Die Naechte der Venus
klar gezeichnet vor ihm.
»Du bist insanus.« Drusus tippte sich an die Stirn. »Davon werden deine Leute auch nicht wieder lebendig.«
»Das verstehst du nicht.«
»Bei den Göttern, nimm doch einfach diese Frau und stopfe dich mit ihrem guten Essen voll. Das ist das wahre Leben.«
Geräuschvoll leckte sich Drusus die Finger ab.
Widar sagte nichts mehr. Drusus war kein Germane, er würde das nie verstehen.
Kapitel 6
Caelia lief ungeduldig auf und ab. Immer die fünf Schritte von ihrem breiten, mit Tüchern und seidenen Kissen verschwenderisch ausgestatteten Bett, zu einem vergoldeten Tisch und wieder zurück. Auf dem Tisch stand eine kleine Büste Domitians. Die nahm sie in die Hand, betrachtete sie kurz, um sie dann mit einem leichten Knall zurückzustellen. Sie befand sich in dem Raum, den sie immer bewohnte, wenn sie sich in seinem Palast in Rom aufhielt. Nach den Maßstäben ihres Hauses war es kein Raum, sondern eine Halle, und auf Widar würde es sicher noch weit gewaltiger wirken.
Der Marmorboden wies ein farbiges Dreieckmuster auf, deckenhohe Fenster gingen auf einen kleinen Fischteich und einen mit üppigem Grün bewachsenen Innenhof hinaus. Zwischen den Fenstern befanden sich Bilder spielender Nereiden, so lebensecht, dass man meinte, jeden Augenblick ihr Lachen zu hören. Die gegenüberliegende Wand war mit einer bunten Gartenszene bemalt.
Sie hatte für die Pracht keinen Blick. Eine Eskorte Prätorianer hatte sie in ihrer Villa erwartet, als sie von Widar zurückgekommen war. Wie Statuen hatten die Männer im Atrium gestanden. Ein Präfekt war diesmal nicht dabei gewesen, aber Domitian schien es mit ihr ernst zu meinen. Vor einem Monat hätte sie sich darüber gefreut, auch noch vor zehn Tagen, aber jetzt war ihr Herz erfüllt von Widar. Gleichzeitig wusste sie, dass Domitian nur vor ihr stehen und sie mit hungrigen Augen anschauen musste, damit sie schwach wurde.
Sie hatte ein Bad nehmen, sich massieren und frisieren lassen und dabei den Gedanken an ihren Geliebten nachhängen wollen. Doch sie fand noch nicht einmal Zeit, sich umzuziehen, so schnell hatten die Prätorianer sie in eine Sänfte komplimentiert und zu Domitians Palast begleitet. Das war vor vier Tagen gewesen. Den Imperator hatte sie seither nicht gesehen.
Sie fragte die Sklaven, die sie bedienten, aber die schüttelten nur die Köpfe.
In den vier Tagen hatte sie sich die Wartezeit damit vertrieben, Martials Epigramme zu lesen. Die Hälfte schaffte sie, die übrige Zeit verbrachte sie mit Hinausschauen, und es kam ihr so vor, als hätte sie jede Blume und jeden Grashalm im Innenhof vor ihren Fenstern mehrfach gezählt. Warum holte Domitian sie in seinen Palast, wenn er sie dann nicht sehen wollte? Ihre Gefühle waren eine Mischung aus Ärger auf Domitian, Sorge um ihn und Sehnsucht nach Widar. Eine Mischung, die ein Ventil brauchte. Sie nahm ein Kissen vom Bett und schleuderte es quer durch den Raum. Das war nicht genug!
Mit weit ausholenden Schritten – diesmal nur vier – stampfte sie zum Tisch und fegte die Büste zu Boden. Mit lautem Knall schlug diese auf dem Marmor auf, überschlug sich zweimal und rollte noch ein Stück weiter. Das Geräusch ließ ihre Wut verrauchen. Sie sank auf die Knie und klaubte mit zitternden Fingern die Büste auf.
Domitian war heikel, was die Achtung seiner Person anging. Er hatte schon aus weit geringerem Anlass Menschen wegen Missachtung der Herrn und Götter verurteilen lassen. Was sie getan hatte, war ein Gipfel der Missachtung, beinahe so, als hätte man ihn angerempelt und sich nicht demütig entschuldigt. Sie drehte die Büste in den Händen. Von einer Ecke war ein Stück abgeplatzt. Es war zum Glück die hintere Ecke und wenn sie sie geschickt hinstellte, würde es nicht weiter auffallen. Außerdem konnte sie immer noch die stummen Sklaven beschuldigen.
Caelia rutschte so lange auf dem Boden herum, bis sie das abgeplatzte Stück noch gefunden hatte, stellte danach die Büste in eine Nische und rückte sie sorgfältig zurecht. Das Marmoreckchen warf sie in den Fischteich.
Wenn Domitian sie tagelang im Palast festhielt, musste sie ja ungeduldig werden. Sie würde jetzt ...
Schwungvoll drehte Caelia sich um und marschierte aus dem Zimmer. Vor der Tür wartete einer der ihr zugeteilten Sklaven, ein junger Mann mit hellbraunen weichen Haaren. Sie lief an ihm vorbei, ohne ihm auch nur einen Blick zu gönnen. Ein paar Schritte hastete er hinter ihr her, zupfte an ihrem Ärmel, aber
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