Die Naechte der Venus
sie die Villa verlassen hatten, durch den Garten gegangen waren und jetzt einem der Aussichtspunkte hoch oben auf den Klippen zustrebten, ging er hinter ihr. Er trug einen Picknickkorb, sah deshalb mehr aus wie ihr Diener und nicht wie ihr Geliebter. Ein- oder zweimal hatte sie auf ihn gewartet, aber stets hatte er es geschafft, nach ein paar Schritten wieder hinter ihr zu sein.
»Der Verwalter ist hinter der domina.«
»Hör auf.«
»Womit? Ich bin freigelassen und dein Verwalter. Das ist genau mein Platz.«
Caelia seufzte. Seine verhaltene Reaktion auf seine Freilassung hatte sie nachdenklich gemacht. Anstatt ihr freudestrahlend um den Hals zu fallen, redete er davon, nach Germanien zu gehen. Geahnt hatte sie es, dass seine Ehre es nicht zulassen würde, einfach bei ihr zu bleiben, deshalb hatte sie ihm die Stellung als Verwalter angeboten. Offenbar war das nicht genug. Aber er musste bei ihr bleiben – er musste einfach. Sie ballte die Fäuste, während sie weiter vor ihm den schmalen Pfad zur Klippe hinaufstieg. Das letzte Stück war steil, grob behauene Steinstufen führten hinauf. Sie hob den Saum ihres Kleides und balancierte vorsichtig höher.
»Soll ich dir helfen?«
»Nicht nötig.«
Kaum hatte sie das gesagt, löste sich unter ihrem Fuß ein loser Stein und polterte hinunter. Widar sprang zu ihr, hielt sie fest, sie lehnte sich an ihn, als hätte er sie aus großer Gefahr gerettet.
»Ich trage dich.« Er drückte ihr den Picknickkorb in die Hand, der überraschend schwer war. Danach hob er sie hoch, als wäre sie federleicht.
Sie schmiegte sich an ihn. Es war alles gut, solange sie zusammen waren. Er sorgte sich um sie und war für sie da, liebte sie so wie sie ihn. Er musste sich nur noch an sein neues Leben gewöhnen – und mit einem Picknick oben auf den Klippen und dem herrlichen Blick über Baiae und das Meer wollte sie den Anfang machen.
Das Plateau bot den von Caelia erwarteten herrlichen Blick über die Bucht und das umliegende Land. Sie waren allein und fernab jeder menschlichen Ansiedlung. Von ihrer Villa war nur noch das Dach zwischen den Bäumen zu sehen. Pinien warfen ihre Schatten auf weiches Gras, Insekten summten in der Luft, und Vögel zwitscherten in ihren Verstecken.
Widar setzte sie ab. »Wo willst du essen?«
»Stell den Korb erst einmal ab und schau mit mir über das Meer.«
»Sag, wo? Die Vorbereitung ist meine Aufgabe!«
Fing er wieder an? Sie stellte den Korb in den Schatten und gesellte sich an seine Seite.
»Ist es nicht wunderschön? Ich komme immer wieder gerne her.«
Seine Miene wurde verschlossen. Daran erkannte sie, dass sie etwas Falsches gesagt haben musste.
»Mit ihm.«
»Nein«, log sie.
Natürlich war sie mit anderen Männern hier gewesen, auch mit Domitian. Er konnte doch nicht annehmen, sie hätte seit dem Tode ihres Mannes enthaltsam gelebt und erst auf dem Gastmahl der Gladiatoren auf einmal ihre verführerische Seite entdeckt. Widar und seine Eifersucht!
Er schaute sie von der Seite an, als glaubte er ihr nicht.
»Widar sei doch wieder gut«, schmeichelte sie, legte ihre ganze Zartheit in die Stimme. Seine gerunzelte Stirn glättete sich.
»Wir essen, ja?«
Er breitete eine Decke im Schatten aus, während sie den Korb auspackte. Kalte Braten, süße Kuchen, eingelegtes Gemüse und frisches Brot kamen zum Vorschein.
»Du verwöhnst mich.«
Er griff nach einer gebratenen Taube. Seine Zähne blitzten, als er sie in das weiche Fleisch schlug. Offenbar wollte er sich versöhnlich zeigen. Sie nahm sich ebenfalls eine Taube, biss aber viel zierlicher ab als er.
»Du sollst alles mit mir teilen.«
Danach aßen sie schweigend weiter. Caelia genoss seine Gegenwart und dass es ihm schmeckte. Er aß nicht so gierig wie damals, als sie ihn im Ludus Magnus besucht hatte, aber eine ähnlich große Portion. Als er fertig war, strich er sich über den Bauch und ließ sich auf die Decke zurücksinken.
Sie legte sich neben ihn, stützte sich mit einem Arm auf und sah auf ihn herunter. Mit der anderen Hand schob sie sich eine Weintraube halb zwischen die Zähne. So näherte sie sich seinen leicht geöffneten Lippen. Träge beobachtete er ihr Tun, als er plötzlich nach der Frucht schnappte. Ihre Zähne schlugen aneinander, er hatte seine Hälfte der Traube erobert. Sie wiederholten das Spiel, sanfter diesmal, und ihre Lippen fanden sich zu einem Kuss. Caelia wollte sich auf ihn legen, aber er drehte sie so, dass sein Gesicht über ihrem schwebte.
»Eine
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