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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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bitten würde, ihn zu heiraten.
    Ellie war wie betäubt und starrte Dr. Turner nur stumm an. Er schaute zu ihrer Mutter und blickte dann wieder Ellie fest an. »Ich weiß, das kommt so überraschend«, sagte er. »Aber ich bin sicher. Ich habe keinen Zweifel. Ich liebe dich, und ich möchte dich heiraten. Je rascher, desto besser.«
    Es trat fast eine ganze Minute lang völlige Stille im Raum ein. Der Doktor ging dabei zur Tür seines Büros und verriegelte sie, und er schaltete auch das Telefon ab. Ellie machte eine Bewegung, als wollte sie etwas sagen. »Nein!«, sagte Dr. Turner heftig. »Sag jetzt noch nichts. Zuerst muss ich etwas klarstellen.«
    Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und holte tief Luft. Dann sprach er leise: »Ich hätte das schon lange tun müssen. Außerdem, ihr beide verdient es, dass ihr die Wahrheit über mich erfahrt.«
    Seine Augen begannen in Tränen zu schwimmen, und beim ersten Ansatz versagte ihm die Stimme, aber er riss sich zusammen und berichtete:
    »Ich war dreiunddreißig Jahre alt und unverschämt und blindlings glücklich. Ich war damals bereits einer der führenden Kardiochirurgen in den USA; ich war mit einer wunderschönen Frau verheiratet, die mich liebte ... wir hatten zwei kleine Töchter, drei und zwei Jahre alt. Wir wohnten in einer Villa mit Swimmingpool in einem Country Club vierzig Kilometer nördlich von Dallas ...
    ... und eines Nachts, als ich aus der Klinik heimkam — es war ziemlich spät, weil ich eine ungewöhnlich komplizierte Behandlung an einem freigelegten Herzen überwachen wollte —, hielten mich die Männer vom Sicherungsdienst an der Einfahrt zu dem Grundstück an. Sie wirkten merkwürdig verlegen, als wüssten sie nicht, was sie machen sollten, doch nachdem sie telefoniert hatten, winkten sie mich durch. Dabei schauten sie mich ganz seltsam an.
    Vor unserem Haus standen zwei Polizeiwagen und eine Ambulanz. Direkt neben meinem Haus standen auf einem Parkstück drei mobile Fernseh-Übertragungsstudios. Als ich meine Zufahrt hinauffahren wollte, hielt mich ein Polizist an. Überall zuckten Blitzlichter, und die Scheinwerfer der TV- Kameras blendeten mich, während der Polizist mich in mein Haus führte.
    Auf einer Bahre unter einer Decke lag meine Frau, im Foyer an der Treppe zum Oberstock. Man hatte ihr den Hals durchgeschnitten ... Ich hörte droben Stimmen und raste die Treppe hinauf, um nach meinen Töchtern zu sehen. Sie lagen noch genauso da, wie sie ermordet worden waren — Christie auf dem Boden im Bad — Amanda in ihrem Bett. Auch ihnen hatte man den Hals durchgeschnitten .. .
    Der Mann wurde von heftigem verzweifelten Schluchzen geschüttelt. »Ich werde diesen entsetzlichen Anblick nie vergessen können. Amanda muss im Schlaf getötet worden sein, es gab keine weiteren Verletzungen an ihr, nur diesen ... diesen Schnitt ... Was für ein menschliches Wesen bringt es fertig, solch unschuldige Geschöpfe so brutal zu ermorden?«
    Jetzt liefen dem Arzt dicke Tränen über das Gesicht. Sein Oberkörper zuckte unkontrollierbar. Er konnte nicht mehr weitersprechen. Ganz still ging Ellie zu ihm hinüber, setzte sich neben seinem Stuhl auf den Boden und griff nach seiner Hand.
    »In den folgenden fünf Monaten war ich in einem Zustand völliger Betäubung. Ich konnte nicht mehr arbeiten, ich konnte nichts mehr essen. Man hat versucht, mir zu helfen — Freunde, Psychiater und andre Ärzte —, aber ich war einfach funktionsunfähig geworden. Ich konnte es einfach nicht hinnehmen, dass jemand mir meine Frau und meine Kinder genommen hatte.
    Knapp eine Woche später hatte die Polizei einen Tatverdächtigen gefunden. Er hieß Carl Tyson. Ein junger Schwarzer, dreiundzwanzig Jahre, der für einen Supermarkt in der Nähe die Waren auslieferte. Meine Frau bestellte immer nach der Fernseh-Shoppingliste, und Carl Tyson hatte uns schon mehrfach beliefert — ich erinnerte mich sogar daran, dass ich ihn selber ein-, zweimal getroffen hatte —, und es war klar, dass er sich in unseren häuslichen Verhältnissen auskannte.
    Trotz meiner geistigen Umnachtung in der Zeit bekam ich mit, was sich in der Aufklärung des Mordes tat. Anfangs sah alles sehr einfach aus. Im ganzen Haus fanden sich frische Fingerabdrücke von Carl Tyson. Er war an jenem Nachmittag mit einer Lieferung innerhalb unsrer Siedlungsanlage gewesen. Fast der ganze Schmuck von Linda fehlte, also nahm man Raub als das plausibelste Motiv an. Ich dachte mir, dass sie den Verdächtigen

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