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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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wolltest.
    Viele Stunden lang genoss er dieses zwanghafte Abfragen seiner Erinnerungen, besonders jene Partien, die sein Leben in Cambridge und auf der Space Academy betrafen, als er Tag für Tag lustvoll neues Wissen in sich aufnahm. Quantenphysik, der explosive Durchbruch im Kambrium, Wahrscheinlichkeitsberechnung und Statistik, ja, sogar der vergessene Wortschatz aus seinen Deutschkursen, alles brachte ihm nun wieder zu Bewusstsein, in welch hohem Maß sein Lebens- Glücksgefühl damals aus seiner hochgespannten Lern- und Wissbegier resultierte. In einer anderen, besonders lustträchtigen Erinnerungssequenz sprang sein Gehirn mühelos von einem Shakespeare-Stück zum anderen, das er zwischen seinem zehnten und siebzehnten Lebensjahr im Theater gesehen hatte. Jeder braucht seinen Helden, sein Idol, dachte Richard, als diese Montage von erinnerten Szenen vorbei war. Als einen Impulsgeber, der das Beste aus uns hervorkommen. lässt. Und mein Idol war eindeutig William Shakespeare.
    Andere Erinnerungen waren schmerzlich, besonders jene aus seiner Kindheit. Da war er auf einmal wieder acht Jahre alt und klebte auf der Bank an dem schmalen Esstisch im Haus seiner Eltern. Die Stimmung war geladen. Sein Vater, betrunken und dementsprechend von Wut gegen die ganze Welt erfüllt, stierte sie alle finster an, während sie stumm ihre Mahlzeit zu essen versuchten. Zufällig (oder aus Nervosität) verschüttete Richard ein paar Tropfen Suppe von seinem Löffel, und gleich danach traf ihn die Hand seines Vaters mit voller Wucht im Gesicht, so dass er von der Bank in die Ecke des Zimmers flog, dort kauerte er dann zitternd vor Angst und geschockt. Viele Jahre lang hatte er nicht an dieses Erlebnis gedacht, aber jetzt, als er sich wieder erinnerte, wie hilflos und verstört er seinem krankhaft tyrannischen Vater ausgeliefert gewesen war, konnte er die Tränen nicht zurückhalten.
    Und dann begann er sich auf einmal eines Tages an Einzelheiten aus seiner langen Irrfahrt in Rama-II zu erinnern, und sofort überkam ihn ein heftiger Kopfschmerz, der ihn beinahe blendete. Dann sah er sich in einem ihm unvertrauten Raum, er lag auf dem Boden und war von drei, vier Oktarachniden umringt. Man hatte ihm Dutzende von Sonden und andren Instrumenten am und im Körper appliziert; anscheinend wurde er einer Art Test unterzogen.
    »Hört auf! — Stop!«, schrie Richard und ließ das Gedächtnisbild in seiner heftigen Erregung zerbersten. »Mir platzt der Kopf!.
    Auf wundersame Weise löste sich der Schmerz in seinem Kopf, und er befand sich wieder inmitten der Achtbeinspinnen seiner Erinnerung. Er erinnerte sich wieder an die Tage um Tage dauernden Tests, denen er unterzogen wurde, und an die winzigen Lebewesen, die man ihm in den Körper gesetzt hatte. Er erinnerte sich auf einmal auch an eine recht absonderliche Serie von Sexualexperimenten, bei denen er allen möglichen Fremdstimulationen unterzogen und jedes Mal belohnt worden war, wenn er zu einer Ejakulation kam.
    Richard war von diesem Erinnerungsmaterial bestürzt, d as er nie zuvor abgerufen hatte, zumindest nicht seit seinem Erwachen aus dem Koma, in dem seine Familie ihn in New York/ Rama-II vorgefunden hatte. Ich erinnere mich — jetzt — auf einmal wieder auch an andre Dinge bei den Oktos, dachte Richard aufgeregt. Sie haben mit Farben untereinander kommuniziert, die ihre Köpfe umgaben. Sie waren grundsätzlich friedlich freundlich, aber entschlossen, alles Erfahrenswerte aus mir herauszuholen. Sie .. .
    Das Hirnbild verschwand. Richards Kopfschmerz war wieder da. Die Netzfäden hatten sich gerade gelöst. Er war erschöpft und schlief rasch ein.
    Nach vieltägiger kontinuierlicher Gedächtnis-Anzapfung war plötzlich Schluss. Richards Bewusstsein wurde nicht mehr von einer äußeren Zwang ausübenden Funktion gesteuert. Die Netzfasern gaben ihn über längere Zeitperioden hin frei.
    Eine ereignislose Woche verstrich. Doch in der Woche danach begann sich etwa zwanzig Zentimeter von Richards Kopf entfernt ein ungewöhnliches Kugelganglion zu bilden, das weit größer und viel dichter verflochten war als die sonstigen Ganglienknoten im Lebendgewebe. Das Ganglion schwoll bis zur Größe eines Basketballs an, und bald danach schob der große Klumpen Hunderte von Faserfingern in die Haut um Richards Schädel. Na endlich, dachte Richard — ungeachtet der Schmerzen, die ihm das Eindringen der Fäden in seine Hirnsubstanz verursachte. fetzt werden wir ja sehen, was das Ganze

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