge eine Rippe traf und
     nur ihre Haut oberflächlich ritzte. Dann spritzte das Blut heraus, und er wußte, daß es
     keine saubere Arbeit sein würde. Das war es nie, wenn man nicht mit dem ersten Stoß
     traf.
    Sie zappelte jetzt zu sehr, um mit einem Stich getötet zu werden. Er ließ
     die Finger in ihrem Mund, packte sie mit dem Daumen am Kinn und stieß sie gegen die Tür
     zurück. Ihr Kopf knallte gegen das Holz. Wenn er nur das Radio nicht leiser gestellt
     hätte! Aber wie hätte er so etwas auch ahnen sollen?
    Er zögerte, bevor er sie
     umbrachte, denn es wäre viel besser, wenn sie auf dem Bett stürbe – besser für die
     Vertuschung, die er schon zu planen begann –, aber wie konnte er sie dorthin schaffen,
     ohne Lärm zu machen. Er packte ihr Kinn noch fester, preßte ihren Kopf gegen die Tür, so
     daß sie ihn nicht bewegen konnte, und holte weit aus. Die Klinge riß ihr fast die ganze
     Kehle auf, denn das Stilett war kein Messer mit scharfer Schneide. Faber mochte diese
     Tötungsart nicht sonderlich.
    Er sprang zurück, um den Blutspritzern auszuweichen,
     und machte dann wieder einen Schritt nach vorne, um sie aufzufangen, bevor sie zu Boden
     fiel. Danach schleppte er sie zum Bett, wobei er versuchte, ihren Hals nicht anzusehen, und
     legte sie hin.
    Faber hatte schon vorher getötet, weshalb er mit der Reaktion
     rechnete: Sie kam immer, sobald er sich sicher fühlte. Erging hinüber
     zu dem Ausguß in der Zimmerecke und wartete darauf. Sein Gesicht war in dem kleinen
     Rasierspiegel zu sehen. Es war weiß, und seine Augen blickten starr. Er betrachtete sein
     Spiegelbild und dachte: Mörder . Dann übergab er sich.
    Danach fühlte er
     sich besser. Jetzt konnte er an die Arbeit gehen. Er wußte, was zu tun war. Noch während
     er sie getötet hatte, waren ihm die Einzelheiten klargeworden.
    Er wusch sich das
     Gesicht, putzte sich die Zähne und säuberte das Waschbecken. Dann setzte er sich an den
     Tisch neben das Funkgerät. Er schaute in sein Notizbuch, fand die Stelle und begann, den
     Code zu senden. Es war eine lange Meldung – über die Aufstellung einer Armee für
     Finnland. Mittendrin wurde er unterbrochen; er schrieb die Mitteilung in Chiffre auf den
     Notizblock. Als er fertig war, verabschiedete er sich mit: »Grüße an Willi.«
    Nachdem Faber das Sendegerät säuberlich in einen Spezialkoffer eingepackt hatte,
     verstaute er seine restlichen Habseligkeiten in einen zweiten Koffer. Er zog seine Hose
     aus, tupfte die Blutflecke mit einem Schwamm ab und wusch sich dann am ganzen Körper.
    Schließlich blickte er zu der Leiche hinüber.
    Jetzt war sie ihm
     gleichgültig. Es war Krieg, und sie waren Feinde. Sie oder er! Die Frau war eine Bedrohung
     gewesen; nun verspürte er nur noch Erleichterung darüber, daß diese Bedrohung beseitigt
     war. Sie hätte ihn nicht erschrecken sollen.
    Trotzdem war der letzte Schritt
     widerwärtig. Er öffnete ihren Morgenrock, hob ihr Nachthemd und zog es bis zu ihrer
     Hüfte hoch. Sie trug einen Schlüpfer. Er zerriß ihn, so daß ihr Schamhaar zu sehen
     war. Arme Frau, sie hatte ihn nur verführen wollen! Aber er hätte sie nicht aus dem
     Zimmer bekommen, ohne daß sie den Sender gesehen hätte. Die britische Propaganda hatte
     eine Art Agentenhysterie verbreitet, die ans Lächerliche grenzte. Wenn die Abwehr
     tatsächlich über so viele Spione verfügte, wie die Zeitungen behaupteten, hätten die
     Briten den Krieg schon längst verloren.
    Er trat zurück und betrachtete die Leiche mit gesenktem Kopf. Irgend
     etwas stimmte nicht. Er versuchte, sich in die Lage eines Sexualverbrechers
     hineinzuversetzen. Wenn ich wahnsinnig vor Begierde nach einer Frau wie Una Garden wäre
     und sie getötet hätte, nur um

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