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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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alles nur noch Musik. Sie öffnete die Augen und erblickte dicht vor sich Hen ry s lächelndes Gesicht. Sie streckte die Arme nach ihm aus, und er küsste sie wieder. Diesmal leidenschaftlich, wie ein Mann die Frau küsst, die er begehrt.
    Und Nicole erwiderte den Kuss, hielt nichts zurück und gab ihm durch ihren Kuss zu verstehen, dass sie ihm gehören wollte. Er aber zog sich zurück. Ihr persönlicher Prinz setzte eine stirnrunzelnde Maske auf. Er deutete auf ihr Gesicht. Dann wich er langsam zurück und verließ das Zimmer.
    Ihre Tränen hatten gerade zu fließen begonnen, als sich ein ferner Lärm in ihren Traum einmischte. Eine Tür öffnete sich, und Licht fiel in den Raum. Nicole blinzelte, dann schloss sie die Augen wieder vor dem Lichtschein. Das komplexe Arrangement von ultradünnen, plastikartigen Drähten, die an ihrem Leib befestigt waren, zog sich automatisch in die Behältnisse auf beiden Seiten der Segeltuchmatte zurück, auf der sie geschlafen hatte.
    Nicole erwachte sehr langsam. Der Traum war so unglaublich lebendig gewesen. Und ihr elendes Gefühl war nicht so rasch verflogen wie der Traum. Sie versuchte ihre Verzweiflung zu verscheuchen, indem sie sich selber vorsagte, dass nichts aus diesem Traum Realität sei.
    »Willst du ewig da so liegen bleiben?« Ihre Tochter Katie, die links von ihr geschlafen hatte, war schon auf und beugte sich über Nicole.
    Nicole lächelte. »Nein. Aber ich gestehe, dass ich mehr als nur ein bisschen zermatscht bin. Ich war grad mitten in einem Traum ... Wie lang haben wir denn diesmal geschlafen?«
    »Einen Tag weniger als fünf Wochen«, antwortete Simone von der anderen Seite her. Nicoles ältere Tochter saß da und strähnte sich interesselos die langen Haare, die während des Tests verfilzt waren.
    Nicole blickte auf die Uhr, stellte fest, dass Simone recht hatte, und richtete sich ebenfalls auf. Sie gähnte. »Also, wie fühlt ihr euch?«, fragte sie die beiden Mädchen.
    »Völler Energie«, sagte die Elfjährige grinsend. Ich will rennen, springen, 'nen Ringkampf mit Patrick machen ... Hoffentlich war das jetzt unser letzter langer Schlaf!«
    »Der Adler hat gesagt, dass es so ist«, erwiderte Nicole. »Sie hoffen, dass sie damit ausreichend Daten haben.« Sie lächelte. »Der Adler sagt, wir Frauen machen ihnen größere Schwierigkeiten, uns zu verstehen — wegen unserer wilden monatlichen Hormonvariationen..
    Nicole stand auf, reckte sich und gab Katie einen Kuss. Dann schob sie sich hinüber und umarmte Simone. Sie war zwar noch nicht ganz vierzehn, aber fast schon so groß wie Nicole. Eine bestürzend schöne junge Frau. Dunkelbraune Gesichtshaut, weiche, gefühlvolle Augen. Immer wirkte sie ruhig und heiter, in drastischem Gegensatz zu der Ruhelosigkeit und Ungeduld bei Katie.
    »Wieso war 'n Ellie nicht bei dem Test dabei?«, fragte Katie leicht quengelnd. »Die ist schließlich auch ein Mädchen, aber die braucht anscheinend nie was zu machen.«
    Nicole legte Katie den Arm um die Schulter, als sie zu d ri tt auf die Tür und das Licht zugingen. »Aber sie ist doch erst vier Jahre, Katie, und wie uns der Adler sagt, ist Ellie einfach noch zu klein, ihnen irgendwelche von den kritischen Daten zu liefern, die sie noch brauchen.«
    In dem kleinen, hellen Vorzimmer direkt vor dem Raum, in dem sie fünf Wochen lang geschlafen hatten, legten sie die hautengen Anzüge wieder an, die Transparenzhelme und die Slipper, durch die ihre Füße am Boden hafteten. Nicole überprüfte die Ausrüstung der beiden Mädchen sorgsam, bevor sie die Außentür des Abteils aktivierte. Aber sie hätte sich die Mühe sparen können. Diese Tür hätte sich nicht öffnen können, wenn nicht alle drei für die Environment-Veränderung vorbereitet gewesen wären.
    Wäre ihnen der große Raum, den sie nun betraten, nicht bereits von mehrfachen Visiten bekannt gewesen, Nicole und ihre Töchter wären wahrscheinlich verblüfft stehen geblieben und hätten minutenlang nur gegafft. Vor ihnen erstreckte sich ein langer Raum, hundert oder mehr Meter lang und fünfzig Meter breit. Die Decke, etwa fünf Meter über ihren Helmen, strahlte von Lichtbändern. Es sah aus wie eine Mischung von OP- Saal in einem Krankenhaus und einer Halbleiterfabrik daheim auf der Erde. Der Saal war weder durch Wände noch durch Abteile irgendwie aufgeteilt, trotzdem schien der Gesamtraum klar und eindeutig verschiedenen Zwecken zugewiesen zu sein. Es herrschte heftige Betriebsamkeit — die Roboter

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