Die naechste Frau
sich auf die angenehm straffe Matratze. Jetzt, da sie wusste in wessen Bett sie lag, glaubt sie den schwachen Duft erkennen zu können. Das war die Bodylotion ihrer Chefin. Ganz sicher. Sie brachte es nicht über sich, das Bett abzuziehen. Sie blieb liegen, wollte den Augenblick genießen, ihr irgendwie nahe zu sein.
Wie spät war es eigentlich?
Der Wecker zeigte halb drei. Sie stand auf. Die Schmerztabletten taten ihre Wirkung. Sie öffnete das Fenster, dann ging sie ins Bad.
Sie las nochmals die Notiz, die ihre Chefin ihr geschrieben hatte.
Es klang auch nicht zwischen den Zeilen durch, dass sie Jackie Vorwürfe gemacht hatte oder genervt gewesen war. Nein, der Tonfall klang eher fürsorglich. Hatte sie sich etwa Sorgen um Jackie gemacht?
Jackies Herz setzte freudig erregt einen Schlag aus. Sie presste das Stück Papier an sich und schwor sich, es nie wieder zu verlieren. Sie faltete es vorsichtig und steckte es in die Tasche ihrer Jeans.
Dann entschied sie, doch zu duschen. Die Zeit hatte sie, und hier war alles so schön. Die Dusche bestand aus spiralförmig gemauerten, bunten Mosaik-Fliesen. Von oben strömte das Wasser, dazu seitlich aus zwei Brauseköpfen, die sich verstellen ließen. Als sie das Wasser anstellte, duftete es nach Orangenaroma. Derart angenehm hatte Jackie noch nie geduscht.
Was verdient so ein Hausleitung eigentlich? Reicht es aus, um sich ein teures Auto und ein Haus zu leisten? Jackie bezweifelte das eher. Vermutlich stammte ihre Chefin einfach aus vermögenden Verhältnissen.
Sie duschte nicht zu lange, wollte vermeiden, dass sich ihre Hautstrips lösten. Schließlich mussten die noch einige Tage halten. Das hatte ihre Chefin übrigens exakt hinbekommen, stellte sie etwas später fest, als sie einen kritischen Blick in den Spiegel warf.
Sie nahm die Lotion, roch daran, cremte sich ein. Es fühlte sich gut an. Dann zog sie sich an. Ihre Jeans sah sehr ramponiert aus. Jackie schlüpfte in ihr Shirt und dachte zum ersten Mal daran, dass sie auf Station anrufen sollte, um Jasmin ein Lebenszeichen zu geben.
Wie spät war es überhaupt? War Jasmin noch im Dienst?
Plötzlich meldete sich Jackies Magen. Sie solle sich in der Küche bedienen, hatte auf dem Zettel gestanden. Das würde sie tun. Wenn sowieso schon alles vorbei war und sie sich einen anderen Job suchen würde, käme es darauf auch nicht mehr an.
Sie ging in die Küche, öffnete den Kühlschrank. Diese Frau hatte Ordnung, überall. Vor allen Dingen hatte sie einen guten Geschmack und war mit leckersten Lebensmitteln ausgestattet. Jackie überflog das Angebot an Käse, Oliven, Brotaufstrichen, Salami, Gemüse. Von allem war reichlich da. Lebte sie wirklich alleine?
Jackie nahm sich zuerst ein Joghurt, entdeckte Müsli in der Schublade. Sie fand eine kleine Schale, gab Joghurt und Müsli hinein, goss einen großen Schluck Sojamilch darüber und setzte sich an den Tisch.
Ihre Chefin schien gern zu kochen. Es standen viele frische Kräuter auf der Fensterbank und im Schrank hatte Jackie ein Gewürzsortiment gefunden, das sie in so einem Ausmaß noch nie gesehen hatte. Sie stellte sich die Breitenbach in ihrer Küche vor, beim Kochen. Es gelang ihr nicht recht. Sie hatte diese Frau immer nur offiziell erlebt. Es war schwierig, sich vorzustellen, dass sie in ihrem Leben überhaupt auch etwas anderes tat, als ein Heim zu leiten.
Jackie löffelte die Schale leer. Nahm sich einen Tetrapack Orangensaft aus dem Kühlschrank und goss sich ein großes Glas ein. Warum hatte sie schon wieder so einen deftigen Appetit? Hatte sie letzte Nacht etwas geraucht? Ihre Erinnerung blieb jedoch nach wie vor verschwommen.
Jackie räumte das Geschirr weg und setzte sich aufs Sofa, um Jasmin anzurufen.
„Wo bist du?“, rief Jasmin ins Telefon.
Jackie hielt ihr Handy ein Stück vom Ohr ab. „Warum?“, fragte sie zurück, um Zeit zu gewinnen. Was hatte die Breitenbach Jasmin erzählt, weshalb Jackie heute nicht zum Dienst erschienen war?
„Unsere Chefin sagt, sie hätte dich letzte Nacht von der Straße aufgelesen. Du warst wohl ziemlich angeschlagen. Wie geht es dir?“
Jackie ging nicht auf Jasmins Frage ein. „Was hat sie gesagt? Erzähl schon. Wie war sie drauf? Ist sie sehr genervt?“
Jasmin überlegte einen kurzen Augenblick. „Nein, kann man nicht sagen. Genervt war sie nicht. Eher besorgt. Wirklich, sie hat sich eher Sorgen um dich gemacht.“
Jackie spürte, wie ihr bei diesen Worten warm wurde. Es fühlte sich so gut an. Sie
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