Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die naechste Frau

Die naechste Frau

Titel: Die naechste Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanne Hipp
Vom Netzwerk:
Mutes. Das war letzten Monat gewesen, ein erstes Kennenlernen von Klientin und Psychologin, um zu sehen, ob man überhaupt in der Lage war, miteinander zu arbeiten, sich zu vertrauen. Aber Jackie hatte diese rothaarige, etwas rundliche Frau mit ihrer Nickelbrille vom ersten Augenblick an gemocht, hatte sofort gewusst, dass sie es schaffen würde, sich bei ihr öffnen. Jetzt kam sie bereits zum vierten Mal und jedes Mal wurde es leichter für sie.
    „Weiß Ihre Frau von Ihrem Problem?“
    „Ja. Im Großen und Ganzen ja.“
    „Was heißt das?“
    „Ich hab angefangen ihr davon zu erzählen“, sagte Jackie zögernd, „aber sie muss ja nicht alles so im Detail wissen.“
    „Warum?“
    „Sie hatte sich sofort übergeben.“
    Frau Speyer lehnte sich zurück, wartete einen Augenblick, bis sie schließlich fragte: „Was glauben Sie, warum Ihrer Frau schlecht geworden ist?“
    „Vor Ekel?“, versuchte es Jackie.
    Frau Speyer sah sie nur an. Jackie ahnte, dass sie mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden war. Warum sollte sich Alex aber sonst übergeben haben? Sie kam auch nach nochmaligem Überlegen auf keine andere Lösung, zuckte mit den Schultern.
    „Vielleicht aus Mitgefühl?“, half ihr die Psychologin weiter. „Vielleicht, weil sie sich vorgestellt hatte, wie furchtbar es Ihnen als Kind ergangen war, wie Sie gelitten haben?“
    Das traf.
    „Ja“, sagte Jackie nur und wurde blass und erinnerte sich nur zu gut.
    „Sie haben noch keinen Zugang zu Ihrem inneren Kind, Frau Becker, fällt Ihnen das auf? Ihre Frau spiegelt Ihnen lediglich das natürliche Empfinden eines Menschen, der davon erfährt, was man Ihnen angetan hat. Sie hingegen scheinen die Schuld immer noch bei sich selbst zu suchen.“
    Jackie sagte nichts darauf. Die Frau hatte ja Recht mit dem was sie sagte. Irgendwo hatte sie total Recht, und im Prinzip wusste Jackie es auch, irgendwo in ihrem Kopf. Nur war diese Erkenntnis noch nicht ganz durch sie hindurch gedrungen.
    „Ich würde bei Ihnen gerne nächste Woche mit den EMDR-Sitzungen anfangen, bei denen wir ganz gezielt Ihre Erinnerung, Ihr Trauma von früher abrufen werden. Wir hatten uns ja darüber unterhalten. Haben Sie das Info-Blatt schon gelesen?“
    „Ja.“
    „Würden Sie diesen Schritt mitgehen?“
    „Ja.“
    „Ihre Frau sollte darüber Bescheid wissen, sagen Sie ihr endlich, dass Sie in psychologischer Behandlung sind. Ich würde es begrüßen, wenn Ihre Frau Sie nach der nächsten Sitzung abholen könnte. Werden Sie es ihr sagen?“
    „Ja, mach ich.“ Jackie atmete aus, fuhr sich mit einer fahrigen Handbewegung durchs Haar.
    „Nächste Woche Donnerstag? Eine Doppelstunde?“, fragte Frau Speyer.
    „Muss ich mich darauf vorbereiten?“
    „Nein. Kommen Sie ganz entspannt. Alles Weitere geschieht hier. Haben Sie die Möglichkeit Urlaub zu nehmen? Ich kann nicht voraussagen, wie Sie sich anschließend fühlen werden.“
    „Ich nehm frei. Kein Problem.“ Jackie sah auf die Uhr. Die Stunde war vorbei. Sie war erleichtert, für heute hatte sie genug. Sie merkte es an ihrem übermächtigen Wunsch, aufzustehen und den Raum zu verlassen.
    Frau Speyer nickte und lächelte sie aufbauend an. „Sie schaffen das, da bin ich mir sicher.“
    Jackie nickte ihr zu beim Abschied. Sie konnte es nur hoffen. Allein der Gedanke, sich erinnern zu müssen, löste in ihr eine Schwäche aus, die sie mit weichen Knien die Treppe hinuntergehen ließ.
    Sie würde Jasmin anrufen, ob sie das Wochenende frei haben könnte, und: Sie musste mit Alex reden.
     

Kapitel 41
    Jackie hatte mit ihrer Kollegin das Wochenende getauscht. Alex freute sich auf die freien zwei Tage mit ihr. Die Woche war so turbulent weiter gegangen, wie sie begonnen hatte. Das Wetter sollte so schön bleiben und sie begannen Pläne zu schmieden.
    „Sollen wir am Wochenende eine kleine Tour zur Atterhöhle machen?“, fragte Alex am Freitagmorgen am Frühstückstisch. Jackie hatte Spätdienst und sie ließen sich noch Zeit für eine gemeinsame Tasse Kaffee.
    Jackie grinste. „Mit dem Moped?“
    „Ich dachte eher an mein Auto.“
    „Und ich an mein Moped.“
    „Du hast doch gar keinen zweiten Helm.“
    „Hab ich wohl.“
    Alex merkte, dass sie hier nicht weiter kam. Also gut, dann eben in Gottes Namen eine Motorradtour. „Ich sitz nicht gerne hinten. Ich fahr gern selbst“, startete sie einen letzten Versuch.
    „Dann gewöhn dich schon mal daran.“
    Alex schaute sie verblüfft an. Diese Frau wurde von Tag zu Tag

Weitere Kostenlose Bücher