Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman
ist demzufolge eine Patientin von Ihnen, die als Prostituierte arbeitet? Ein Job für drei Tage – das war sicccher nicccht billig. Nein, sagen Sie jetzt niccchts, Paul.» Abwehrend hebt er die Hand, als ich protestieren will. «Es war ja nun wirkliccch nicccht zu übersehen, wie vernarrt Sie in die Dame waren.»
Mir fehlen die Worte. Warum lässt mich denn auf einmal niemand mehr ausreden? Und was, um alles in der Welt, haben plötzlich alle mit dieser Prostituierten? Als sei ich ein lüsterner Greis, der es ohne Bezahlung nie zu einer Ehefrau bringen würde. Aber vermutlich lag es an Nellas Netzstrumpfhose. Die hat eindeutige Signale ausgesendet, jedenfalls in Richtung Schümli. Ich habe es ja von Anfang an gewusst.
Fakt ist: Dies ist eine Absage, und ich bin außerstande, zu antworten.
Was ist hier nur los? Was sind das für Aufzeichnungen, die Schümli aus seinem Koffer geholt hat?
«Sie wären meine erste Wahl gewesen, Paul.» Schümli lässt sich auf den Schreibtischstuhl fallen und verschwindet fast hinter dem Kofferdeckel. «Dr. Hartmann arbeitet zwar auf demselben Niveau wie Sie, verfügt auccch über eine ähnliccch ruhige Hand und möglicccherweise sogar über einen ebenso ausgeprägten Sinn für Ästhetik. Allerdings», er zwinkert kurz «fehlt es ihm an Ausstrahlung. Was man von Ihnen nicccht gerade behaupten kann.»
Ich schlucke.
«Die Patienten, vor allem die weibliccchen, wollen siccch geborgen und gut aufgehoben fühlen. Sie müssen absolutes Vertrauen zu ihrem Arzt haben, schließliccch legen sie – im wahrsten Sinne des Wortes – ihr Gesicccht in seine Hände.»
Das weiß ich doch alles!
«Iccch habe Sie beide daher sehr genau beobaccchtet, auccch im Hinblick darauf, wie ihre jeweilige Art bei den Patienten ankommt. Und da liegen Sie in der Patientengunst weit vorn. Leider wurde Ihnen das in diesem Fall zum Verhängnis.»
Ich verstehe leider immer noch nicht genau, worauf das hier hinauslaufen soll.
«Mein Gott, Paul», donnert Schümli plötzlich ohne Vorwarnung los. «Iccch hatte doccch klar und deutliccch gemacccht, welccche Bedingungen an diese Stelle geknüpft sind. Wie konnten Sie das einfaccch übergehen? Und was noch viel schlimmer ist: Wie konnten Sie miccch und meine Frau so dermaßen beschwindeln?» Er schüttelt verständnislos den Kopf. «Und auccch das Fräulein Nella tut mir sehr leid.»
Schon wieder Nella! Diesen Namen werde ich definitiv zu Hause einer Voodoopuppe geben, ehe ich sie dann stellvertretend mit Nadeln traktiere. Denn eines liegt ja wohl auf der Hand: Nella hat mich verpfiffen. Woher sonst sollte Schümli plötzlich diese Details über mein Leben haben?
«Also, äh
…
», unternehme ich einen schwachen Versuch, mich zu rechtfertigen, «ich habe doch eigentlich gar nicht
…
» Es hilft nichts, ich komme aus der Sache nicht wieder raus. Selbst wenn ich erkläre, dass das Ganze, zumindest am Anfang, ein Missverständnis war, gibt es eigentlich wirklich keine Ausrede für das anschließende Spektakel.
Wie ein Schuljunge, dem soeben klar wurde, dass der Standpauke auch noch eine körperliche Züchtigung folgen wird, senke ich den Kopf.
«Warum, zum Henker, haben Sie miccch so beschwindelt?», lässt Schümli jetzt seinen imaginären Rohrstock auf mich niedersausen. «Wann hatten Sie denn vor, das Ganze aufzuklären? Naccch unserer Unterschrift?»
«Na ja
…
» Ehrlich gesagt, ich weiß es ja selbst nicht. «Ich dachte, eine Gelegenheit dafür würde sich schon irgendwann ergeben.»
Schümli schnaubt verächtlich. «Paul, verstehen Sie das doccch, iccch kann hier keinen ledigen, attraktiven 40-Jährigen gebrauccchen, der siccch an meinen Patientinnen vergreift und somit Unfrieden stiftet. Was meinen Sie, ist hier los, wenn Sie hier ebenfalls wahllos Affären eingehen oder siccch mit Prostituierten umgeben?»
Ich nehme an, er hat die Antwort hierzu schon parat. Und so ist es auch.
«Dann habe iccch hier ganz schnell eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die von Ihnen Beglückten und die von Ihnen Verschmähten.» Nach einer kurzen Pause fügt er noch hinzu: «Und die von Ihnen Gekauften
…
Und was das für Probleme gibt, möccchte iccch mir gar nicccht erst ausmalen.»
Ich mir ehrlich gesagt auch nicht. Denn einen ersten Vorgeschmack darauf habe ich ja soeben erhalten. Das beste Beispiel, wozu Frauen in Extremsituationen fähig sind, lässt sich wohl anhand von Nellas Verhalten ablesen. Ohne Scheu und Rücksicht hat sie nichts Besseres
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