Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman
von Birte Morgenroth.
«Seit sie nun aber mit Ihnen schläft
…
»
Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich Nellas Augen zu kleinen, hasserfüllten Schlitzen formen.
«
…
ist sie wesentlich entspannter», fährt Morgenroth fort. «Der Alltag mit ihr ist sogar fast erträglich geworden. Und was unser Liebesleben anbelangt
…
»
Ich ziehe instinktiv den Kopf ein.
«
…
das gab es auch schon nicht mehr, bevor Sie auftauchten. Aber das wissen Sie ja sicher alles, Dr. Rosen.»
Ich nicke aus Versehen. Mir fällt auch inzwischen nichts mehr ein, womit ich die Situation entschärfen könnte. Wütend bin ich trotzdem. «Können Sie mal auf den Punkt kommen», fordere ich genervt, muss aber leider etwas lispeln. «Ich habe nämlich noch etwas
wirklich
Wichtiges vor.»
Er scheint mich trotzdem verstanden zu haben. «Okay», sagt Morgenroth, und die zarte Hoffnung, dass er nun gleich mit einem
April, April
auf den Lippen den Frühstücksraum verlassen wird, keimt in mir auf.
«Wir haben zwei Probleme.»
Wir?
Meine Hoffnung zerfällt zu Staub.
«Erstens: Meine Frau will sich scheiden lassen.» Wie zur Unterstreichung seiner Aussage zerschneidet er ein Brötchen und belegt es mit der Wurst von meinem Teller. «Zweitens: Ich kann das nicht zulassen. Jedenfalls noch nicht.»
«Also, daran bin ich nun wirklich nicht schuld», nuschele ich. «Meinetwegen braucht Ihre Frau sich nicht scheiden zu lassen.» Ich hoffe, damit zumindest schon mal die Mordlust aus Nellas Blick vertrieben zu haben. «Ich bin nämlich eigentlich gar nicht der Typ fürs Heiraten. Also, ich kann Ihre Angst da auch vollkommen verstehen und
…
»
«Nein, das können Sie definitiv nicht.»
Okay, er hat recht.
«Jetzt passen Sie mal auf, Dr. Rosen. Nach dem Tod meiner Eltern habe ich ein bisschen Geld geerbt. Gerade genug, um ein paar Aktien zu kaufen. Von einer Solarfirma. Als letztes Jahr die Branche boomte, habe ich die Aktien wieder verkauft – und damit gelinde gesagt ein Vermögen gemacht.»
Er schiebt sich eine Brötchenhälfte in den Mund, und ich beschließe spontan, mir die Kosten für das Frühstück mit ihm zu teilen.
«Birte und ich haben eine Zugewinngemeinschaft», fährt er mit vollem Mund fort, «Sie wissen sicher auch ohne Eheerfahrung, was das bedeutet. Im Falle einer Scheidung bekäme meine Frau die Hälfte. Und ich finde, dafür, dass wir nicht einmal mehr miteinander schlafen
…
» Er macht eine Pause und grinst Nella notgeil an. «…ist das ja nun wirklich übertrieben.»
«Verstehe», sage ich schnell, obwohl das genau genommen immer noch nicht ganz der Fall ist. Voller Inbrunst wünsche ich mir, dass Nella zufällig wieder einen Anfall von Schnappatmung bekommt und vom Tisch aufsteht, bevor die schmutzigen Details ausgebreitet werden.
«Mein Plan ist daher folgender», erklärt Morgenroth und zerstreut damit meine Hoffnung, weil Nella sich jetzt mit vor der Brust verschränkten Armen gegen ihre Lehne fallen lässt. Klar, die Info lässt sie sich nicht entgehen. Ihre Stirn gleicht mittlerweile einem geschrumpelten Orchideenblatt, und ihre Augen sind kaum mehr zu erkennen.
«Sie machen Birte bei Ihrer Rückkehr klar, dass dies hier alles…» Morgenroth macht eine lapidare Handbewegung in Richtung Nella. «…nur ein Ablenkungsmanöver war, um an diesen Job zu kommen. Wie Sie das erklären, ist Ihre Sache. Sie müssen sich nur irgendetwas einfallen lassen, damit Birte noch eine Weile mit mir verheiratet bleibt.» Sein Blick hat jetzt etwas Drohendes. «Ich habe morgen hier vor Ort einen Termin mit meiner Schweizer Bank. Das ist der eigentliche Grund meines Besuches. Aber es ist natürlich schön, dass ich Sie auf diesem Weg einmal persönlich kennenlernen konnte. In Hamburg bin ich zur Zeit nämlich nur noch selten. Die Geschäfte, Sie verstehen?»
Ich nicke mechanisch, und der Mann meiner Sprechstundenhilfe fährt fort: «Vermutlich wissen Sie, dass man sein Geld auch in der Schweiz nicht mehr ganz so leicht verschwinden lassen kann wie noch vor ein paar Jahren. Deshalb reise ich momentan sehr viel. Ich schätze, ich brauche noch etwa ein Jahr. Dann habe ich das Geld
…
Wie sagt man? Gewaschen.» Er grinst. «Ach, und noch etwas, Dr. Rosen. Ihre Affäre mit meiner Frau muss natürlich weiterlaufen. Nicht dass Birte sich einen anderen Liebhaber sucht und sich wegen dem scheiden lässt. Außerdem ist sie sonst unerträglich.»
Oh nein, nicht das auch noch! «Also
…
äh, Ihre Frau ist gerade ein
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