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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Fitnessübung darstellten. Der Gang vor seiner Zelle war schätzungsweise zweihundert Meter lang. In der Regel drehte er acht volle Runden zwischen der Tür am Ende des Gangs bis zur Steinwand direkt vor seinem Raum.
    Und in der ganzen Zeit kein einziger Besuch mehr von den Bossen ... Also war diese Observationszeit wahrscheinlich zugleich auch mein Prozess ... oder jedenfalls die avianische Art eines Prozesses .. . und ich wurde für irgendwas schuldig gesprochen? Und hocke deshalb in diesem düstren Loch?
    Seine Schuhe waren bereits durchgetreten, die Kleidung schon rissig. Aber da die Temperatur angenehm war (er schätzte, sie müsse wohl im ganzen Avianerhabitat 26° Celsius betragen) , fürchtete er eigentlich nicht, dass er frieren werde. Aber aus mehreren Gründen war ihm die Vorstellung wenig angenehm, dass er dann ganz nackt herumlaufen musste, wenn seine Kleidung sich völlig aufgelöst haben würde. Er g ri nste ziemlich schief beim Gedanken an seine Scheu während der Observationszeit. Es ist nicht grad besonders leicht, sein Häufchen zu machen, wenn drei gigantische Hennen dir dabei argwöhnisch zuschaun.
    Außerdem war er es allmählich leid, zu jeder Mahlzeit nichts als diese Mannamelonen zu bekommen, auch wenn sie nahrhaft waren. Die Flüssigkeit in der Mitte war erfrischend, und das saftige Fruchtfleisch schmeckte angenehm. Trotzdem sehnte er sich nach etwas geschmacklicher Abwechslung im Essen. Sogar dieser Synthetikfraß aus der Weißen Kammer wäre ja fast schon 'ne willkommene Abwechslung, sagte er mehrmals grimmig vor sich hin.
    Das größte Problem, die schwierigste Herausforderung für Richard in seiner Isolationshaft war es gewesen, sich das klare Denkvermögen zu bewahren. Anfangs hatte er mathematische Gleichungen im Kopf gelöst. In der letzten Zeit aber begann er zu furchten, dass seine Gedächtnisschärfe, schon wegen seines vorgerückten Alters, allmählich merklich nachzulassen begonnen haben könnte, und er verfiel darauf, sich mit der Rekonstruktion von Begebenheiten, ja ganzen bedeutenderen chronologischen Segmenten seiner eigenen Biographie zu befassen.
    Besonders interessierten ihn bei diesen Gedächtnisübungen die gewaltigen >Lücken< im Zusammenhang mit seinen Irrfahrten in Rama-II auf der Reise von der Erde zum Nodus. Es fiel ihm recht schwer, sich an Begebenheiten während dieser Odyssee zu erinnern, aber jedes Mal wenn er Mannamelone aß, beschwor dies Erinnerungsfragmente aus der Zeit seines langen Aufenthalts bei den Avianern in ihm herauf.
    Nach einer Mannamelonen-Mahlzeit hatte er sich einmal urplötzlich an eine große Zeremonie erinnert, an der zahlreiche Avianer teilnahmen. Er erinnerte sich an ein Feuer in einem Kuppelbau, an die eintönigen Klagelaute aller Avianer, als das Feuer erloschen war. Damals war er sehr verwirrt gewesen. Und auch jetzt konnte er das Erinnerungsbild in keinen klaren Zusammenhang bringen. Wo hat das alles stattgefunden? War das kurz vor meiner Gefangennahme durch die Oktarachniden? Er wusste es nicht mehr. Aber wie stets, wenn er versuchte, sich an irgendwas aus seiner Zeit mit diesen achtfüßigen Spinnenwesen zu erinnern, hatte auch der Versuch mit einem grässlichen Kopfschmerz geendet.
    Er dachte gerade bei der letzten Runde seines täglichen Gehpensums wieder an diese frühere Rama-Episode, als er unter der einzigen einsamen Lichtquelle im Flur angelangt war. Er sah nach vorn und merkte, dass die Tür seines Gefängnisses offen stand. Da haben wir's, dachte er, jetzt bin ich endgültig verrückt geworden. Jetzt leide ich schon an Halluzinationen.
    Aber die Tür blieb auch weiter geöffnet, als er sich ihr näherte. Er ging hindurch, blieb dann aber stehen und betastete sie mit der Hand, um sicher zu sein, dass er nicht den Verstand verloren habe. Dann kam er unter weiteren zwei Lichtquellen vorbei und erreichte endlich rechts von seinem Weg eine kleine offene Speicherkammer. Dort lagerten auf Borden sorgfältig gestapelt so acht bis zehn Mannas. Aha!, dachte Richard. Ich hab's kapiert. Sie haben meinen Haustrakt erweitert. Von nun an darf ich mir mein Futter selber holen. Und wenn es da jetzt noch irgendwo ein Bad gäbe .. .
    Und tatsächlich, weiter unten im Flur stieß er auf einen zweiten kleinen Raum zu seiner Linken, in dem es fließendes Wasser gab. Er trank zuerst in vollen Zügen, dann wusch er sich das Gesicht. Er spürte ein scharfes Verlangen, sich am ganzen Körper zu säubern. Aber seine Neugier war stärker. Zuerst einmal

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