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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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diffuser, fast parfümierter Duft in der Luft.
    In einem halben Jahr, überlege ich, wenn ich hierher zurückkehre, um mir eine Wohnung zu suchen, ist der ganze Blütenzauber vermutlich bereits wieder vorbei. Dann beginnt im wahrsten Sinne der goldene Herbst, und noch ehe der erste Schnee fällt, werde ich mein Büro mit Seeblick bezogen haben.
    Beflügelt von diesen positiven Gedanken, folge ich dem Professor und springe hinter ihm die Eingangsstufen empor. Im Wartebereich sitzt, überpünktlich wie immer, Dr. Hartmann. Wir nicken uns stumm zu, und ich bete, dass er wenigstens jetzt seinen Mund hält. Er muss auch eigentlich bereits ahnen, dass er den Wettkampf verloren hat.
    «Gehen Sie doccch bitte durccch, ins Bespreccchungszimmer, meine Herren. Oder nein, halt.» Schümli bleibt einen Moment unentschlossen stehen. «Eventuell ist es besser, wir wahren die Privatsphäre und unterhalten uns jeweils zu zweit.» Grüblerisch legt er einen Zeigefinger an den Mund. «Am besten, iccch werde alphabetisch vorgehen. Das bedeutet, Sie nehmen noch einen Moment hier Platz, Dr. Rosen.» Er öffnet eine Tür, hinter der seine private Bibliothek zum Vorschein kommt. «Und iccch gehe mit Dr. Hartmann in mein Büro.»
    Ich nicke und folge ihm in einen Raum, in dem sich die größte Ansammlung von Fachbüchern, Nachschlagewerken und Romanen befindet, die ich je gesehen habe. Die vielen Bücher verleihen dem Raum nicht nur ein sehr gemütliches, sondern vor allem ein äußerst gediegenes Flair. Selbst wenn Schümli nur einen Teil dieser Publikationen gelesen hat, ist das weit mehr, als manch anderer in seinem ganzen Leben schafft. Selbst wenn man die Jerry-Cotton-Hefte aus der Jugend dazuzählt.
    «Hier können Sie siccch sicccher einen Moment beschäftigen.» Schümli zwinkert mir zu. «Scheuen Sie siccch nicccht, etwas anzufassen. Dafür sind Bücccher da.»
    Dann verschwindet er in Richtung Besprechungszimmer, und im Stillen bewundere ich ihn für seine Disziplin. Ich an seiner Stelle hätte meinem Favoriten längst durch ein geheimes Zeichen zu verstehen gegeben, wie die Entscheidung ausgefallen ist. Ich meine, wir beide wissen ja, was gleich passieren wird. Warum also die Heimlichtuerei? Aber gut. Soll er meinetwegen erst in Ruhe dem Hartmann absagen. Die Zeit habe ich jetzt auch noch.
    Gelassen stöbere ich durch die Bücherregale. Wirklich unglaublich, was hier so rumsteht. Einige Exemplare sind vermutlich ein Vermögen wert. Manche sehen aus, als hätte er sie von Robert Koch persönlich geschenkt bekommen. Vorsichtig ziehe ich ein paar interessante Titel hervor und blättere eine Weile darin herum.
    Als ich mich gerade in
Das parasympathische Nervensystem
vertiefen will, tut sich draußen vor der Tür etwas. Instinktiv schaue ich auf die Uhr: Vierzig Minuten sind bereits vergangen. Ein langes Gespräch also. Jetzt höre ich eine Tür schlagen, kurz darauf dringen Stimmen von draußen vor dem Gebäude herauf.
    Unauffällig schleiche ich mich zum Fenster. Schümli und Dr. Hartmann stehen vor einem Taxi und sind offensichtlich dabei, sich zu verabschieden.
    Ein paar Wortfetzen dringen durch die Scheibe an mein Ohr.
    « 

trotzdem alles Gute», höre ich, und etwas, das wie « 

für Ihre weitere Zukunft» klingt. Na, wenn das nicht die Einleitung für eine endgültige Verabschiedung ist!
    Ich gehe hinter einem schweren Samtvorhang in Deckung und reiße unbeobachtet meine Hände zum Victory-Zeichen in die Höhe.
    Yes, gewonnen!!!
    «Grüßen Sie Ihre Frau!» ist jetzt von draußen zu hören und irgendetwas von «Gute Heimreise» und «Vielen Dank». Dann folgt ein kurzes Schweigen, und ich kann aus meinem Versteck beobachten, wie die beiden sich die Hände schütteln. Ein letztes Mal vernehme ich noch die verhasste Stimme des idiotischen Hartmann: «Danke schön», murmelt er.
    Mehr kann ich leider nicht verstehen, da der Idiot inzwischen anscheinend so geschwächt ist, dass er nur noch sehr leise spricht.
    Ich muss mich zusammenreißen, um nicht wie Rumpelstilzchen durch den Raum zu hüpfen. Genau wie ich es vorhergesagt habe: Der Kerl hat es vermasselt. Ha! Und wie zerknirscht er klang! Geschieht ihm recht, dem Streber! Würde mich nicht wundern, wenn er bis zuletzt versucht hat, mich bei Schümli anzuschwärzen. Aber umsonst! Arrivederci, mein Lieber, du kannst nach Hause fahren!
    Ich könnte die ganze Welt umarmen! Schade, dass Nella jetzt nicht hier ist. Dann würde ich mich bei ihr bedanken und sie später

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