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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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– Schaffner verzichteten
     nie darauf, auch die Toiletten zu überprüfen. Er hockte auf dem Sitz und überlegte
     fieberhaft, wie er entkommen könne. Der Zug fuhr inzwischen wieder schneller, so schnell,
     daß er auch nicht abspringen konnte. Außerdem würde ihn jemand sehen, und wenn man
     wirklich nach ihm suchte, würde man den Zug anhalten.
    »Die Fahrkarten,
     bitte.«
    Parkin kam wieder näher.
    Faber hatte einen Einfall. Das
     Verbindungsstück zwischen den Wagen war ein winziger Raum wie eine Luftschleuse; es war an
     den Seiten von einer Art Balg umgeben und an beiden Enden wegen des Lärms und der Zugluft
     durch Türen von den Wagen abgetrennt. Er verließ die Toilette, kämpfte sich bis zum Ende
     des Wagens durch, öffnete die Tür und betrat den Verbindungsgang. Dann schloß er die
     Tür hinter sich.
    Es war eiskalt, und der Lärm war ohrenbetäubend. Faber setzte
     sich auf den Boden, rollte sich zusammen und stellte sich schlafend. Nur ein Toter hätte
     hier schlafen können, aber heutzutage machten die Leute in den Zügen die seltsamsten
     Dinge. Er versuchte, die Kälteschauer zu unterdrücken.
    Die Tür hinter ihm
     öffnete sich. »Ihre Fahrkarte, bitte.«
    Er ignorierte die Aufforderung und hörte, wie sich die Tür schloß.
    »Aufwachen, Dornröschen!« Die Stimme war nicht zu verkennen.
    Faber tat so, als sei er im Schlaf gestört worden, und stand langsam auf, wobei er Parkin den Rücken zuwandte. Als er sich umdrehte, hatte er das Stilett in der Hand. Er drängte Parkin gegen die Tür, hielt ihm die Messerspitze an die Kehle und sagte: »Keinen Laut, oder ich bringe dich um.«
    Mit der linken Hand nahm er Parkins Taschenlampe und leuchtete dem jungen Mann ins Gesicht. Parkin sah nicht so erschrocken aus, wie er hätte sein müssen.
    »So, so. Billy Parkin, der Soldat werden wollte und bei der Eisenbahn endete. Immerhin, es ist eine Uniform.«
    Parkin sagte: »Sie!«
    »Du weißt verdammt genau, daß ich es bin, kleiner Billy Parkin. Du hast mich gesucht. Warum?« Er bemühte sich, seine Stimme bedrohlich klingen zu lassen.
    »Ich weiß nicht, warum ich Sie suchen sollte – ich bin kein Polizist.«
    Fabers Messer zuckte drohend nach oben. »Hör auf, mich zu belügen.«
    »Ehrlich, Mr. Faber. Lassen Sie mich los – ich sage niemandem, daß ich Sie gesehen habe. Das verspreche ich.«
    Faber wurde unsicher. Entweder sagte Parkin die Wahrheit, oder er spielte seine Rolle genauso theatralisch wie Faber selbst.
    Parkin verlagerte seinen Körper, und sein rechter Arm bewegte sich in der Dunkelheit. Faber packte sein Handgelenk mit einem eisernen Griff. Parkin wand sich, doch Faber ließ die nadelscharfe Spitze des Stiletts den Bruchteil eines Zolls in den Hals des jungen Mannes dringen, so daß dieser jeglichen Widerstand aufgab. Faber fand die Tasche, in die Parkin hatte greifen wollen, und zog eine Pistole hervor.
    »Fahrkartenkontrolleure sind nicht bewaffnet«, sagte er. »Für wen arbeitest du, Parkin?«
    »Wir haben jetzt alle Pistolen – wegen der Dunkelheit in den Zügen.«
    Parkin log mutig und hartnäckig. Mit Drohungen allein war es nicht getan, um seine Zunge zu lösen, erkannte Faber.
    Seine Bewegung kam unvermittelt, schnell und genau. Die Klinge des Stiletts zuckte in seiner Faust. Ihre Spitze drang genau einen halben Zoll tief in Parkins linkes Auge und wieder heraus.
    Fabers Hand hielt Parkin den Mund zu. Der unterdrückte Schmerzensschrei wurde vom Lärm des Zuges übertönt. Parkins Hände fuhren zu seinem verletzten Auge.
    »Rette dein anderes Auge, Parkin. Für wen arbeitest du?«
    »Military Intelligence, oh, Gott, bitte, tun Sie es nicht noch einmal.«
    »Für wen? Menzies? Masterman?«
    »Oh, Gott, Godliman, Percy Godliman.«
    »Godliman!« Faber kannte den Namen, aber jetzt war nicht die Zeit, in der Erinnerung nach Einzelheiten zu kramen. »Was haben sie von mir?«
    »Ein Bild – ich habe es aus den Akten herausgesucht.«
    »Was für ein Bild? Was für ein Bild? «
    »Eine Leichtathletikmannschaft – Läufer – mit einem Pokal – beim Heer – «
    Faber erinnerte sich. Himmel, wo hatten sie es nur her? Es war ein Alptraum: Sie hatten ein Bild . Sie kannten sein Gesicht. Sein Gesicht .
    Er ging mit dem Messer näher an Parkins rechtes Auge heran. »Woher wußtest du, wo ich bin?«
    »Tun Sie’s nicht, bitte – Agent in der portugiesischen Botschaft hat Ihren Brief abgefangen – Taxinummer aufgeschrieben – Nachforschungen in Euston – bitte, nicht das

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