Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben
inbegriffen. Gut aussehend, beliebt, Star der Football-Mannschaft – und er schenkte mir tatsächlich seine Aufmerksamkeit.
Traurig nur, dass mir das nun egal war.
» Und bei Derek hältst du dich auch zurück « , bestimmte Sophie, knapp jenseits der üblichen Flüsterlautstärke. Sie nestelte kurz an ihrem Kragen, dann war sie verschwunden, bevor er uns erreicht hatte.
Sophie ging ihm noch immer aus dem Weg, wann immer es ging. Sie waren einmal zusammen ausgegangen, dann nie wieder. Und so sehr Amy und ich auch nach Details stocherten, war kaum etwas aus ihr herauszubringen, sodass wir uns schon ernsthafte Sorgen machten. Nein, gewalttätig sei er nicht geworden, hatte sie uns daraufhin versichert.
Mehr hatte sie nicht gesagt. Und auch das nur ein einziges Mal.
» Hey « , begrüßte ich ihn und überflog das Blatt, das mir Sophie in die Hand gedrückt hatte. Das Essen sollte nur noch einen Dollar kosten. Ein ziemlicher Preisnachlass. Wer konnte sich so etwas leisten bei der derzeitigen Wirtschaftslage? Und wem lag so viel an einer staatlichen Schule, fernab der Zivilisation?
» Was hast du da? « , fragte Derek und schnappte mir den Zettel aus der Hand.
» Material für einen Artikel. «
» Hab schon davon gehört. Eigentlich eine super Sache, oder? «
» Ja, vielleicht sogar zu schön, um wahr zu sein. «
Derek grinste. » Manchmal jagst du Dingen nach, die es nicht wert sind, Miss Enthüllungsreporterin. «
» Ich will nur wissen, was hinter den Dingen steckt. Du etwa nicht?
» Nee. Jedenfalls nicht immer « , meinte er. » Die Wahrheit kann ganz schön unangenehm sein. Wozu sich also unnötig Sorgen machen? «
» Also keine bohrenden Fragen – wenn sich Fragen nicht ganz vermeiden lassen? «
» Bingo. Perlson ist doch in Ordnung. Man muss ja nicht gleich überall Gespenster sehen, oder? «
» Siehst du, und deswegen bist du Sportler und ich Journalistin « , gab ich ihm mit einem Spiegelbild seines Lächelns zurück. » Im Sport kann man das meiste für bare Münze nehmen, aber Menschen? « Ich zuckte mit den Schultern. » Da sieht man nur schwer bis zum Grund. «
» Interessanter Punkt « , gab er zurück. » Bloß dass es Menschen sind, die sich Sport ausdenken und ihn betreiben. « Er grinste schief.
Ich hätte schwören können, dass seine Zähne funkelten. » Hm. « Ich nahm den Zettel wieder an mich und steckte ihn in meinen Rucksack.
» Da ist eben doch mehr als bloß ein hübsches Gesicht « , meinte er und lächelte. Es läutete zum ersten Mal. » Ups. Jetzt muss ich aber los. « Er trabte davon.
Ich ging den Korridor hinunter und rechnete in meinem Kopf hin und her. Selbst bei einem Dollar pro Mittagessen blieb für Weihnachten wahrscheinlich nichts übrig. In Dads Fabrik entließen sie immer noch Leute. Um seine Stelle fürchteten wir eigentlich nicht, aber auf eine Weihnachtsprämie brauchten wir wohl keine Hoffnung zu verschwenden.
Sarah reckte sich und gab Pietr einen Kuss. Dann verschwand sie für ihren üblichen Frisuren-Check zwischen den Schulstunden in der Toilette.
Mit einem Blick den Korridor entlang vergewisserte ich mich, dass ich es wagen konnte, zu ihm zu gehen. Wir waren allein. Ich streckte die Hand nach ihm aus, aber er wich zurück.
Ich ließ die Hand sinken.
» Morgen Nacht gehen wir auf Erkundung « , sagte er. » Weder Wanda noch Kent haben von sich hören lassen, wann wir Mutter treffen können. «
» Sie wollen doch nur, dass ihr auf Erkundung geht. «
Er zuckte die Achseln.
» Jetzt komm mir nicht so blöd wie Max mit seinem ›Sollen-sie’s-doch-versuchen‹-Macho-Gehabe. Die haben Waffen. Sei nicht so leichtsinnig, Pietr. «
» Wir haben kaum Möglichkeiten. Wenig Zeit … « – er blickte um sich – » … aber dafür Reißzähne und Klauen. « Er lächelte genüsslich.
Fast gaben meine Knie unter mir nach. » Also, morgen Nacht. «
Er nickte kurz und schob die schwarzen Haarsträhnen zurück, die ihm in die Augen hingen. » Cat möchte dich dabeihaben. Ich … « Er blickte zu Boden und schien den Abstand zwischen uns abzuschätzen. » Ich halte deine Anwesenheit nicht für nötig. «
» Ich bin nicht … nötig? «
Er rieb sich die Nase und sah weg.
» Aber du bist dabei. «
» Da « , bestätigte er und blickte mich verwirrt an.
» Dann rechne mit mir « , sagte ich bestimmt.
Er biss die Zähne zusammen.
» Rechne. Mit. Mir. «
Ein Wort nur zur Antwort, widerwillig: » Da. «
Sarah trat aus der Toilette und kam schnurstracks auf
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