Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben
halben Dutzend Apotheken an – im Ernst, brauchte ein Ort von der Größe wirklich so viele? –, bis die Rusakovas wieder komplett mit Verbandsmaterial, Salben, einer Palette an Schmerzmitteln und anderen Erste-Hilfe-Artikeln ausgestattet waren.
Amy sah Max ungläubig an, als der den Einkaufswagen füllte. Er zuckte die Achseln und lächelte. » Du weißt doch, dass Pietr eine besondere Prädisposition für Verletzungen hat. «
Amy nickte. Bestimmt musste sie an den Ausritt mit den Quads denken, bei dem wir beide dachten, Pietr würde sterben. Das war lange bevor ich erfuhr, dass Pietr im Grunde seit seinem dreizehnten Geburtstag starb und normale Dinge wie eine Gehirnerschütterung oder eine Nahtoderfahrung seine Gesundheit nicht weiter beeinträchtigten.
Mit aufgerissenen Augen erwiderte ich: » Das ist mir bekannt, aber ich wusste gar nicht, dass du das Wort Prädisposition kennst. «
» Du schaust eben nicht hinter mein hübsches Gesicht « , schnaubte er.
Amy grinste.
» Also, wenn ihr Jungs heute Abend ausgeht, was machen dann wir Mädchen? « , fragte Amy.
» Ich bleibe über Nacht « , erklärte ich.
Amy war begeistert. » Eine Pyjama-Party! «
» Was Kissenschlachten angeht, gelten bei uns strenge Regeln « , sagte Pietr.
» Da « , meinte Max gedehnt. » Die sind nur erlaubt, wenn die Jungs zuschauen dürfen. «
Amy schubste ihn, und Max stolperte theatralisch rückwärts, als hätte er einen schweren Schlag erhalten. » Wir könnten einen Film angucken … oder etwas spielen « , schlug sie vor. » Das wird lustig. «
» Ja, aber es ist mitten unter der Woche « , gab ich zu bedenken. » Ich muss unbedingt dieses blöde Herzreferat für Bio fertigkriegen, wir sollten nicht zu spät schlafen gehen. « Hoffentlich konnte ich Amy rechtzeitig ins Bett schicken, im Untergeschoss, bevor die Jungs mit ihrer Mutter zurückkehrten. Amy hatte einen tiefen Schlaf … Vielleicht klappte das ja.
Und dann ging mir plötzlich auf, dass ich keine Ahnung hatte, was genau geschehen sollte, wenn die Jungs erfolgreich waren. Warum hatte man mir nichts gesagt?
Cat meldete sich zu Wort. » Ich muss morgen wahrscheinlich früh raus – mit dem Flieger, hoffentlich. « Sie fuhr fort, bevor Amy und ich fragen konnten: Einen Flieger wohin? Also muss eine von euch beiden das mit dem Frühstück übernehmen. «
» Bitte! « , pflichtete Max bei.
Cat verdrehte die Augen.
» Wir sind jedenfalls die ganze Nacht unterwegs « , sagte Pietr.
» Stell dir das mal vor … wir alle bei Denny’s « , schwärmte Alexi. » Wie wir riesige Stapel von Pancakes verschlingen. «
» Das werde ich. « Versuchen, zumindest. Das war auf jeden Fall angenehmer als das, was ihnen tatsächlich bevorstand.
Wir ließen uns Pizza bringen und es fühlte sich ein bisschen wie eine Feier an. Aber dann kam der Moment, als die Jungs aufbrachen, und ich wurde nervös. Mir war schlecht vor Angst. Ich wusste, dass ich sie nicht begleiten konnte, dass ich eine Last für sie war. Ich war weder geübt im Anschleichen, noch taugte ich zum Kämpfen. Allein der Gedanke, dass auf mich geschossen würde, war zu viel für mich. Aber stattdessen in diesem altehrwürdigen Haus zu sitzen, während die Rusakovas bei der Befreiung ihrer Mutter ihr Leben aufs Spiel setzten …
Draußen auf der Veranda strich Pietr mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Vorsichtig fuhr er mit der Hand über mein Gesicht, bis er sanft mein Kinn fasste und mir in die Augen sah. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinen Lippen, und mein Herz schlug unter seinem intensiven Blick so rasch, dass ich die einzelnen Schläge nicht mehr wahrnehmen konnte. Pietr drückte seine Lippen auf meinen Mund, seine Hände strichen von meinem Hals abwärts zu den Armen und wanderten weiter auf meinen Rücken. Er zog mich näher heran.
Ich schob meine Arme über seine Brust, legte sie ihm um den Hals und schloss die Augen.
Ich hörte nur seinen Atem. Ich schmeckte nur seine Lippen. Ich roch nur Pietrs wilden Waldduft. Und ich spürte … ich spürte, wie sich seine Brust hob und senkte. Pietrs Arme zogen mich wie heiße Stahlbänder an sich. Pietrs Lippen huschten mein Kinn entlang und weiter bis ans Ohr. Er füllte meinen Kopf an mit seinen Worten: » Wir haben so wenig Zeit. Wir müssen jeden Augenblick auskosten. «
Meine Finger woben sich ins dunkle Haar, das sich in seinem Nacken ein wenig kräuselte, und sein Atem ging etwas rauer. In diesem Moment gab es nur uns beide. » Langsam « ,
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