Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
Vom Netzwerk:
Aussage ihrer Bekannten und Verwandten hatte sie keinen Freund, und die Autopsie deutete darauf hin, dass sie mit über dreißig noch Jungfrau gewesen war. Sämtliche Versuche, sie mit den anderen Opfern in Verbindung zu bringen, hatten sich als fruchtlos erwiesen.
    Will hatte unverhältnismäßig viel Zeit für diesen speziellen Mordfall aufgewandt, den Fähranleger und die Bushaltestelle überprüft, den Tatort besichtigt, ihr Haus und die Kirche besucht. Sexualdelikte waren seine Stärke. Das hatte er nicht von Anfang an so geplant – niemand, der einigermaßen bei Sinnen war, schrieb in seine Bewerbung für Quantico: Ich hoffe, mich eines Tages auf Sexualdelikte spezialisieren zu können. Aber seine ersten großen Fälle hatten einen starken sexuellen Aspekt, und beim FBI wurde man rasch in eine Schublade gesteckt. Er verließ sich nicht nur auf sein Gefühl, sondern brannte vor Ehrgeiz, lernte ständig dazu und las unermüdlich alle erreichbaren Berichte über Sexualstraftaten, bis er schließlich zu einem wandelnden Lexikon und Experten für Sittlichkeitsdelikte und Serienverbrechen in den USA wurde.
    Er hatte schon mit einem ähnlichen Killer zu tun gehabt und entwickelte rasch ein ungefähres Täterprofil. Es war ein Mörder, der seine Opfer lange beobachtete, die Tat plante, ein umsichtiger Einzelgänger, der darauf achtete, dass er keine DNA-Spuren hinterließ. Die Gegend um den Tatort war ihm vertraut, was wiederum hieß, dass er entweder auf Staten Island wohnte oder früher dort gewohnt hatte. Er kannte den am Wasser gelegenen Park wie seine Westentasche und konnte genau einschätzen, wo die geringste Gefahr bestand, bei der Tat überrascht zu werden. Es war durchaus möglich, dass es sich um einen Latino handelte, da er sein Opfer offenbar so weit in Sicherheit gewiegt hatte, dass es in sein Auto stieg, zumal man ihnen mitgeteilt hatte, dass Consuelas Englischkenntnisse begrenzt waren. Möglicherweise kannte sie den Killer sogar.
    »Einen Moment«, sagte Will plötzlich. »Hier ist was. Consuelas Mörder hatte so gut wie sicher ein Auto. Wir sollten nach dem gleichen dunkelblauen Wagen Ausschau halten, von dem Myles Drake überfahren wurde.« Sie notierte sich: blauer PKW. »Wie war doch gleich der Name von Consuelas Priester?«
    Sie erinnerte sich sofort an die bedrückte Miene und musste gar nicht erst in ihren Notizen nachschlagen. »Pater Rochas.«
    »Wir müssen Handzettel mit unterschiedlichen dunkelblauen Wagentypen anfertigen und sie von Pater Rochas an seine Gemeindemitglieder verteilen lassen. Mal sehen, ob irgendeiner jemanden kennt, der ein blaues Auto hat. Besorgen Sie sich außerdem eine Liste der Gemeindemitglieder, gleichen Sie sie mit der Kfz-Zulassungsstelle ab und lassen Sie sich einen Ausdruck mit den zugelassenen Fahrzeugen geben. Achten Sie besonders auf Latinos.«
    Sie nickte und machte sich Notizen.
    Er streckte die Arme über den Kopf und gähnte. »Ich muss mal kurz wohin. Danach rufen wir diesen Typen an.«
    Der forensische Pathologe in der Zentrale hatte sie an Gerald Sofer verwiesen, den landesweit führenden Experten für ausgefallene Krankheitsbilder. Dass sie seinen Rat suchten, war ein Zeichen dafür, wie frustriert sie nach Clive Robertsons rätselhaftem Tod waren.
    Als Clives Puls aussetzte, hatten Will und Nancy hektische sechs Minuten lang Wiederbelebungsversuche unternommen, bis die Sanitäter eintrafen. Am nächsten Morgen sahen sie dem Pathologen über die Schulter, als er Clives Leiche öffnete und nach der Todesursache suchte. Außer dem gebrochenen Nasenbein hatte Robertson keinerlei äußere Verletzungen. Sein Gehirn, dem kurz zuvor noch wunderbare Musik entsprungen war, wurde in dünne Scheiben geschnitten. Es wies keinerlei Anzeichen eines Schlaganfalls oder einer Blutung auf. Die Werte sämtlicher inneren Organe entsprachen für sein Alter dem Durchschnitt. Das Herz war leicht vergrößert, die Herzklappen waren normal, die Herzkranzarterien etwas verkalkt, vor allem die linke war zu 70 Prozent verstopft. »Ich habe vermutlich mehr Ablagerungen als dieser Typ«, krächzte der Pathologe. Seiner Aussage nach gab es keine Anzeichen für einen Herzinfarkt, auch wenn er Will darauf hinwies, dass sich das nur durch eine mikroskopische Untersuchung eindeutig feststellen ließ. »Bislang habe ich keine Diagnose für Sie«, sagte der Pathologe, als er seine Handschuhe auszog.
    Will wartete ungeduldig auf die Ergebnisse der Blut-und Gewebeuntersuchung. Er hoffte,

Weitere Kostenlose Bücher