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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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mich an ihr auszutoben, was würde ich dann tun?
    Natürlich: So ein Wahnsinniger würde ihre Brüste sehen wollen. Faber beugte sich
     über den Körper, packte den Ausschnitt des Nachthemdes und riß ihn bis zur Hüfte
     auf. Ihre großen Brüste sackten zur Seite.
    Der Polizeiarzt würde bald
     herausfinden, daß sie nicht vergewaltigt worden war, aber das spielte keine Rolle. Faber
     hatte auf einem Kriminalistenlehrgang in Heidelberg erfahren, daß viele Sexualverbrechen
     nicht vollendet wurden. Außerdem hätte er die Täuschung nicht so weit treiben können,
     auch nicht für Deutschland. Er verdrängte den Gedanken.
    Faber wusch sich noch
     einmal die Hände und zog sich an. Es war fast Mitternacht. Er würde noch eine Stunde
     warten, bevor er verschwand. Das war sicherer.
    Er setzte sich, um zu überlegen, was
     er falsch gemacht hatte.
    Zweifellos hatte er einen Fehler gemacht. Wenn er wirklich
     an alles gedacht hätte, wäre er völlig sicher gewesen, hätte niemand hinter sein
     Geheimnis kommen können. Mrs. Garden war dahintergekommen, oder besser gesagt, sie wäre
     dahintergekommen, wenn sie ein paar Sekunden länger gelebt hätte. Also war er nicht
     völlig sicher gewesen, also hatte er keine vollkommene Tarnung gehabt, also hatte er einen
     Fehler begangen.
    Er hätte einen Riegel an der Tür anbringen sollen. Es war besser,
     für chronisch schüchtern gehalten als nachts heimlich von Hauswirtinnen im Nachthemd und
     mit Zweitschlüsseln besucht zu werden.
    Das war der äußere Fehler. Der
     entscheidende, grundlegende Fehler aber bestand darin, daß er eine zu gute Partie war, um
     Junggeselle zu sein. Es war ein ärgerlicher, kein selbstgefälliger Gedanke. Er wußte,
     daß er ein netter, attraktiver Mann war undes keinen offensichtlichen
     Grund dafür gab, weshalb er unverheiratet sein sollte. Er begann, darüber nachzudenken,
     wie er das in Zukunft erklären sollte, um sich Frauen wie Mrs. Garden vom Hals zu
     halten.
    Der Grund war in seinem eigentlichen Wesen zu suchen. Warum war er noch
     ungebunden? Voller Unbehagen rutschte er auf seinem Stuhl herum, weil er ungern
     Selbstbespiegelung betrieb. Die Antwort war einfach. Er hatte keine Frau, weil er Agent
     war. Weitere Gründe, sollte es sie geben, interessierten ihn nicht.
    Er würde die
     Nacht im Freien verbringen müssen – im Highgate Wood. Am nächsten Morgen würde er
     seine Koffer in der Gepäckaufbewahrung eines Bahnhofes abgeben und dann abends zu seinem
     Zimmer in Blackheath fahren.
    Seine zweite Identität würde ihm Schutz bieten. Es
     war kaum zu befürchten, daß die Polizei ihn fassen würde. Der Handelsreisende, der das
     Zimmer in Blackheath an Wochenenden bewohnte, war ein ganz anderer Typ als der
     Eisenbahnangestellte, der seine Hauswirtin ermordet hatte. In Blackheath kannte man ihn als
     gesprächig, vulgär und aufdringlich; er trug auffallende Krawatten, schmiß im Pub Runden
     und kämmte sein Haar anders. Die Polizei würde nach einem schäbigen kleinen Triebtäter
     fahnden, der nicht piep sagen konnte, bis er sexuell erregt war. Niemand würde einen
     zweiten Blick auf den gutaussehenden Vertreter im gestreiften Anzug verschwenden, der
     offensichtlich ständig auf Frauen scharf war und es nicht nötig hatte, sie umzubringen,
     damit sie ihm ihren Busen zeigten.
    Er würde sich noch eine weitere Identität
     zulegen müssen – zwei waren das mindeste. Er brauchte eine neue Arbeitsstelle und neue
     Papiere: Paß, Kennkarte, Markenheft und Geburtsurkunde. Zum Teufel mit Mrs. Garden. Warum
     hatte sie sich nicht wie gewöhnlich betrunken, bis sie einschlief?
    Es war ein
     Uhr. Faber schaute sich ein letztes Mal im Zimmer um. Es war ihm gleichgültig, daß er
     Spuren hinterließ. Seine Fingerabdrücke waren natürlich im ganzen Haus zu finden;niemand würde daran zweifeln, wer der Mörder war. Auch verspürte er kein
     Bedauern, den Ort zu verlassen, der zwei Jahre sein Zuhause gewesen war. Er hatte ihn nicht
     als sein Zuhause betrachtet. Noch nie hatte er etwas als sein Zuhause angesehen. Dies hier
     würde für ihn immer nur das Zimmer sein, in dem er gelernt hatte, daß an eine Tür ein
     Riegel gehört.
    Er knipste das Licht aus, nahm seine Koffer, schlich die Treppe
     hinunter, aus der Tür hinaus und verschwand in der Nacht.

ERSTER TEIL – KAPITEL 2
    einrich II. war ein
     bemerkenswerter König. In einem Zeitalter, in dem der Begriff »Blitzbesuch« noch nicht
     geprägt worden war, eilte er mit

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