Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben
Max war natürlich auf dem Posten und wich Amy und mir keinen Schritt von der Seite.
Selbst wenn er den mürrischen Leibwächter spielte, leuchteten seine Augen auf, wenn er Amy ansah.
Mich beruhigte die Tatsache, dass Sarah nicht wusste, dass Pietr sich meinetwegen von ihr getrennt hatte. Als Sarah dann aber berichtete, dass er am Telefon Schluss gemacht hatte, da dachte ich praktisch genau das, was Amy aussprach.
» Was für ein feiger Arsch! « Mit ihren in die Hüften gestemmten Fäusten war sie der Inbegriff einer Furie. » Wie konnte er nur? Erst erwarten sie, dass wir ihnen unsere Zeit und unsere Gefühle opfern, und dann kommt die Absage per Telefon. « Sie schüttelte den Kopf und die kastanienbraunen Locken flogen hin und her. » Bloß weil einer gut aussieht, heißt das noch lange nicht, dass er nicht antanzen und es einem direkt ins Gesicht sagen soll. «
» Du hast doch Marvin auch telefonisch den Laufpass gegeben « , warf Sarah ein.
» Das war was anderes « , widersprach ich und verkrampfte mich innerlich.
» Außerdem glaube ich gar nicht, dass es zu Ende ist « , verriet Sarah. » Er hat bloß seine Augen nicht ganz im Griff. In Russland halten sich manche verheirateten Männer eine Geliebte oder zwei – Mätressen. Habt ihr das gewusst? «
Ich sah Max fragend an.
Er zuckte mit den Achseln. » Das gibt es doch überall. «
Sarah ignorierte ihn. » Er muss eben erst lernen, dass die Dinge hier anders laufen « , fuhr sie fort. » Wenn er erst merkt, was ihm entgeht, dann wird er … «
» Was « , fragte Amy. » Wieder angekrochen kommen? «
» Galoppieren wird er « , korrigierte Sarah. » Schnell wie der Wind. «
Ich schluckte und tätschelte ihr die Schulter. » Manchmal laufen die Dinge nicht ganz so, wie wir uns das wünschen. Vielleicht ist es auch besser so. Ich meine nur, vielleicht wartet da jemand gerade auf dich. Zum Beispiel … « Ich verschluckte mich fast bei dem Gedanken, dass Sarah und Derek wieder miteinander gehen könnten. Ganz offiziell. War er mit schuld daran gewesen, dass sie früher so gemein gewesen war? Sophie war nicht die Einzige, die schon mal etwas mit Derek gehabt hatte. » Zum Beispiel Derek? «
Sie zuckte mit den Achseln. » Derek ist als Freund ganz okay, aber zwischen uns ist jetzt einfach alles anders, weißt du? «
Amy hieb in dieselbe Kerbe: » Na, du bist doch jung, hübsch und klug … Der richtige Typ wird sich da leicht finden lassen. «
» Der richtige Typ « , meinte Sarah, » ist Pietr. «
Als hätte er seinen Namen gehört, tauchte Pietr auf, nahm meine Hand und lächelte, als wären wir beide die einzigen Menschen an der Schule.
Mist.
» Pietr. « Sarah blickte zuerst ihn an, dann mich, und dann senkte sie ihren Blick wehmütig auf unsere Hände. » Oh. «
Sie warf Amy einen Blick zu. » Wie grotesk « , zischte sie und zog die Augen zusammen. » Ihr habt euch tatsächlich bemüht, es mir ein bisschen leichter zu machen. «
Amy zuckte mit den Schultern. » Ich probiere alles mal aus. «
Max brummte voller Hoffnung. Böser Junge.
» Gibt es denn – außer mir – noch irgendwen hier, der nichts von dieser kleinen Veränderung wusste? « Sie hob die Hand zu einer auffordernden Geste.
Keiner meldete sich. Nicht einmal Sophia, obwohl ich ihr überhaupt nichts erzählt hatte.
» Na großartig « , meinte Sarah. » Alle wussten es – außer mir. Wie lange läuft denn … « Sie hielt inne, weil ihr das passende Wort wieder entglitten war. » Wie lange läuft denn dieses Komplott schon? «
» Da war kein Komplott … «
» Doch! « , zischte sie, und ich sah das alte Feuer, die alte Gefahr in ihren Augen aufsteigen. » Immer wenn mich ein Freund verlassen hat, dann war ein « – sie hielt inne und suchte nach Worten – » heimtückisches Mädchen entweder die Verschwörerin – oder Verführerin. «
Pietr konnte sich nur mit Mühe beherrschen.
» Schau, Sarah, es tut mir leid. « Ich wusste nur zu gut, wie erbärmlich das klang, wenn Pietr es sagte, aber ich hoffte, dass es sich bei mir glaubwürdiger anhörte. Aber es waren eben nur Worte. Hässlich kleine Silben, die so wenig bedeuteten.
» Oh. Nun, dann ist es in Ordnung. Solange es dir leid tut. «
Ich sah sie etwa so an, wie man eine Königskobra ansieht.
» Pietr. « Sie huschte in seine Nähe, drückte sich an ihn und schob ihre Hand zwischen unsere Hände, um sie voneinander zu lösen. Dann hob sie den Kopf, sodass er die Leidenschaft und das Versprechen aus ihren
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