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Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben

Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben

Titel: Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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zufrieden gewesen, einer Andeutung der Leidenschaft mir gegenüber.
    Ich setzte meinen Rucksack ab. » Fühlst du denn gar nichts für mich, Pietr? « Ich stürzte vor, hängte mich an seine Schulter und wollte seinen Mund mit meinem bedecken, damit meine Lippen vollbrachten, was die Worte nicht schafften.
    Er schob mich weg. Mit erstickter Stimme erwiderte er: » Iswinite. Tut mir leid, Jess. Pass auf dich auf. « Mit glühend roten Augen stürmte er davon.
    Ich wagte nicht, ihm nachzusehen – ich hätte es nicht ertragen, dass er nicht zurücksah.
    Ich kam zu spät zur Biologiestunde und mein heftig pochendes Herz kam lange nicht zur Ruhe. Dann ging es etwas besser, bis ich die Seziertabletts und die Nadeln bemerkte.
    Amy war auch in unserer Gruppe und zerlegte den abgetrennten Schweinekopf. Meine Welt geriet bei dem Anblick ins Wanken, und ich fand mich wieder in jener Nacht im alten Park, als Nickolai der Kopf vom Körper gerissen wurde.
    Ich schob mein Haar zurück und hatte es kaum im Nacken zusammengebunden, als sich mir schon der Hals zusammenzog und ich gerade noch die Hände auf die kühle Klobrille stützen konnte. Dann musste ich kotzen.
    Schon wieder.
    Ich fingerte am Toilettenpapierspender herum, wischte mir mit einem rauen Knäuel den Mund ab, schloss die Augen und spülte.
    Quietschend schwang die Tür zur Mädchentoilette auf, und ich versuchte, meinen rebellierenden Magen wieder unter Kontrolle zu bringen. Nicht gut. Es riss mich wieder nach vorn und wieder entleerte sich mein Gedärm ins Wasser.
    » Jessie? « Ich erkannte Amys Stimme und erstarrte, obwohl in meinem Innern weiterhin Aufruhr herrschte. Ich spülte und wühlte in der Handtasche nach Minzbonbons.
    » Jessie! « Sie pochte an die Kabinentür. » Wo ist das Problem? «
    Typisch Amy: direkt zum Kern der Sache – nichts mit Wie geht’s dir ? , wenn Geräusche und Gerüche schon verrieten, dass es mir alles andere als gut ging. Ich hoffte auf die Wirkung der Minzbonbons, trat heraus, meine Tasche im Schlepp.
    » Oooh. « Sie rümpfte die Nase und musterte mich. » Du riechst fast so schlimm, wie du aussiehst. «
    Ich griff in meine Tasche und fand meinen Troststein, aber auch er kam gegen meinen von Krämpfen geschüttelten Magen nicht an. » Geht schon. «
    » Du lügst. «
    Ich zuckte mit den Schultern und ging zum Waschbecken.
    » Bist du schwanger? «
    Mein Kopf schnappte nach oben und ich entdeckte mein Spiegelbild. Nicht gut. » Höchstens, falls ich für die unbefleckte Empfängnis auserwählt wurde. «
    Sie brauchte einen kurzen Moment, aber dann begriff sie es. » So. « Sie nahm ein Papiertuch, machte es nass und rieb das Ende meines Behelfs-Pferdeschwanzes damit ab. » Und warum kotzt du dir dann in Bio die Seele aus dem Leib? «
    » Ich habe nur … « Wie konnte ich es ihr erklären, ohne gleich alles zu verraten? Oder zu riskieren, dass sie mich für übergeschnappt hielt? » Irgendwas ist mit mir nicht in Ordnung. «
    » Schwachsinn. Liegt es am Sezieren? Hast du eine Schwäche für Schweine? Du kannst das auch auslassen und dieses Computerprogramm benutzen. «
    Ich versuchte, mir die Prozedur auf einem Computerbildschirm vorzustellen und ging schnurstracks in die Kabine zurück. Ich musste trocken würgen, bis mir der Kopf schmerzte. Selbst am Bildschirm erinnerte mich die Sektion – das sorgfältige Studium der Anatomie – an den Tod. An fürchterliche Albträume, die immer und immer wiederkehrten. In Zeitlupe.
    Amy hatte sich neben mich gekniet und strich mir über den Rücken. » Ich musste das auch ein paarmal bei meiner Mutter machen « , verriet sie. » Wenn sie getrunken hatte … Bei dir ist es doch nicht das, oder, Jessie? «
    Ich schüttelte den Kopf – ganz langsam – und wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Es gab viele Möglichkeiten, ihr die Situation zu erklären. Aber glaubhaft war keine davon.
    » Das hat doch mit Pietr zu tun, oder? «
    So viel konnte ich schon zugeben und nickte. Au.
    » Schweinehund. Warum müssen sie immer solche Schweinehunde sein?
    » Marvin ist doch ganz okay « , meinte ich.
    Sie ließ mich los und zog ihren Pulli zurecht. » Oh ja, eigentlich scheint er ganz in Ordnung zu sein, nicht? « Sie zog die Augenbrauen zusammen und dahinter drehten sich die Rädchen. » Pietr geht mit Sarah, so viel ist klar, aber das ist nichts Neues. Was ist es dann, das dich so von den Socken haut – da war doch was mit Pietr, von dem du mir nichts erzählt hast! « Mir wurde wieder übel.

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