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Die Nanokriege - Die Sturmflut

Die Nanokriege - Die Sturmflut

Titel: Die Nanokriege - Die Sturmflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John; Heinz Zwack Lit. Age. Franz; Ringo Vohwinkel
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Navigationspaket entschieden – sie wusste immer, »wo« sie war – und wenn sie wusste, wo ein Ort war, konnte sie beinahe unbeirrt dorthin fliegen. Sie vermied die Lore, an deren Lauf viele Dörfer im Entstehen waren, und nahm geradewegs Kurs auf die Küste, dem Punkt im Norden der Flussmündung.

    Dort – ihre Kräfte waren fast zur Neige gegangen und ihre Muskeln wehrten sich gegen jede weitere Bewegung – bog sie nach Norden ab, ein riesiger, weißer Vogel vor dem allmählich heller werdenden Himmel. Sie hatte nicht so schnell fliegen können, wie sie das gehofft hatte, und deshalb spähte der Rand der Sonne bereits am Horizont herauf. Sie ging tiefer, um dem Sonnenlicht auszuweichen, aber sie wusste, dass man sie am Himmel fliegen gesehen hatte. Schließlich entdeckte sie das Haus und stieß wie ein erschöpfter Falke auf den Garten dahinter hinab. Mit schnellen, wenn auch müden Schritten ging sie zur Tür hinten am Haus und klopfte, sah sich in dem Kräutergarten dort um und, was noch viel besser war, der hohen Hecke, die das Haus umgab.
    Die alte Frau, die an die Tür kam, musste mindestens dreihundert Jahre alt sein. Sie hatte graues Haar mit ein paar verbliebenen roten Strähnen und ein verkniffenes Gesicht, das aber immer noch die Schönheit vergangener Tage ahnen ließ. Die Frau musterte die riesenhafte Vogelfrau unbeeindruckt.
    »Ja?«, fragte die Frau.
    »Jean hat einen langen Schnurrbart?«, sagte Joie in fragendem Ton. »Bedeutet das etwas?«
    »Hat jemand dich gesehen?«, herrschte die Frau sie an.
    »Vielleicht«, sagte Joie und zuckte die Achseln, wie das nur eine Frau mit sieben Meter Flügelspanne kann. »Aber wenn ich fliege, sehe ich aus wie ein großer Vogel.«
    »Komm ins Haus«, sagte die Frau und trat zur Seite.
    Joie zog die Flügel ein, schlüpfte durch die Tür und sah sich um. Die Küche war hell und luftig mit einem sauber geschrubbten Tisch, Kupfertöpfen, einem großen Ofen und Schinken und Kräutern, die von der Decke hingen. Es roch seltsam nach Zwiebeln, als ob die Frau den Boden damit geschrubbt hätte.

    Das war in etwa der Eindruck, den Joie bekam, als die Frau sie zu einer Tür und in den Keller drängte. Der Keller war zur Hälfte mit allem möglichen Kram gefüllt, Möbelstücken, die hier darauf gewartet hatten, repariert zu werden, bis sie zu Staub geworden waren, Schachteln, zerbrochenen Fässern. Aber im hinteren Teil des Kellers standen Weinregale, und an eines der Regale trat jetzt die Frau und zog es zur Seite, so dass man dahinter einen kleinen Raum sehen konnte.
    »Da hinein«, befahl die Frau.
    »Ich bin am Verhungern«, erwiderte Joie. »Und ich muss heute Abend an den Strand. Das muss heute Abend sein.«
    »Wir werden sehen«, erwiderte die Frau. »An den Strand zu gehen nützt niemandem, wenn es dort von Gewandelten wimmelt, Mädchen. Geh da hinein, dann bringe ich dir etwas zu essen. Schnell.«
    Joie zwängte sich in den Raum, der für sie viel zu klein war, und setzte sich auf einen Stuhl, der ebenfalls zu klein war. Als die Tür sich hinter ihr schloss, wurde es dunkel im Raum, aber sie tastete auf dem Tisch herum, fand Streichhölzer und eine Kerze und konnte sich jetzt in dem Raum umsehen. Viel gab es nicht zu sehen. Ein Bett, zu kurz. Ein Stuhl, zu klein. Ein Tisch, zu niedrig. Und eine sehr niedrige Decke. Offenbar gab es irgendwo eine Lüftungsöffnung, aber wo die war, konnte Joie nicht feststellen. Alsbald kam die Frau mit einer großen Schüssel mit dickem Eintopf und einem Laib ausgezeichneten Brotes zurück und schärfte Joie ein, sie müsse ruhig bleiben, ganz gleich, was sie hörte. Nachdem sie gegessen hatte, blies Joie die Kerze aus, ließ sich auf dem zu kurzen Bett nieder und hüllte sich in ihre Flügel, damit die sie wärmten.
    Etwas später erinnerte sie sich halb benommen an ein Klopfen, aber das verschwamm von einem Albtraum in den anderen, in dem etwas sie durch die Nacht jagte. Eine
silberne Schnur war um ihr Herz geschlungen, und ganz gleich wie weit oder wie schnell sie flog, die Schnur zerriss nicht. Sie wachte auf, als die Tür sich öffnete und die alte Frau ihr zuwinkte.
    »Zum Glück war das Ding nicht gewandelt«, sagte die alte Frau, jetzt wesentlich freundlicher. »Ein Schnüffler war da, aber bei all den Kräutern im Garten und den Zwiebeln und dem Pfeffer auf dem Boden konnte er deine Witterung nicht aufnehmen. Du bist gesehen worden, aber niemand war sich sicher, was du warst. Die meisten sagten, ein großer

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