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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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lieber Paul», hatte mir Birte Morgenroth am Morgen entgegengefaucht, als ich gegen neun Uhr die Praxis betrat, um noch schnell ein paar Telefonate zu führen. «Was glaubst du eigentlich, was ich so mit mir machen lasse?»
    Ich schwieg, was sie jedoch nicht zu registrieren schien.
    «Ich bin doch nicht dein Betthäschen», fuhr sie fort, «das du nach dem Spielen wieder wegschieben kannst, um dann mit der Nächsten in die Schweiz zu reisen.»
    Ich verstand überhaupt nicht, was sie meinte, und sagte deshalb halbherzig: «Quatsch, wie kommst du denn auf so etwas?» Dabei wollte ich es ehrlich gesagt gar nicht wissen. Solche Gespräche führen zu nichts. Man streitet sich, man versöhnt sich wieder – und wofür? Ich weiß es bis heute nicht.
    «Na, entschuldige mal. Kaum rede ich von Scheidung, nimmst du Reißaus. Und das ausgerechnet jetzt, wo es in meinem Leben so viel zu klären gibt. Das ist doch wohl ein deutliches Zeichen, dass du mich nicht mehr willst. Oder eine andere hast.»
    Nicht mit einem Wort oder einer Geste habe ich so etwas durchblicken lassen. Wie kam sie nur darauf? Und was gab es so Wichtiges zu klären? Meinetwegen konnte doch alles so bleiben, wie es war. Außerdem war der Vorwurf, dass ich eine andere habe und deshalb mit ihr Schluss machen würde, nun wirklich an den Haaren herbeigezogen. Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie von einer Frau getrennt. Im Gegenteil: Ich war immer derjenige, der verlassen wurde. Meist plagte meine jeweilige heimliche Affäre nach ein paar gemeinsamen Monaten das schlechte Gewissen. Oder sie hat Angst, ihr Mann könne uns auf die Schliche kommen. Es gab sogar ein paar Fälle, in denen die Ehe plötzlich wieder besser lief und ich nicht mehr gebraucht wurde.
    «Ich nehme weder Reißaus, noch habe ich vor, dich wegzuschieben», versuchte ich Birte zu beschwichtigen. «Und es gibt auch keine andere. Allerdings hatte ich auch nicht vor, dass etwas Festes aus unserer Affäre wird.»
    DAS war natürlich dumm. DAS hätte ich besser nicht sagen sollen. Auch wenn ich bislang dachte, dass Birte ebenfalls nur eine Affäre sucht. Wie hätte ich denn ahnen können, dass sie sich gleich scheiden lassen will?
    «Ach ja?», zischte sie und leckte sich über ihre Reißzähne. «Und warum nicht? Bin ich dir etwa nicht gut genug? Zu alt? Hängen meine Brüste zu tief? Was ist der Grund?»
    Harr, noch so etwas, das typisch Frau ist: dieser Altersneid. Ständig hassen sie die jüngeren Geschlechtsgenossinnen. Meist ohne Grund. Ich bin Arzt, ich weiß, wovon ich spreche. Es gibt Hängebrüste jeder Altersklasse, und mal ganz ehrlich: Manche davon sind sehr sexy. Aber das wird man einer Frau, die die dreißig überschritten hat, niemals klarmachen können.
    Ich überlegte, wie ich mich erklären könnte, wohl wissend, dass das kaum möglich ist. Denn welchen Grund gäbe es schon, den eine eifersüchtige Frau gelten lassen würde?
    Ich bin verheiratet und meine Frau kann Kung-Fu. (Das traf in meinem Fall ja beides nicht zu.)
Ich habe zu wenig Zeit. (Plötzlich sind sie total genügsam.)
Ich will ins Ausland gehen. (Das wollten sie ja auch schon immer.)
Ich will meine Ruhe. (Dann bekommt man ’ne Ohrfeige.)
    Ich sagte deshalb: nichts. Und das ist nun wirklich etwas, das Frauen in den Wahnsinn treibt: Schweigen. Einfach nichts sagen. Damit kann keine Frau umgehen. Auch Birte konnte es nicht. Sie verließ türenknallend den Raum.
     
    «Können Sie vielleicht mal irgendetwas sagen, das mich von diesen schrecklichen Geräuschen hier im Flugzeug ablenkt?»
    Meine Sitznachbarin ist wieder zum Leben erwacht und steht offenbar auch nicht auf schweigende Männer. Aber das ist ja nun wirklich nicht mein Problem. Außerdem habe ich keine Ahnung, was ich sagen könnte. Smalltalk liegt mir nicht besonders.
    Doch Nelly Irgendwas hat inzwischen wieder das fahle Weiß der Spucktüte angenommen, und ihre Augen blicken so flehentlich wie die eines eingesperrten Zuchtnerzes. Vielleicht sollte ich doch besser mal etwas sagen, bevor hier gleich wieder zwei besorgte Stewardessen herbeischießen. Ich räuspere mich.
    «Also, äh 

ich glaube, wir stürzen ab.»

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8. Nella
    Freitag, Genf
    17  Uhr  20 . Bin im Himmel! Ist total hübsch hier. Hat sogar 2009 einen Designpreis gewonnen, wie ich in einer eingerahmten Urkunde lese. Ich finde das allerdings ganz schön spät, dafür, dass der Himmel schon so lange existiert.
    18  Uhr 00. Muss wieder eingeschlafen sein. Wo bin

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