Die Naechte der Venus
sie wahrgenommen hatte.
Venus, lass ihn mich ansehen. Ich verspreche dir ein Opfer, wenn er mich bemerkt, betete sie stumm.
Die Göttin erfüllte ihren Wunsch. Bei den Wasserfässern angekommen, schaute Widar zur Balustrade hoch. Erstaunen machte sich auf seinem Gesicht breit, gefolgt von einem Lächeln. Caelia konnte nicht anders, sie musste es erwidern.
»Grins nicht so nach oben«, fauchte Tribates, der den Blick bemerkte.
»Wieso?«
»Du sollst nicht zu der Frau hochgrinsen.«
»Warum nicht?« Widar hatte sich zu Tribates herumgedreht und stützte sich mit einer Hand am Rand des Fasses ab. Er stand locker da, aber doch so, dass er sich innerhalb eines Augenblicks in einen wilden Kämpfer verwandeln konnte.
Die anderen Gladiatoren bemerkten die Spannung zwischen den beiden und zogen sich etwas zurück.
»Weil ich es dir sage. Die da oben gehört mir. Ich hatte schon was mit ihr, als in Rom noch niemand deinen Namen kannte, Achilleus.«
Caelia hielt den Atem an. Tribates wagte es doch tatsächlich, ihre Affäre auf dem Gastmahl öffentlich zu erwähnen. Er musste größenwahnsinnig geworden sein. Es galt Haltung zu bewahren, denn natürlich hörten inzwischen nicht nur die Gladiatoren und Ausbilder zu, sondern auch die Zuschauer waren neugierig herangekommen. Sie setzte eine gleichgültige Miene auf.
Widars Blick wurde hart wie Stein. Er zog die Augen zu Schlitzen zusammen. »Das stimmt nicht.«
»Ah, so ist das also. Der unnahbare Achilleus und die Kleine da oben. Du warst bei ihr vorgestern Nacht!«
»Das geht dich nichts an. Du bist nichts als eine succula.«
»Das sagst du nicht zu mir. Ich bin Tribates. Die schönsten Frauen Roms liegen mir zu Füßen, mir – und nicht dir. Ich habe sie beim Gastmahl gefickt, und ich brauche nur einmal mit dem Finger zu schnipsen, dann kommt sie zu mir, gleich hier und jetzt.«
Der erste Gladiator war rot angelaufen, die Adern seines Halses geschwollen.
Immer noch fassungslos beobachtete Caelia mit vor den Mund gepressten Händen die beiden Männer.
»Nimm das zurück! Sofort!«
»Ha, wegen der Hure! Komm nur her!« Tribates stieß ein freches Lachen aus.
»Hör auf!«
Widars Hand schoss vor. Seine Faust traf den anderen an der Schulter. Der erste Gladiator taumelte überrascht zurück. Er fing sich aber sofort wieder, und auf sein Gesicht trat ein Ausdruck ungezügelter Wut.
In der rechten Hand hielt er immer noch die Tasse. Die zerschlug er am Wasserfass, ging mit der Scherbe auf Widar los, umklammerte ihn wild und versuchte mit der Scherbe dessen Gesicht zu erreichen. Widar duckte sich, aber er war nicht schnell genug. Die Scherbe ritzte seine Wange, glitt über seine linke Schulter und den Oberarm hinab. Ein dünner Streifen Blut quoll aus der Wunde.
Caelia kam es vor, als wäre es ihr eigenes Blut, das über Oberarm und Schulter lief. Einer ihrer Sklaven sprang an ihre Seite, um sie zu stützen. Sie lehnte sich dankbar an ihn.
Ohne sich um seine Verletzung zu kümmern, umklammerte Widar Tribates Handgelenk und bog die Hand mit der Scherbe zurück.
Das alles war so schnell gegangen, dass sich erst jetzt die Gladiatoren und Ausbilder regten. Wachen eilten herbei. Unzählige Hände griffen nach Widar und Tribates, um sie voneinander zu trennen. Rücksichtslos bahnten sich die Wachen einen Weg durch den Menschenpulk. Sie griffen nach Widar und führten ihn fort. Tribates wurde in eine andere Richtung eskortiert.
Widar sah über die Schulter zurück. Sein und Caelias Blick trafen sich. In seinen Augen sah sie Unglauben und Schmerz, nicht wegen seiner Verletzung, sondern über das, was der erste Gladiator über sie gesagt hatte. Sie versuchte in ihren Blick alle Gefühle für ihn zu legen – er sollte Vertrauen haben – alles andere gehörte der Vergangenheit an.
In diesem Augenblick erreichte sie Marcus Rufius. Er nahm ihren Arm. »Errege kein Aufsehen, trage den Kopf hoch und komm mit.«
Wie in Trance leistete Caelia den Worten Folge.
***
Die Wachen führten Widar Treppen hinunter, wenigstens zwei Stockwerke tief in die Erde, anschließend einen langen Gang entlang, von dessen Wänden das Wasser herablief und kleine Pfützen auf dem Boden aus grob behauenen Steinen bildete. Die beiden Männer neben ihm hüllten sich dichter in ihre Umhänge – er trug nur ein Tuch um seine Mitte gewickelt. Der Schweiß auf seiner Haut wurde kalt und brannte in der Wunde. Widar biss die Zähne so fest zusammen, dass die Kiefer schmerzten, denn den Wachen
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