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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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    Wenn nur nicht diese Nadeln dazu nötig gewesen wären.
     
    »Jede Nacht?« kreischte Quintzi eine Stunde später. »Ich soll mir jede Nacht eine N … eine N … so ein Ding in den Arm stechen, damit ihr zu essen bekommt?«
    »Jau!« klopften die Nanowichte in seinem Ohr – so putzmunter, wie er es noch nie gehört hatte.
    »Aber das ist ja widerlich!« stotterte Quintzi, dem ein furchterregendes Bild durch den Kopf ging: seine Zukunft, gespickt mit unzähligen spitzen Kanülen – ein einziges Nadelkissen.
    »Pech. Aber anders geht’s nun mal nicht. Ist nicht recht viel los mit dir. Ziemlich verunreinigt und jede Menge nichtthaumares Gefasel. Also, wenn du ein echter Prophet …«
    »Was soll das jetzt wieder? Na gut, ich hab mich durch die Prophetische Hochschule durchgeschummelt, und den Job bei der Obstkonservierung hab ich mir auch nur erschwindelt. Na und? Ich hab hervorragend geschummelt und geschwindelt, da war ich wirklich gut!«
    »Von wegen gut – Schwein gehabt!«
    »Ich habe den Preis der Auguralakademie für Augurale Akkuratesse gewonnen, und die Gute Sicht, das Magazin für den Seher wollte ein Porträt von mir bring …«
    »Klar, hätten sie bestimmt … Wenn’s da nicht ein paar Brände gegeben hätte.«
    »Ich hab doch nicht geahnt …«
    »Eben. Das ist ja das Problem. Wenn du wenigstens dein eigenes Thaumaglobin produzieren könntest, so wie das jeder ehrliche Prophet oder Zauberer kann. Aber nein … Wie’s der Zufall so will, sind wir nun einmal ausgerechnet bei dir hängengeblieben, und deswegen heißt es ab jetzt: ein Spritzchen am Abend, erquickend und labend …«
    »Moment mal!« Als Quintzi jetzt wieder das gefürchtete Wort hörte, kam ihm plötzlich etwas in den kanülophoben Sinn, das möglicherweise … »Wie war das: Propheten produzieren ihr eigenes Thaumadingsda?«
    »Sehr gut«, klopften die Nanowichte sarkastisch. »Es ist doch einfach schön, wenn man ein aufmerksames Publikum hat.«
    »Und das gilt auch für Zauberer?« bohrte Quintzi nach. Er rieb sich den zerstochenen Unterarm und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Vielleicht gab es ja doch eine Möglichkeit, das Problem mit den Spritzen anders zu regeln, er sah da durchaus eine Chance. Was nicht verwundern muß – schließlich durfte Quintzi nach etwas über fünfzig Jahren als Meister in der Kunst der Intrige und Machination gelten.
    Er hatte schon früh herausgefunden, daß es zwei Möglichkeiten gab, das, was getan werden mußte, zu erledigen: allein oder mit den Mitteln der altehrwürdigen und noblen Kunst des Zwangs und der Nötigung. Wann immer es ihm irgendwie möglich gewesen war, hatte er sich für letzteres entschieden. Und wenn es dieses Verfahren erforderlich machen sollte, ein wenig vom Pfad der Legalität abzuweichen …? Nun, das machte die Sache nur amüsanter.
    »Für Zauberer, für Hexen, eben für alle, die Magie anwenden. Sie alle brauchen Thaumaglobin. Thaumaglobin ist eine unentbehrliche Trägersubstanz, sie ermöglicht es, daß ein Schwarzkünstler durch und durch, bis in die Fingerspitzen, mit den wertvollen Thaumarteilchen versorgt wird«, bestätigten die Nanowichte.
    »Ausgezeichnet!« Quintzi grinste, sprang aus dem Bett und versuchte angestrengt, das Schwindelgefühl zu unterdrücken, das ihn befiel. »Schluß mit Spritzen! Nicht mit mir!« Und schon tappte er gutbestrumpft zur Haustür der Pension und sauste die Straße hinunter. Im dunklen Innern seines linken Ohr sahen sich die Nanowichte konsterniert an.
    Quintzi schickte sie als Spähtrupp voraus und bremste zehn Minuten später mit rauchenden Socken vor dem Fenster in der Rückwand einer kleinen Hütte. Er stand in einem Garten, in dem keine Spur von Vegetation zu sehen war, in dem es nichts gab, was einem Grashalm auch nur entfernt ähnlich gewesen wäre. Beim Anblick der zerfressenen Wäschestücke, die auf der Leine hingen, hob er verwundert eine Augenbraue. Dann zuckte er die Achseln, drückte sich an die Wand und fummelte an dem Sperriegel herum, mit dem das Fenster verschlossen war. Heimlich, still und leise hob er ihn an und stieg ein. Er tappte die knarzende Treppe hinauf, kam in ein kleines Schlafzimmer, sah sich um und hätte beinahe laut aufgelacht. Was er da vor sich sah … Also, so hätte er sich das Schlafzimmer von Strappado – immerhin Überwachtmeister des Amtes für Natürliche Ordnung in Guldenburg – ganz bestimmt nicht vorgestellt! Und sonst wohl auch niemand. Allenfalls jemand, der die Frau des

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