Die Nanokriege 4 - Die Flucht
tatsächlich Protokolle, die das verhindern, wovon du sprichst«, erklärte Mutter ruhig. »Protokolle, die vor den KI-Kriegen installiert und später aktualisiert worden sind. Bitte, versucht es nicht.«
»Ich verstehe, Mutter«, sagte Megan enttäuscht. »Danke. Und jetzt geh weg.«
»Das können wir also vergessen«, meinte Herzer.
»Es ist ja nicht so, dass ich es vorgehabt hätte«, sagte Megan immer noch enttäuscht. »Aber ich kann es einfach nicht vertragen, so ausgeliefert zu sein. Ausgeliefert einem …«
»Einem gleichgültigen Gott?«, fragte Herzer im Scherz. »Das waren wir immer. Du solltest mal Edmund darüber schimpfen hören. Er hat uns beiden hundert Jahre Ärger darüber voraus, und der Ärger ist meistens berechtigt. Aber wir brauchen ja nur genügend Schlüsselträger zusammenzuholen und dafür zu sorgen, dass sie sich darauf einigen, die Protokolle neu einzustellen. Wenn du meine Meinung hören willst, würde ich sagen, wir sollten einfach bei null wieder anfangen. Im Laufe der Jahre sind da so viele Protokolle dazugekommen, von denen sich wahrscheinlich eine ganze Menge widersprechen, dass das für Sie die wahre Hölle sein muss. Irgendwann platzt da einmal etwas.«
»Du meinst, man müsste Sie booten?«, fragte Megan und runzelte die Stirn. »Mag sein. Aber dazu würden wir alle dreizehn Schlüssel brauchen. Im Augenblick hätten wir, wenn wir es schaffen würden, den gesamten Rat der Freiheitskoalition zur Zustimmung zu bewegen, nur sechs. Der Finn hat einen Schlüssel, und ich bezweifle, dass er mitmachen würde. Und dann ist da immer noch das Problem, dass der Neue Aufbruch die anderen sechs kontrolliert.«
»Eine Kleinigkeit«, grinste Herzer. »Aber ernsthaft, Reyes ist zuerst aus Südam und anschließend aus Hind vertrieben worden. Und Ishtar und Aikawa haben Jassinte verjagt, und mit ihm Lupe. Wenn wir es schaffen würden, einen einzigen
ropasischen Reaktor zu kapern, hätten wir in puncto Energie deutlich die Oberhand. Und das, selbst wenn es uns nicht gelingt, den Treibstoff an uns zu bringen. Auch falls uns das nicht gelingt und wir nur den Ruhr-Reaktor erobern, wären wir schon im Vorteil. Und anschließend ist es nur noch eine Frage der Zeit, die letzten Widerstandsnester auszuheben.«
»Bis dahin haben wir noch einen weiten Weg vor uns, Herzer«, wandte Megan bedrückt ein. »Und in der Zwischenzeit …«
»Inzwischen ist es spät geworden«, sagte Herzer. »Was meinst du, schlafen wir mal zur Abwechslung im selben Bett?«
»Soll mir recht sein«, erwiderte Megan lächelnd. »Aber … es tut mir leid, ich habe so viel um die Ohren. Ich bin immer noch …«
Armer Herzer.
Die Party war ein rauschender Erfolg.
Die Ruhetage hatten bei den Teams Wunder gewirkt. Zwei Tage Entspannung nach den Strapazen der Ausbildung hatten sie geradezu neu belebt. Und dass sie mehr Schlaf bekommen hatten, war auch nicht gerade ein Schaden gewesen.
Also kam die Party schnell in Schwung. Einige Mitglieder des Support-Teams konnten Instrumente spielen, und Herzer hatte sie zu Anfang der Ausbildung in einer kleinen Band zusammengefasst. Sie spielten Tanzmusik, und praktisch jeder, selbst Herzer, beteiligte sich am Tanz. Wein und Bier wurden gratis ausgeschenkt, und es gab sogar eine kleine Bar, wo man gegen Bargeld »harte Sachen« kaufen konnte. Da niemand Gelegenheit gehabt hatte, Geld auszugeben, stürzten sich die Blood Lords und eine ganze Anzahl Spezialisten auf die Bar und sorgten dafür, dass sie am Ende des Abends fast trocken war.
Um Mitternacht schliefen einige ein, andere sammelten sich in kleinen Grüppchen. Herzer sah, wie Linda mit einem
mehr oder weniger nüchternen Geo davontaumelte und fragte sich, ob der alte Physiker wohl die Nacht überleben würde. Aber er war bereits so benommen, dass es ihn eigentlich kalt ließ. Megan war mit der Bemerkung verschwunden, sie brauche ihren Schlaf, und so saß er um Mitternacht mit den Teamführern im Aufenthaltsraum des Hauptquartiers beisammen und widmete sich König Alkohol. Sie hatten sich einen Waschzuber voll Bier gesichert und sich vorgenommen, ihn bis zum letzten Tropfen zu leeren.
»Herzer, ich habe eine Frage«, meinte Cruz, während er den Verschluss seiner Flasche öffnete.
»Was denn?«, fragte Herzer und nahm einen Schluck. Das Bier stammte aus einer lokalen Brauerei, die die Siebte Legion entdeckt hatte, und war recht gut. Und auch stark.
»Ich bin doch dein Freund, oder?«, begann Cruz einschmeichelnd. »Ich
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