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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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aufgeregt.
    Quintzis Augen begannen zu leuchten. »Zaubern? So was wie Leute in der Mitte durchsägen? Oder Leute in Rauchwolken verschwinden lassen und ein paar Sekunden später wieder zurückholen – komplett anders angezogen? So was in der Art?«
    »Genau!«
    »Jemand Rasierklingen schlucken lassen und sie dann hinter seinen Ohren wieder hervorzaubern?«
    »Ja! Und wenn du so was machst, hast du dann jemals schon etwas wie das da gespürt?« hämmerten die Nanowichte, sausten durch das Trommelfell in sein Gehirn und zupften und zerrten an ganz bestimmten Nervenbahnen. Quintzis Augen leuchteten noch heller auf, als gleich darauf die Muskeln in der Zwerchfellgegend zu vibrieren begannen und ein paar Sekunden lang hemmungslos zuckten. Diese Empfindung breitete sich rasant aus, bescherte der Milz konvulsivische Aufwallungen der Verzückung, führte dazu, daß sich die Leber genüßlich kringelte, und versetzte mit pulsierendem Rambazamba das Herz geradewegs in den kardiologischen Himmel.
    »BHOOOAAAUUUHHH!« kreischte er, verdrehte die Augen, bis er seinen Scheitel von unten sehen konnte, und bebte und zitterte ekstatisch am ganzen Körper. Stand plötzlich kerzengerade da und fühlte sich fünfzig Jahre jünger: Seine arthritischen Gelenke drehten sich, rollten und glitten wie die Gelenke einer perfekt geschmierten Maschinerie; Haare sprossen auf seinem kahlen Haupt; kein Problem, mit den Fingern an die Zehen zu fassen – kurz gesagt: Es war ein absolut einmaliges Gefühl!
    »Na?« Die Nanowichte sausten durch das Trommelfell zurück. »Schon mal so was erlebt?«
    »Noch nie! Was habt ihr da gemacht? Es war sooo …« Quintzi grinste.
    »Noch nie? Was soll das heißen?« kreischten die Nanos. »Willst du damit sagen, du hast beim Zaubern noch nie einen Thaumaglobin-Kick erlebt?«
    »Ja … äh … nein … einen was erlebt?« Die Empfindung ließ nach, und im selben Maß nahm auch sein Grinsen ab.
    »Was hast du denn dann beim Zaubern erlebt?« winselten die Nanowichte, die nicht glauben wollten, was sie da hörten.
    »Ich?« lachte Quintzi. »Beim Zaubern? Hab ich noch nie gemacht. Viel zu schwer für mich. Na ja, ich kann ein paar Kartentricks – Ziehen Sie eine Karte, irgendeine, mischen Sie – so was in der Art …«
    Wenn Nanowichte weinen könnten, dann hätten sich diese drei jetzt ihre winzigen Tränenkanäle leergeheult.
    »Wie habt ihr das gleich wieder genannt? Was soll ich erlebt haben?« Quintzis Knie wurden beängstigend schnell wieder steif. »Taumeldings? … Ihr wißt schon, dieses … Wie war das? War großartig! Macht’s noch mal! Au, meine Arthritis!«
    »Thaumaglobin«, knurrten die Nanowichte. »Ein magisches Protein, das bei dir offensichtlich nicht mal als Spurenelement vorhanden ist. Du lieber Himmel! Wie war es eigentlich möglich, daß du es ohne Thaumaglobin bis zum Propheten geschafft hast?«
    »Tja also, ich sollte da vielleicht etwas beichten … Aber wenn’s schon um Weissagung und Zukunft vorhersehen geht«, faselte er drauflos und lenkte vom Thema ab, um allen weiteren peinlichen Eingeständnissen hinsichtlich seiner Person aus dem Weg zu gehen. »Wie wär’s, wenn ihr Jungs mir die Totoergebnisse vom Derby in Aask Hodh sagen würdet? Weil ich doch jetzt arbeitslos bin, woran meiner Meinung nach auch ihr ein bißchen schuld seid, weshalb ich’s auch nur fair fände, wenn …«
    »Geht nicht«, blafften die Nanowichte.
    »Was soll denn das? Gestern ist es doch auch gegangen!«
    »Das war, bevor du die Chronoperatische Anzeichenmatrix ruiniert hast. Und ohne die sind wir prophetisch genauso behindert wie du!«
    »Wie bitte?« schrie Quintzi. »Aber genau dafür brauch ich euch doch! Könnt ihr das Ding nicht irgendwie reparieren?«
    »Kaputt. Der Innenkristall.«
    »Großartig«, murrte Quintzi und sah sich um.
    Gut zweihundert Meter hinter dem Großen Spalt franste die Stadt Axolotl aus, begann der Wildwuchs der Außenbezirke. Sonnengebleichte Sandsteinfelsen erhoben sich am Horizont und starrten ihn böse an, drohend und abweisend.
    Allmählich wurde ihm das ganze Elend seiner Lage bewußt: Er war ein Ausgestoßener, ein Heimatloser, er war arbeitslos, und die Aussicht, jemals wieder eine Stellung zu finden … Jedem potentiellen Arbeitgeber war er so willkommen wie ein Loch im Kopf, und die einzige Chance, an Bares zu kommen, hatte ihm dieser blöde Vogel, der auf dem Felsbrocken da drüben hockte, ein für allemal vermasselt. Man mußte kein Hellseher sein, um zu begreifen,

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