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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Dr. Rosen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, die restliche Flugzeit hier neben Frau Johannsen zu sitzen? Nur für den Fall, dass 

»
    Bei der Erwähnung ihres Namens beginnt die Patientin wie auf Kommando wieder zu japsen. Ich entferne die Tüte, denn eventuell braucht Nelly jetzt doch mal etwas frische Luft.
    «Also, ich wollte eigentlich 

», setze ich an, verstumme aber gleich darauf wieder. Hier hat ja ohnehin keiner Verständnis für einen überarbeiteten Arzt. Ich seufze erschöpft. «Natürlich bleibe ich hier.»
    Die Stewardess nickt, als hätte sie nichts anderes erwartet.
    Als sie endlich abzieht, werfe ich einen letzten prüfenden Blick auf meine Sitznachbarin und kann zufrieden sein. Sie hat die Augen geschlossen und atmet etwas ruhiger. Hoffentlich bleibt das so. Sonst geht es ihr womöglich gleich wieder so gut, dass sie mich vollquasselt.
    Nach weiteren fünf Minuten, in denen sich der Zustand meiner Patientin nicht nennenswert ändert, riskiere ich einen kurzen Blick in Richtung meiner Zeitung. Der fremde Kerl ist inzwischen beim Wirtschaftsteil angelangt und macht einen zufriedenen und tiefenentspannten Eindruck.
Wie schön für ihn
, denke ich gehässig und will gerade aufspringen, um ihm
mein
Blatt zu entreißen. Doch der Getränkewagen ist im Weg. Statt also schnell nach vorn zu preschen und mein Eigentum zurückzuverlangen, vertiefe ich mich ins Bordmagazin. Ein furchtbares Ding. Ich schaffe gerade noch, die ersten beiden Sätze über Alice Cooper in Phoenix zu lesen, da geht es auch schon los.
    «Was machen Sie denn hier?», fragt Nelly Irgendwas so überrascht, als würden wir uns gerade zufällig auf der
Queen Mary 
2
begegnen. «Fliegen Sie auch nach Genf?»
    Nein, ich fliege zum Mond. Eigentlich komisch, dass wir in derselben Maschine sitzen.
    Ich schweige einen Moment, dann dreht sich meine Nachbarin erneut in meine Richtung. «Saßen Sie vorhin auch schon neben mir?», will sie jetzt wissen.
    Was habe ich gesagt? Schon wird mir ein Gespräch aufgedrängt. Frauen können sich einfach nicht still beschäftigen, zumindest nicht wenn jemand zum Reden in der Nähe ist. Hunde, Kinder, Gehörlose – nichts und niemand ist vor ihrem Rededrang sicher. Und Männer, die sich nicht nur sehr gut still beschäftigen können, sondern das auch noch mit Vorliebe tun, werden gnadenlos bei diesem Hobby gestört. Ich habe jedenfalls bislang noch keine Frau kennengelernt, die sich in Gegenwart eines lesenden Mannes nicht vernachlässigt fühlt.
    Wobei von Vernachlässigen im Fall von Nelly Irgendwas ja nun wirklich keine Rede sein kann. Immerhin habe ich ihr gerade das Leben gerettet.
    «Hallo? Dr. Rosen?», ruft sie nun etwas lauter. «Sie sind doch Dr. Rosen, oder?»
    «Ja.»
    «Was machen Sie hier?»
    Na, was wohl, Ihr Kindermädchen spielen.
    «Ich habe Sie medizinisch versorgt. Sie haben hyperventiliert.»
    «Hyper-was?»
    «Hyperventiliert. Das passiert, wenn das Hirn zu viel Sauerstoff bekommt.»
    Nelly Irgendwas starrt mich mit gerunzelter Stirn an. «Ach, und ich dachte, das Hirn braucht Sauerstoff.»
    Sehen Sie jetzt, was ich meine? Frauen wollen um jeden Preis reden. Auch wenn es noch so schwachsinnig ist oder sie von der Materie keine Ahnung haben.
    «Das ist richtig», erkläre ich geduldig. «Aber nicht so viel auf einmal.»
    Sie schweigt andächtig. Das war wohl zu viel Information für sie. Ich vertiefe mich wieder in das sinnentleerte Bordmagazin und sehe aus dem Augenwinkel, wie Nelly sich zum Fenster dreht. Puh, geschafft, denke ich. Vielleicht schläft sie ja gleich ein. Aber ich traue dem Frieden nicht.
    Als zwei Minuten später immer noch nichts zu hören ist, blicke ich vorsichtig zu ihr hinüber. Im Gesicht hat sie wieder etwas Farbe bekommen, sodass sie nicht mehr ganz so nach Gruselfilm aussieht. Obwohl ihr die Blässe irgendwie auch ganz gut stand. Attraktiv ist sie, das muss man ihr lassen. Sehr attraktiv sogar. Und sie riecht auf eine unaufdringliche Art gut. Gerade so, dass man mit seiner Nase an ihrem Hals entlangfahren möchte, um mehr zu erschnuppern. Also, wenn ich nicht wüsste, dass sie erstens ledig ist und zweitens zur Geschwätzigkeit neigt, würde ich mich jetzt vielleicht dazu hinreißen lassen, tröstend meine Hand auf ihre zu legen. Und wer weiß, vielleicht könnte man sich in Genf ja mal auf einen Absacker treffen? Aber so lasse ich es. Außerdem habe ich ja bereits eine Affäre, und zwar eine, die mir so langsam über den Kopf wächst.
     
    «Mein

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